Seit Januar 2024 ist das „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“, kurz: Wärmeplanungsgesetz, in Kraft. Neben der Wärmeplanungspflicht schreibt das Gesetz auch vor, dass bis zum Jahr 2030 im bundesweiten Mittel die Hälfte der leitungsgebundenen Wärme klimaneutral erzeugt werden muss. Bis zum Ende dieser Dekade muss jedes Wärmenetz zu einem Anteil von 30 Prozent und bis 2040 mit einem Anteil von 80 Prozent mit Wärme aus erneuerbaren Energien oder aus unvermeidbarer Abwärme gespeist werden.
Viele große deutsche Städte sind mit ihren Planungen bereits weit fortgeschritten. Hamburg etwa möchte bereits bis Ende dieses Jahres die Arbeiten erledigt haben. Das Pendant aus Süddeutschland, München, kann in Sachen Wärmeplanung bereits Vollzug melden. Das Referat für Klima- und Umweltschutz hat den Wärmeplan bereits in den Stadtrat eingebracht. Die Münchnerinnen und Münchner können dank des Wärmeplans künftig etwa sehen, welcher Baublock perspektivisch mit welcher erneuerbaren Wärmequelle versorgt werden kann und können genauere Informationen zur möglichen Wärmeversorgung ihres Gebäudes bei der Stadt einholen.
Die technischen Möglichkeiten und die voraussichtliche Realisierbarkeit von bestimmten Wärmeversorgungslösungen können besser abgeschätzt werden – etwa wenn es um die Verfügbarkeit von Grundwasser vor Ort geht.
Industrieobjekte werden bei der Planung stiefmütterlich behandelt
Doch so erfreulich der Fortschritt in Sachen Wärmeplanung vielerorts auch ist, so lückenhaft sind die Pläne andernorts noch. Und das hat vor allem damit zu tun, dass bestimmte Bereiche bei der Wärmeplanung stiefmütterlich behandelt werden.
Das betrifft vor allem die gewerblich genutzten Immobilien. Annähernd zwei Millionen Gebäude sind in Deutschland dabei GEG-relevante Nichtwohngebäude (NWG). Die überwiegende Mehrheit dieser sind hochgradig ineffizient und sowohl die Wärmeversorgung als auch die Warmwasserbereitung wird mit Gas und Öl vollzogen.
Die Kommunen sind hier vor allem gefordert, da der Gebäudesektor mit rund einem Drittel (gemessen an den Gesamtemissionen) maßgeblicher Treiber beim klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoß ist. Die gewerblich genutzten Objekte sind häufig energetisch schwerer zu ertüchtigen als klassische Wohngebäude, dürfen aber nicht de-priorisiert werden.
Vor allem dürfen die Betreiber von diesem Gebäudetypus nicht vergessen oder gar offensiv bei der kommunalen Wärmeplanung ausgeschlossen werden. Leider ist das häufig zu beobachten. Die Sekundärseite, also die Anschlussnehmer, werden vielerorts zu wenig bis gar nicht in die Planungen eingebunden.
Doch wenn die Pläne Wirklichkeit werden, bedeuten sie in der Regel hohe Aufwendungen für die Anschlussnehmer. Diese müssen sich an neue Heizsysteme anpassen und entsprechende Investitionen planen.
Gerade im Bereich der Energie- und Wärmeversorgung erfordert das viel Kapital und zeitlichen Vorlauf. Bundesweit setzt die Politik große Stücke etwa auf die Geothermie. Doch die Vorlaufzeit für Wärmesysteme auf Geothermiebasis beträgt drei bis fünf Jahre bei entsprechend hohen Kosten. Und beim neuen grünen Hoffnungsträger Wasserstoff fragen viele Investoren zu Recht, wie stabil die zukünftige Versorgung ist. Wer investieren soll, braucht vor allem eines: Planungssicherheit.
Bedeutet: Gebäude aller Art spielen eine entscheidende Rolle beim Erreichen der Klimaziele in den Gemeinden und letztlich im gesamten Bundesgebiet. Dabei ist insbesondere ihre Energieeffizienz ausschlaggebend, um diese Ziele zu verwirklichen. Und erreichen lassen sich die Ziele nur, wenn alle Beteiligten – Kommunen und Unternehmen – an einem Strang ziehen.
Nur einen Wärmeplan aufzustellen, wird nicht zum Ziel führen. Die Kommunen dürfen ihre Kunden nicht im Stich lassen, müssen sie in die Pläne und den Dialog frühzeitig einbinden.
Mehr Handlungsspielraum für Kommunen notwendig
Tatsächlich jedoch werden die meisten Energieanalysen für den Netzausbau derzeit von der Stadt, den Kommunen, dem zuständigen kommunalen Stadtwerk beziehungsweise Netzbetreiber nach strengem Ablauf und Vorgaben durchgeführt. Bilanzgrenze ist hier die Grundstücksgrenze und somit sind zukünftig angeschlossene Kunden ausgenommen. Die hier vorab notwendigen Energieanalysen/-konzepte auf Abnehmerseite sollten zielorientiert und technologieoffen sein und deshalb insbesondere durch externe Dienstleister durchgeführt werden. Es fehlt derzeit ein zentrales Portal, wo sich Kunden informieren können und praktische Hilfe und Ansprechpartner finden. Vor allem aus der freien Wirtschaft, um ihre Gebäude energieeffizient zu ertüchtigen. Gesucht werden vor allem Anbieter, welche mehrere Gewerke aus einer Hand liefern können. Derzeitige Compliance-Regeln erschweren das gerade.
Bei der Umsetzung des Wärmeplanungsgesetzes sollten wir, um es zum Erfolg zu machen, ein wenig weniger deutsch sein. Heißt konkret: nicht abwarten, bis alle Pläne zu 100 Prozent durch sind und dann erst mit der Umsetzung beginnen.
Beim Kampf gegen den Klimawandel zählt jeder Tag und jede eingesparte Tonne Kohlendioxid. Daher sollten Gemeinden ihre Anschlussnehmer bereits heute dazu animieren, umzurüsten. Fristen psychologisch viel zu lang (bis 2026/bis 2045 und so weiter) zu setzen, suggeriert nicht existente Sicherheiten. Wer immer nur mit der Klimaneutralität „bis 2045“ argumentiert, riskiert, das vieles auf die lange Bank geschoben wird. Das zentrale Argument, das bei vielen Kunden zünden sollte: Wenn ich jetzt meine Anlage umrüste, spare ich heute schon Geld und in Zukunft noch mehr. Denn die Preise für Gas werden mit hoher Wahrscheinlichkeit im kommenden Jahr kräftig steigen.
Damit sich der Investitionsstau löst, brauchen die Kommunen mehr Mut – aber auch mehr Freiheiten. Sie sollten zum One-Stop-Shop für alle Energiefragen werden. Sie sollten die Möglichkeiten für Kooperationen auch mit Dienstleistern und Unternehmen aus der Gebäudetechnik stärker nutzen – und stärker nutzen dürfen, ohne ein Compliance Problem zu bekommen. Nur so lassen sich Tempo und Schlagzahl bei der Umsetzung der Wärmewende kräftig erhöhen.