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Energie & Klima

Standpunkte Deutschland 2050 – Vision für einen technologiegetriebenen Klimaschutz

Georg Nüßlein, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Georg Nüßlein, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Foto: CSU

Autos mit Wasserstoffantrieb, Lkw nutzen synthetische Kraftstoffe, Deutschland setzt auf CCS – so beschreibt Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) seine Vorstellung von einem vorbildlichen klimaneutralen Land bis 2050. Beim Weg dorthin spielen auch Youtuber eine Rolle.

von Georg Nüßlein

veröffentlicht am 16.07.2019

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Wir schreiben das Jahr 2050. Deutschland wirtschaftet weitgehend klimaneutral und viele Länder sind dem Beispiel gefolgt, weil der Wohlstand in Deutschland bei überschaubarem Ressourcenverbrauch gewachsen ist. In der Stadt und auf dem Land können sich die Menschen uneingeschränkt fortbewegen – entweder mit dem eigenen Fahrzeug oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Deutschland ist der starke, auch sozial stabile Anker einer nachhaltigen europäischen Volkswirtschaft.

Die Liebe der Deutschen zum Auto ist ungebrochen. Auf den Straßen findet man per App abrufbare Pkw, die den Namen „Automobil“ – „sich selbst bewegendes“ Fahrzeug – mehr als je zuvor verdienen. Aber es gibt weiterhin Autos, die – ob aus Nostalgie oder aus Freude am Fahren – vom Eigentümer privat genutzt und selbst gesteuert werden.

Deutschland hat auf Technologieoffenheit gesetzt

Viele der Fahrzeuge werden in Leichtbauweise gefertigt, nicht alle sind an die Straße gebunden. Die Digitalisierung hat in den zurückliegenden Jahrzehnten enorm dazu beigetragen, den Verkehr gezielt zu lenken und den Ressourcenverbrauch der Fahrzeuge zu senken. Angetrieben werden die Autos vielfach mit Wasserstoff, manche haben austauschbare Akkus.

Lkw nutzen synthetische Kraftstoffe. Die Vielfalt ist dadurch zu erklären, dass Deutschland nicht einseitig auf eine Technologie gesetzt, sondern rechtzeitig die Entwicklung verschiedener Antriebsarten und Kraftstoffe gefördert hat. Auch Verbrennungsmotoren gibt es noch. Ihre Emissionen gehen im Jahr 2050 aber gegen Null, dank innovativer, emissionsarmer Kraftstoffe und ausgefeilter Effizienztechnik.

Der Strom kommt in der Regel aus erneuerbaren Quellen, der Wasserstoff wird aus Windstrom auf hoher See oder mit Strom aus Solaranlagen in den Wüsten Nordafrikas produziert, aber – an wind- und sonnenreichen Tagen – auch aus Überschussstrom aus Deutschland. Die Möglichkeit, elektrischen Strom in Gas umzuwandeln, zu speichern und in die bereits bestehende Infrastruktur zu leiten, hat viele Konflikte bei der Umsetzung der Energiewende entschärft – gerade beim Leitungsbau. Auf viele neue Stromtrassen konnte man dadurch verzichten. Erneuerbare Energien kommen so beim Heizen oder Tanken kosteneffizient zum Einsatz.

Energiesparende Innovationen haben sich auch im Gebäudebereich durchgesetzt: „Smart Homes“, die Strom und Wärme intelligent nutzen, sind Standard. Der Gebäudebestand ist in weiten Teilen energetisch saniert, weil die Dämmung auf Initiative von CDU und CSU seit gut drei Jahrzehnten verlässlich steuerlich gefördert wird. Dafür verwendet werden vorrangig natürliche Materialien. Inzwischen gibt es auch Lacke, die anstelle von Solarzellen Sonnenenergie produzieren. Solaranlagen sind integrative Bestandteile der Architektur.

Apropos Architektur: 3D-Drucker haben den Bau revolutioniert. Zum Einsatz kommt beispielsweise der innovative und ultraleichte Baustoff Carbon-Beton. Auf diese Weise werden beim Bau der „eigenen vier Wände“ Ressourcen geschont. Außerdem machen solche Technologien für viele Menschen das Eigenheim erst erschwinglich. Geheizt wird übrigens vornehmlich mit Erdwärme und Solarthermie, aber der offene Kamin ist noch immer nicht verboten.

