Wieder einmal ging eine UN-Klimakonferenz zu Ende. Aber es ist ziemlich sicher, dass Deutschland und die meisten anderen Staaten es nicht schaffen werden, den Klimawandel so stark zu bremsen, dass er für uns nicht schmerzhaft spürbar sein wird. Unweigerlich werden wir uns daher intensiver als bisher mit der unangenehmen Frage beschäftigen, wie wir mit den in Kauf genommenen, absehbaren Folgen vernünftig umgehen.
Von Schäden durch Starkregen kann jeder in Deutschland getroffen werden – das zeigen aktuelle Auswertungen des Deutschen Wetterdienstes unmissverständlich. Von Dürren sind auf den ersten Blick nur die Land- und Forstwirtschaft betroffen, aber die damit häufig verbundenen Hitzewellen treffen alle. Die Hitzewelle des letzten Jahres soll nach Angaben der Organisation Germanwatch 1200 Todesopfer verursacht haben. Damit zählte Deutschland im vergangenen Jahr global zu den drei von Extremwettern am stärksten betroffenen Industrienationen.
Versicherungen sind bezahlbar
Die gute Nachricht ist: Anders als in den meisten Ländern weltweit sind die Folgen des Klimawandels in Deutschland grundsätzlich versicherbar. So sind Feuerschäden durch Waldbrand und Dürre bereits durch die Wohngebäudeversicherung abgedeckt. Es gibt Dürreversicherungen für die Landwirtschaft und Elementarschadenversicherungen für Hausrat und Gebäude in Deutschland. Mit Letzterer lassen sich Hab und Gut (Eigenheim und Hausrat) in den allermeisten Gegenden Deutschlands bezahlbar gegen die Folgen von Starkregen, Hochwasser, Erdrutsch und andere Naturgefahren schützen.
Die schlechte Nachricht ist: Nur weniger als die Hälfte der Gebäude ist aktuell versichert, der Anteil bei der Hausrat-Elementarschaden-Versicherung beträgt nur etwa ein Viertel und gar nur fünf Prozent der Landwirte haben eine Dürreversicherung.
Dabei ist mehr Selbstschutz angesagt: Anders als bei der Elbe-Flut von 2002 will der Staat Betroffenen von Naturkatastrophen finanziell nicht unter die Arme greifen, oder nur noch in Ausnahmefällen. Das haben die Ministerpräsidenten der Länder so verkündet. Zwar ist der Staat auch weiterhin für Katastrophenschutz zuständig – für das Eigenheim empfehlen Experten von Verbraucher- und Versicherungsseite hingegen seit Jahren den Abschluss einer Elementarschaden-Versicherung. Neben einer Versicherung für den Katastrophenfall ist bauliche Prävention ein weiteres wirksames Mittel des Selbstschutzes vor den Folgen des Klimawandels.
Die logische Konsequenz: Wenn Vermeidung und Anpassung gleichermaßen weiter vorangetrieben werden sollen, muss Klimapolitik noch breiter verstanden werden, als es das Klimakabinett vorgemacht hat. Die Zuständigkeiten der Ressorts reichen damit weit über die Umweltpolitik hinaus, bis hin zur Justiz- und Verbraucherpolitik, da Versicherungen in diesen Politikbereich fallen: Möchte die Politik die Situation der Menschen in Deutschland auf dem Gebiet der Elementarschaden-Versicherung verbessern, fällt dieses in den Bereich des Versicherungsvertragsgesetzes.
In jedem Fall ist es notwendig, dass die „Risikokommunikation“ verbessert wird; auch im Bereich von Land- und Forstwirtschaft. Möchte die Politik erreichen, dass sinnvolle bauliche Präventionsmaßnahmen zur Pflicht werden und überdenken, wo sinnvollerweise gebaut werden darf, und wo nicht, wären darüber hinaus Anpassungen im Bauplanungs- bzw. Bauordnungsrecht geboten. Es gibt zahllose weitere Beispiele für sinnvolle und pragmatische Anpassungen an den Klimawandel.
Sachverständige haben Vorschläge gemacht
Mit Blick auf eine erfolgreiche Anpassung an den Klimawandel ist Deutschland also in der komfortablen Situation, dass an Bestehendes angeknüpft werden kann. Aber wir brauchen mehr Risikobewusstsein bei allen Beteiligten und Weiterentwicklungen unseres Rechtsapparats. Wo es geboten ist, sich selbst vor den Folgen des Klimawandels zu schützen, muss jeder mehr denn je selbst die Initiative ergreifen. Eine Versicherungspflicht für Hauseigentümer sollte ernsthaft erwogen werden – dazu haben die Autoren dieses Beitrags für den Sachverständigenrat für Verbraucherfragen jetzt konkrete Vorschläge vorgelegt.
Eine verpflichtende „Katastrophen“-Versicherung für Wohngebäude wäre für jeden bezahlbar, auch in Überschwemmungsgebieten, da nur größere Schäden versichert werden. Oberstes Gebot sollte sein, dass in Zeiten raueren Klimas kein Gebäude in Deutschland vor Extremwetterereignissen ungeschützt ist. Eine solche Versicherungspflicht ist mit dem Verfassungsrecht vereinbar und die Katastrophen-Deckung kann unschwer auf freiwilliger Basis bis hin zu einem „Vollkasko-Schutz“ ausgebaut werden. Für über 90 Prozent der Wohngebäude wäre das im Falle eines Einfamilienhauses mit monatlichen Prämien zwischen 5 und 10 Euro möglich.
Und auf Basis einer systematischen Erfassung des Starkregenrisikos sollten Informationen über Naturgefahren etwa vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) leicht verständlich zur Verfügung gestellt werden. Die Aufklärung der Bevölkerung über Naturgefahren spielt eine zentrale Rolle, um bei Hauseigentümern eine möglichst breite Akzeptanz des hier vorgeschlagenen Maßnahmenpakets für eine zukunftsgerechte Naturgefahren-Absicherung zu erreichen. Ein besseres Risikoverständnis bei Haus- und Wohnungseigentümern ist notwendig, wenn diese das jeweils für sie richtige Maßnahmenpaket für Naturgefahren-Vorsorge realisieren wollen.
Gert G. Wagner ist Senior Research Fellow am DIW Berlin, Mitglied des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen (SVRV) und Vorsitzender des Sozialbeirats der Bundesregierung. Christian Groß ist Volkswirt und Mitarbeiter im wissenschaftlichen Stab des SVRV. Reimund Schwarze leitet die Abteilung Klimaökonomik am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig und ist Professor für Volkswirtschaftslehre.