Die nächste Bundesregierung steht beim Thema Dekarbonisierung im Heizungskeller sowohl aus sachlichen Zwängen als auch aus politischem Eigeninteresse vor der Herausforderung, eine emotional geführte Diskussion vom Kopf auf die Füße zu stellen und belastbare Rahmenbedingungen zu schaffen. Nüchterne Entscheidungen, eine neue Sachlichkeit und Kompromissbereitschaft auf allen Seiten helfen dabei.
Sachliche Bestandsaufnahme und geltendes EU-Recht erden die Debatte
Die Nüchternheit beginnt bei den technischen Daten und Fakten. Eine Wärmepumpe erzeugt aus einer einzigen Kilowattstunde Strom drei bis vier Kilowattstunden Wärme. Damit ist sie um eben den Faktor drei bis vier effizienter als eine Gasheizung und zugleich völlig emissionsfrei.
Zur Wahrheit und neuen Sachlichkeit gehört auch: Das deutsche Klimaneutralitätsziel 2045 und die Wärmewende können ohne den Umstieg auf Wärmepumpen weder rechtzeitig noch effizient gelingen. 75 Prozent aller Gebäude in Deutschland werden aktuell noch mit Öl oder Gas beheizt. Dabei ist jede vierte Heizung in Deutschland 25 Jahre alt oder älter. Optionen wie grüner Wasserstoff stehen absehbar nicht im erforderlichen Ausmaß zur Verfügung.
Die oft zitierte Verschiebung des nationalen Klimaneutralitätsziels auf 2050 verspricht keine Entlastung. Denn wenn Deutschland die europäischen Klimaziele bis 2030 verfehlt, muss es nach der EU-Lastenteilungsregelung CO2-Zertifikate zukaufen – je nach Prognose in Milliardenhöhe.
Auch eine komplette Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes, ist mit Blick auf geltendes EU-Recht nicht möglich und schenkt Wählerinnen und Wählern keinen reinen Wein ein. Das Gesetz entspricht in weiten Teilen Vorgaben aus der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) sowie der EU-Energieeffizienz-Richtlinie (EED) und muss in Zukunft sogar weiter überarbeitet werden, um zusätzliche europäische Vorgaben umzusetzen.
Daraus folgt mit Blick auf die finanzielle Perspektive, dass eine fortgesetzte Förderung des Wärmepumpenhochlaufs gesamtwirtschaftlich die deutlich nachhaltigere Lösung ist. Wer heute eine neue Öl- oder Gasheizung einbaut, muss zudem die immer stärker ansteigenden Kosten im Rahmen des CO2-Emissionshandels individuell einkalkulieren (aktuell BEHG, ab 2027 EU ETS II). Auf der anderen Seite steht das politische Versprechen, die Strompreise weiter absenken zu wollen. Die langfristige Vernunft spricht damit eindeutig für die Wärmepumpe als eine Investition in die Zukunft.
Nicht zuletzt ist die Branche inzwischen ein relevanter Wirtschaftsfaktor. Sie beschäftigt rund 26.000 Menschen und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von fast 2,8 Milliarden Euro. In Zeiten einer deutschen Konjunkturkrise, nach dem Fallenlassen der heimischen PV-Produktion und dem plötzlichen Förderstopp für Elektro-Autos sollte nicht die nächste, vor allem mittelständisch geprägte Zukunftsbranche, durch eine weitere politische Rolle rückwärts in die Krise gestürzt werden.
Die bisher geplante Förderung über die BEG und deren Fortführung ist für den Markthochlauf und wegen der anfänglich höheren Gerätekosten nach wie vor unverzichtbar und gerechtfertigt. Im Zusammenspiel mit dem Emissionshandel lenkt sie den Markt und die Kundennachfrage in Richtung notwendiger Dekarbonisierung und langfristig orientierter Entscheidungen. Hier wird oft vergessen, dass die Förderung über Bestandteile wie den Klimageschwindigkeitsbonus schon heute degressiv angelegt ist.
Berechtigte Kritik, Kompromisslinien und verbesserte Rahmenbedingungen
Soweit die allgemeine Ausgangslage. Wie könnten die angesprochenen Kompromisse und Verbesserungen der Rahmenbedingungen aussehen?
Die häufigste Kritik am GEG betrifft das Thema Überregulierung. Wer dessen Abschaffung fordert, meint in der Regel den § 71 mit seinen unübersichtlichen Detailvorgaben und die häufig als mangelhaft wahrgenommene Technologieoffenheit.
In jedem Heizungskeller soll im Rahmen der CO2-Reduktionsziele grundsätzlich die technologische Lösung zum Einsatz kommen und möglich sein, die je nach individueller Situation am besten geeignet ist.
Zur kurzfristigen Verbesserung der wirtschaftlichen Attraktivität tragen niedrigere Strompreise bei. Die aktuell in mehreren Wahlprogrammen vorgesehene Absenkung der Netzentgelte und der Stromsteuer auf das europarechtliche Minimum ist ein erster wichtiger Schritt. Das Ziel kann zusätzlich durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer erreicht werden. Die so erzielten Entlastungen für Haushalte können zudem Impulse für die Konjunktur insgesamt liefern.
Ähnlich gelagert bedarf es auf europäischer Ebene einer vollständigen Umsetzung des ETS II ab 2027 für die Bereiche Wärme und Verkehr ohne künstliche Einschränkungen – dafür mit sozialen Ausgleichssystemen wie dem geplanten Klimageld.
Behutsam sollte die nächste Regierung bei der Förderung von Wärmepumpen vorgehen. Der bestehende degressive Systemansatz hat sich schon in anderen Bereichen bewehrt. Das bedeutet, die Förderung kann langfristig abgesenkt werden, jedoch Schritt für Schritt und mit transparenter Planbarkeit – nicht mit der Axt.
Die Vorteile der Wärmepumpe kennen keine Parteifarbe
In Wahlkampfzeiten verstellen die intensiven Debatten um den richtigen Kurs für die Energiewende zuweilen den Blick auf das Wesentliche. Die Wärmepumpe und ein Eintreten für ihren Erfolg wird heute von einer immer breiteren Allianz aus Anbietern sämtlicher Größen vom Start-up bis zum Stadtwerk oder Branchenriesen, Herstellern, Handwerk und Verbänden getragen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass die Vorteile der Wärmepumpe keine Parteifarbe kennen. Ihre Anerkennung und Unterstützung sind schlicht eine Frage der langfristig wirtschaftlichen, unternehmerischen und ökologischen Vernunft – und damit eine gute Erinnerung und Grundlage für die anstehenden Entscheidungen der neuen Bundesregierung.