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Energie & Klima

Standpunkte Bei der Heizungsförderung wäre weniger mehr

Jan Ossenbrink, CEO und Mitgründer von Vamo
Jan Ossenbrink, CEO und Mitgründer von Vamo Foto: Vamo

Die Wärmewende in Deutschland läuft nicht wie erhofft. Wirtschaftsminister Robert Habeck rührt derzeit die Werbetrommel für die Wärmepumpe, denn jüngste Zahlen des Heizungsverbands BDH zeigen: Die Nachfrage danach ist im ersten Halbjahr drastisch eingebrochen. Jan Ossenbrink vom Wärmedienstleister Vamo sieht die Ursache ausgerechnet bei der Förderung.

von Jan Ossenbrink

veröffentlicht am 14.08.2024

aktualisiert am 22.08.2024

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Nachdem Deutschland in den letzten Jahrzehnten kaum vorangekommen ist beim Thema Energieeffizienz in Gebäuden, hat sich die aktuelle Bundesregierung vorgenommen, die Wärmewende zu beschleunigen. Im Kern mehrerer Initiativen stehen die im Herbst 2023 verabschiedete Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und die überarbeitete Richtlinie zur Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Das Ziel: der zeitnahe Ausstieg aus der fossilen und ineffizienten Gebäudeheizung. Erreicht werden soll dies zunächst durch finanzielle Anreize, später durch ein Verbot nicht-erneuerbarer Heizungssysteme.

Doch trotz großzügiger finanzieller Anreize erleben wir einen signifikanten Rückgang der Nachfrage nach Wärmepumpen. Diese Entwicklung ist alarmierend, da die Wärmepumpe die Schlüsseltechnologie zur effizienten Gebäudeheizung darstellt und einen enormen Hebel in puncto Klimaschutz und Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Energieimporten bietet.

Die Wärmepumpe ist für die Deutschen eine neue Technologie

Anders als zum Beispiel in den skandinavischen Ländern oder dem Baltikum ist die Wärmepumpe in Deutschland noch recht wenig verbreitet. Der überwiegende Teil der Bevölkerung hat selbst bislang keine Erfahrung mit der Technologie gesammelt und diese auch im Freundes- und Familienkreis oder in der Nachbarschaft eher selten wahrgenommen. Wie bei jeder Innovation überwiegt daher zunächst die Skepsis, auch weil die bestehenden Öl- und Gasheizungen zwar nicht effizient, aber immerhin robust und in der Anschaffung recht preiswert sind.

Die öffentliche Debatte um das neue Heizungsgesetz und insbesondere die gezielte Desinformationskampagne über einen staatlich erzwungenen Heizungstausch trafen dabei auf eine Bevölkerung, die empfänglich war für Vorurteile, Mythen und Klischees gegenüber der Wärmepumpe. Zu wenigen waren die objektiven Vorzüge bekannt und vielen fehlten eigene positive Erfahrungen, um populistische Floskeln zu enttarnen.

Darüber hinaus wurden und werden technologische Nebelkerzen wie „Wasserstoff ready“-Gasheizungen gestreut. Diese halten zwar einer näheren Betrachtung nicht stand, aber sie halten das Narrativ aufrecht, es gäbe eine realistische Wärmewende „frei Haus“, also eine Dekarbonisierung des Gebäudebestands ohne größere Anpassungen. Diese Irreführung lenkt die öffentliche Debatte in die falsche Richtung und fördert die Skepsis gegenüber der Wärmepumpe als effizientester, technologisch ausgereifter und am schnellsten skalierbarer Heizungstechnologie. Da sich die Physik jedoch nicht überlisten lässt, werden sich diese Vorzüge nach und nach auch in der Gesellschaft durchsetzen. Unser erster Appell lautet daher: weniger Emotion und Panik, mehr Information und Sachverstand.

Die Heizungsförderung versucht, das Rad neu zu erfinden

Nachdem kurz vor Jahresende 2023 klar wurde, dass der Wechsel von Öl und Gas zu effizienten Technologien wie der Wärmepumpe ab 2024 tatsächlich wie erwartet stärker gefördert werden würde, gab es zum Teil ein Aufatmen und sogar kurze Euphorie bei den Endkunden und Branchenvertretern. Diese ist jedoch inzwischen einer Katerstimmung gewichen. Hauptgrund dafür sind die hausgemachten Probleme bei der Administration der neuen Heizungsförderung.

Viele der Probleme sind darauf zurückzuführen, dass die Verwaltung der Heizungsförderung zu Beginn 2024 von der BAFA auf die KfW umgestellt wurde. Damit wurden über Jahre etablierte Prozesse inklusive dazugehöriger IT-Systeme über Nacht obsolet und müssen jetzt mühevoll, langwierig und mit hohen Kosten neu eingerichtet werden. Das entstehende „Förderloch” von mindestens neun Monaten führt zu einer extremen Kaufzurückhaltung und ist ohne Not entstanden.

