Fast ein Drittel der deutschen Kommunen hat bereits mit der Wärmeplanung begonnen, mehr als 160 Städte haben sie abgeschlossen. Die Pläne sind zwar nur teilweise rechtsverbindlich, geben aber eine klare Richtung für die Wärmewende vor.
Schon jetzt ist klar: Die Zeit der Gasheizung ist bald vorbei. Mannheim und Stuttgart planen den Gasausstieg bis 2035 abzuschließen, Hannover und Augsburg geben sich fünf Jahre mehr Zeit.
Warum sich der Betrieb der Gasnetze nicht mehr lohnt
Städte wie Mannheim machen ihre Pläne schon jetzt publik, damit Bürger:innen Zeit haben, sich auf einen Heizungstausch vorzubereiten. Außerdem wollen sie verhindern, dass Bürger:innen erneut in eine Gasheizung investieren. Denn Heizen mit Gas ist nicht nur klimaschädlich, es wird auch unrentabel für die Netzbetreiber, weil nach und nach immer mehr Gebäude auf klimafreundliche Heizungen umstellen. Dann ist es für die Netzbetreiber günstiger, die Netze Schritt für Schritt stillzulegen.
Neue Gasheizungen hingegen treiben die Kosten in die Höhe und sorgen für doppelten Aufwand. Die Gasheizungen in Zukunft mit Wasserstoff oder Biomethan zu betreiben, ist keine Option, weil die beiden Gase nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen und viel zu teuer wären. In bestehenden Wärmeplänen spielen Wasserstoffnetze zur Versorgung von Haushalten daher fast nie eine Rolle.
Heizen mit Gas wird zur Kostenfalle
Derzeit fehlt den Kommunen und Netzbetreibern die Rechtsgrundlage, um ihre Wärmeplanung endgültig umsetzen zu können. Viele Kommunen zögern daher noch. Sie brauchen so schnell wie möglich Unterstützung von der nächsten Bundesregierung. Die EU hat mit der Binnengasrichtlinie bereits Vorgaben vorgelegt, die Deutschland bis Mitte 2026 in nationales Recht übersetzen muss. Das Wirtschaftsministerium hat Ideen für die nationale Umsetzung erarbeitet, die die neue Bundesregierung bald verabschieden sollte.
Schiebt die neue Bundesregierung das Gesetz auf, riskiert sie vermeidbare Probleme beim Abschied von den Gasnetzen. Viele Bürger:innen haben sich von der populistisch geführten Debatte um das Heizungsgesetz verunsichern lassen und warten vergeblich auf klare Ansagen von Verantwortlichen in ihrer Kommune.
2024 machten Gasheizungen immer noch den Großteil der Neuinstallationen aus. Erlaubt bleibt das weiterhin: Auch wenn die Wärmepläne fertig sind, dürfen Bürger:innen noch Gas-Hybrid-Heizungen einbauen. Doch wer jetzt noch in eine neue Gasheizung investiert, muss sich auf steigende Netzkosten einstellen, wenn mehr und mehr Haushalte zu Wärmepumpen oder in die Fernwärme wechseln. Auch die CO2-Preise werden steigen. Da wird die Heizung schnell zur Kostenfalle.
Vorbild Schweiz
Wie der Einstieg in den Gasausstieg für alle Beteiligten gelingen kann, zeigt ein Blick in die Schweiz: In den Kantons Basel und Zürich wurden neue Gasheizungen kurzerhand weitestgehend verboten. Nur in Ausnahmefällen, wenn der Einbau einer klimafreundlichen Heizung nicht ohne weiteres möglich ist, dürfen Bürger:innen noch fossile Heizsysteme installieren. Probleme mit verärgerten Bürger:innen gab es dabei nur selten.
Überhaupt scheinen die Schweizer:innen bei der Wärmewende viel richtig zu machen. Wer mit den Verantwortlichen ins Gespräch kommt, lernt schnell, dass eine frühzeitige und transparente Kommunikation der größte Erfolgsfaktor ist. Es muss jederzeit unmissverständlich sein, dass es für jedes Gebäude eine Lösung geben wird. Begründen die kommunalen Entscheidungsträger:innen ihre Stilllegungspläne überzeugend und bieten klare Handlungsempfehlungen für Bürger:innen, haben sie bereits einen großen Schritt getan.
Keine Fehlinvestitionen in neue Gasinfrastruktur
Damit der Tausch von Millionen Gasheizungen in Deutschland genau so reibungslos funktioniert wie in der Schweiz, muss die nächste Bundesregierung handeln und so schnell wie möglich das EU-Gaspaket in nationales Recht überführen. Die Bundesnetzagentur hat Netzbetreibern bereits erlaubt, ihre Netze schneller abzuschreiben. Doch dabei darf es nicht bleiben:
Erstens muss die Bundesregierung Investitionen in neue Gasinfrastruktur unbedingt vermeiden. Im Jahr 2023 haben Verteilnetzbetreiber in Deutschland noch über eine halbe Milliarde Euro in den Ausbau ihrer Netze investiert – die „stranded assets“ von morgen, also Investitionen, die an Wert verlieren und nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden können.
Zweitens sollte sie alle 700 Netzbetreiber dazu verpflichten, den Weiterbetrieb ihrer Netze auf Basis von Wirtschaftlichkeitsberechnungen zu prüfen. Die Entscheidung darüber, ob ein Teilgebiet stillgelegt werden soll oder nicht, sollten die Netzbetreiber öffentlich begründen müssen. Außerdem sollten Kommunen das Recht bekommen, die Stilllegungsplanung im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung zu fördern und zu überwachen.
Drittens brauchen Netzbetreiber dringend Klarheit über gesetzliche Ankündigungsfristen, wenn sie ein Teilgebiet stilllegen möchten.
Nicht zuletzt sollte die Bundesregierung ein Werbeverbot für Gasheizungen durch Gasnetzbetreiber prüfen, um der Irreführung von Verbraucher:innen entgegenzuwirken.
Fazit: Die nächste Bundesregierung muss auf die Entwicklungen im Wärmesektor schnell reagieren, und die Kommunen dabei unterstützen, den nächsten Schritt zu gehen. Jedes Abwarten führt für Netzbetreiber und ihre Kund:innen zu teuren Komplikationen.