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Digitalisierung & KI

Standpunkte Wir brauchen ein Apollo-Programm für digitale Infrastruktur

Foto: Promo

Statt Huawei am Netzausbau zu beteiligen, müssen sich Deutschland und Europa die Technologieführerschaft in der digitalen Infrastruktur zurückholen, fordert Metin Hakverdi (SPD) in seinem Gastbeitrag.

von Metin Hakverdi

veröffentlicht am 06.11.2019

aktualisiert am 28.12.2022

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LTE? WLAN? Was heute für Connectivity steht, werden wir morgen nur noch mit einem müden Lächeln würdigen. Der neue Mobilfunkstandard 5G ist nicht nur schneller, sondern auch robuster. Datenintensive Anwendungen wie Augmented Reality, Virtual Reality (VR) oder Ultra-HD-Streaming werden auch mobil möglich sein. 5G wird die Art wie wir leben, uns fortbewegen, wirtschaften, kommunizieren und arbeiten massiv beeinflussen.

5G: Wichtiger als Straßen und Stromleitungen zusammen

All das ist bekannt. Und doch muss jede Diskussion über das 5G-Netz auch im Jahr 2019 noch mit dem Hinweis auf ihre Fallhöhe beginnen. Denn: das Thema wird immer noch unterschätzt. Es hat sicherheitspolitische, wirtschaftliche, wissenschaftliche und sogar geostrategische Komponenten – jede für sich genommen wichtig genug, um sie mit höchster Priorität zu verfolgen.

Ein gezieltes Abstellen des 5G-Netzes durch einen ausländischen staatlichen Akteur könnte unsere Gesellschaft ähnlich hart treffen wie ein militärischer Erstschlag. Das 5G-Netz könnte in Zukunft wichtiger sein als heute das Internet, Strom- und Wasserleitungen, Straßen, Schienen- und Wasserwege zusammengenommen. Die Vorstellung, dass eine ausländische Macht die Fähigkeit besitzt unser 5G-Netz nach Belieben mit einem sogenannten „Kill Switch“ abstellen zu können, muss uns bestürzen.

Huawei: Staatsunternehmen in Tarnuniform

Der chinesische Konzern Huawei – Bewerber um Aufträge für die 5G-Versorgung in Deutschland und Europa – ist vom 5G-Vergabeverfahren nicht per se ausgeschlossen. Es sollen für das Unternehmen die gleichen Kriterien wie für alle anderen auch gelten – obwohl Huawei ein Staatsunternehmen in Tarnuniform ist. Es besteht die volle Durchgriffsmöglichkeit des chinesischen Parteiapparates auf die Unternehmensführung. Kurz: Huawei ist ein getarnter staatlicher Akteur und kein normales Unternehmen.

Obwohl diese Tatsache wenige bestreiten, tauchen in dem Zusammenhang regelmäßig von einem diffusen Antiamerikanismus getragene Argumente auf, die die Gefahr relativieren. So ist zu hören, auch amerikanische Mobilfunktechnik-Unternehmen wie etwa Cisco verfügten über Backdoors. Das mag vielleicht sogar stimmen, und doch ist es längst nicht das gleiche, ob wir von Ost oder West beäugt werden.

Nicht etwa Spionage ist die Gefahr, vor der wir uns in Acht nehmen müssen – es wird sie geben, solange es Geheimdienste gibt. Weitaus gefährlicher ist das Risiko Opfer von Sabotage zu werden, etwa dem gezielten Lahmlegen einzelner wichtiger Betriebsstätten oder ganzer Branchen. Wer am „Kill Switch“ sitzt, hat die Macht über die Volkswirtschaft einer Nation. Und so erratisch der aktuell amtierende US-Präsident auch auftreten mag: die USA sind als transatlantischer Partner Deutschlands und um Längen berechenbarer als China.

Wer Huawei den Zuschlag gibt, finanziert chinesische Forschung

Um hier zu einem anderen Ergebnis zu kommen, müsste Huawei technisch nachweisen, dass es das 5G-Netz nicht aus China heraus abstellen kann, dass Unternehmen also nicht über einen „Kill Switch“ verfügt. In rechtlicher Hinsicht müsste Huawei nachweisen, dass das Unternehmen nicht unter dem Einfluss der kommunistischen Partei Chinas steht und seine Eigentümerstruktur offenlegen. Ohne die Erfüllung dieser Bedingungen ist das Risiko für die nationale Sicherheit viel zu groß.

Das Risiko lässt sich auch nicht dadurch relativieren, dass Deutschland bzw. Europa von der technologischen Brillanz Huaweis profitieren könnte. Ein Tauschgeschäft „Sicherheit gegen Innovation“ ist aus vielen Gründen ein wahnsinniges Unterfangen. Am meisten muss uns als Tüftler-Nation daran stören, dass wir bei einem Zuschlag an Huawei China mit deutschem und europäischem Geld ermöglichen, die Forschung und Entwicklung zu betreiben, die hierzulande so dringend gebraucht würde. Mittel- und langfristig kann China so weiter an seiner Uneinholbarkeit arbeiten – eine wirtschaftlich in höchstem Maße kontraproduktive Strategie.

Europa muss sich die Technologieführerschaft zurückholen

Was wir also brauchen ist eine konzertierte Anstrengung, um auf europäischer Ebene in Sachen Technologieführerschaft in der digitalen Infrastruktur wieder auf Augenhöhe zu kommen. Vorbildcharakter für die deutschen und europäischen Anstrengungen könnte das Apollo-Programm haben, in dem die Amerikaner ihre Energie bündelten und die Mondlandung in hohem Tempo verwirklichten. Ein solches Programm ist gerade keine Anti-China-Politik, sondern stärkt die deutsche und europäische Infrastruktur der Digitalisierung – langfristig.

Wem das eine Nummer zu groß ist oder zu nostalgisch: Statt der Apollo 11 Mission kann man auch den Airbuskonzern als Vorbild bemühen. Hier ist durch gezielte industriepolitische Zusammenarbeit auf europäischer Ebene ein vollwertiger globaler Konkurrent in der Luft- und Raumfahrt geschaffen worden. Europa kann viel. Wir müssen nur machen.

Metin Hakverdi ist Jurist und Abgeordneter der SPD im Deutschen Bundestag. 

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