Zudem herrscht nach wie vor große Unsicherheit über die Verlässlichkeit der neuen Förderung, da sämtliche Anträge nur vorläufig geprüft werden und unklar ist, wann die Fördermittel ausgeschöpft sind.

Anders als bei der BAFA-Förderung müssen die Kunden bei der KfW ihre Anträge zudem selbst stellen. So muss sich jeder Endkunde selbst in das Förderportal und das KfW-Programm 458 einarbeiten, statt dass dies wie zuvor durch ein Fachunternehmen oder durch Energieberater erfolgen kann.

Besonders merkwürdig ist die Berechnung der Förderung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten. So kann es sein, dass der Eigentümer eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses für die gleiche Wärmepumpe weniger Förderung bekommt als ein Einfamilienhaus-Besitzer. Das bestraft alle Vermieter, die ihr Gebäude selbst bewohnen und ihren Mietern eine hocheffiziente Heizung zur Verfügung stellen.

Anders als öffentlich oft zu hören und zu lesen, ist also nicht das GEG an sich das Problem, sondern dessen Umsetzung in die Verwaltungspraxis. Unser zweiter Appell ist daher: Weniger Bürokratie und falsch verstandene deutsche Gründlichkeit, mehr Pragmatismus und gesunder Menschenverstand.

Fossile teurer machen statt Wärmepumpen günstiger

Der Umstieg auf ein modernes Wärmepumpensystem ist oft mit Investitionskosten von 30.000 Euro und mehr verbunden. Das liegt zum einen an vielen Komponenten, die bei einer modernen Heizung notwendig sind – vieles davon war beim Einbau der letzten Heizung vor 20 bis 50 Jahren noch nicht erforderlich oder üblich. Zum anderen liegt es an den Lohnkosten für alle Mitarbeiter, die direkt oder indirekt an der Projektumsetzung beteiligt sind.

Die bestehende Heizungsförderung reduziert durch eine einmalige Subvention beim Heizungskauf die Investitionskosten in die Wärmepumpe. Wir sind jedoch davon überzeugt, dass sich diese Technologie aufgrund ihrer technischen Vorteile auch ohne Förderung am Markt durchsetzen kann, muss und wird. Denn eine gut geplante, gebaute und eingestellte Wärmepumpe schlägt selbst eine moderne Gasheizung bei der Effizienz. Teilweise erleben wir die Förderung im Alltag sogar als Malus gegenüber der Technologie an sich oder Wärmepumpen-Anbietern wie uns, denen Opportunismus unterstellt wird.

Ein alternativer und politisch weniger aufgeladener Weg wäre eine beschleunigte Erhöhung der CO2 Bepreisung der relevanten fossilen Brennstoffe und ein Ende der Verzerrung des Endkunden-Strompreises durch Steuern und Abgaben. Dies würde die Einsparungen während der Betriebsphase der Heizung deutlich machen und sicherstellen, dass die neuen Heizungen optimal ausgelegt und eingestellt sind, effizient und störungsfrei laufen und lange in Betrieb bleiben. Statt einen Bonus für Wärmepumpen brauchen wir einen Malus für fossile Emissionen. Unser dritter Appell lautet daher: weniger Subventionen, mehr faire Preissignale.

Eher Fachkräftefokusmangel als Fachkräftemangel

Trotz der vorgenannten Kritikpunkte: Die Beschleunigung der Wärmewende ist ein richtiges und wichtiges Ziel. Grund zur Hoffnung gibt die Tatsache, dass die deutsche Heizungsbranche im Jahr 2023 mehr als eine Millionen neue Heizungsanlagen installiert hat. Zwar entfielen über 80 Prozent davon auf Öl- und Gasheizungen, aber das ist aus unserer Sicht ein einmaliger Effekt, der sich vor allem mit der oben beschriebenen Verunsicherung der Bevölkerung und Vorzieheffekten durch die auslaufende BAFA Förderung erklären lässt.

Für uns zeigt sich, dass wir mehr einen Fachkräftefokusmangel als einen wirklichen Fachkräftemangel haben und wir setzen alles daran, die Branche von innen zu transformieren. Dass eine solche Transformation auch außerhalb der oft genannten skandinavischen Länder in kurzer Zeit gelingen kann, zeigen unsere Nachbarländer Schweiz, Frankreich, Österreich, Tschechien und die Niederlande. Sie alle konnten den Marktanteil von Wärmepumpen binnen zehn Jahren aus der absoluten Nische heraus auf mindestens 30 bis 80 Prozent steigern. In diesem Sinne – packen wir’s an.

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