Deutschland investiert massiv in CCS-Technologien 

Auch die Wirtschaft boomt. Der deutsche Maschinenbau ist gefragt wie nie zuvor, weil die Hersteller frühzeitig auf Energieeffizienzprodukte umgestiegen sind. Die unionsgeführte Regierung hat rechtzeitig verlässliche Industriestrompreise – auch für mittelständische Unternehmen – eingeführt, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft erhalten. Kluge steuerliche Anreize haben zu technischen Innovationen geführt. In der chemischen Industrie hat sich der CO2-Kreislauf geschlossen. Das bedeutet, dass nicht mehr Kohlendioxid emittiert als an anderer Stelle gebunden wird.

Wegen dieser Kompensationsmöglichkeit können einzelne Industriezweige, die bei der Produktion schwer oder gar nicht auf CO2 verzichten können, weiter damit arbeiten – bei Einhaltung der Treibhausgasneutralität. Kohlenstoffkreisläufe werden zum Beispiel geschlossen, indem CO2 aus der Luft abgeschieden und zur Herstellung flüssiger Kraft- und Brennstoffe verwendet wird. Voraussetzung für die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Technologie war die Erkenntnis, dass nicht das Vorhandensein von CO2 an sich das Problem ist, sondern dessen Konzentration in der Atmosphäre. Deshalb hat Deutschland ab 2020 massiv in Technologien zur Abscheidung von CO2 und dessen Wiederverwendung investiert.

Plastik wird aus biologischen Grundstoffen gewonnen und mit Hilfe von Bakterien und Enzymen CO2-frei produziert. Moor- und Waldgebiete wurden als wichtige CO2-Senken erkannt und genutzt. Das kam auch dem Insekten-, Arten- und Naturschutz zugute – ein erwünschter Nebeneffekt.

Dabei hätte es auch ganz anders kommen können: So hätte ein grüner Kanzler mit Hilfe von Sozialdemokraten und Linken die Macht übernehmen können. Doch als dieses Szenario Wirklichkeit zu werden drohte, passierte Erstaunliches: Ein Zusammenschluss von YouTubern, die einen Verzicht auf Urlaubsflüge und das eigene Auto gar nicht cool fanden, löste eine breite Debatte darüber aus, ob Klima und Ressourcen nicht besser über Technologie, Innovation und Anreize geschützt werden könnten – statt über Verzicht und Verbote.

Die Aussicht auf eine Klimaplanwirtschaft führte zu einem massiven Meinungsumschwung. Gerade Menschen, die eben nicht in die Stadt ziehen wollten, graute vor der Aussicht, auf Mobilität verzichten zu müssen.

Mantrahaftes Weniger-ist-Mehr 

Gleichzeitig wuchs in der Gesellschaft das Bewusstsein, dass Klimaschutz im nationalen Alleingang nicht gelingen kann, sondern international angepackt werden muss: Deutschland hat sein finanzielles Engagement für den globalen Regenwaldschutz und den internationalen Moorschutz seither weiter massiv aufgestockt. So leistet es einen großen Beitrag zum Klimaschutz auch außerhalb seiner Landesgrenzen.

Zurück zur Gegenwart: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen“, meinte Kanzler Helmut Schmidt einmal. Heute fehlt es an Visionen so sehr, dass viele Deutsche der rückwärtsgewandten Vorstellung der Grünen nachhängen, die Umkehr predigen und die Apokalypse ankündigen. Der Zwang zum Kompromiss hat erste Teile der Union ganz nahe dahin gebracht, sich der verlangten sozial-ökologischen Transformation zu ergeben. Dabei liegt es an CDU und CSU, der nächsten Generation eine Welt zu überlassen, auf der ökologisch nachhaltig, aber auch erfolgreich gewirtschaftet wird.

Das mantrahafte „Weniger-ist-mehr“ der Erbengesellschaft Deutschlands hat in den Augen vieler, die sich ihren Wohlstand erarbeiten müssen, nichts mit ihrer Wirklichkeit zu tun. Viele werden das aber erst realisieren, wenn CO2-Preise Deutschland sozial spalten. Es sei denn, die YouTuber kommen rechtzeitig drauf. 

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