Die Klima- und Energiepolitik der USA wird sich unter dem neuen Präsidenten Donald Trump umfassend ändern – auch international sind weitreichende Auswirkungen zu erwarten. Die Europäische Union muss darauf gefasst sein.
Die Strategie der EU sollte dabei auf drei Säulen basieren: Sie muss bei globalen Klimaschutzmaßnahmen und mit ihrer Energiepolitik vorangehen, ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern und zuletzt saubere Technologien und Handel stärken. Dies deckt sich auch weitgehend mit den eigenen strategischen Interessen der EU.
EU muss Dekarbonisierung voranbringen
Als erstes werden die USA nach dem Sieg Trumps ihre Klimaschutzbemühungen massiv zurückfahren. Es wird erwartet, dass der neue Präsident die bundesstaatlichen Umwelt- und Klimaregelungen aggressiv abbaut, was nur teilweise durch eine stärkere Klimapolitik in den US-Bundesstaaten und durch das Interesse des Privatsektors an einem grünen Wandel ausgeglichen werden kann.
Unter Trump werden die USA wahrscheinlich wieder aus dem Pariser Abkommen aussteigen und damit die globale Klimadynamik in einer Zeit schwächen, in der die Verbitterung der Schwellen- und Entwicklungsländer über die unzureichende Unterstützung des Westens wächst. Ohne die USA riskiert die EU eine größere Isolation in der Klimadiplomatie.
Als Reaktion darauf muss die EU ihre eigene Dekarbonisierungsagenda vorantreiben und auf globaler Ebene mit gutem Beispiel vorangehen. Daran hat Europa aus drei Gründen ein eigenes wirtschaftliches Interesse: Erstens ist die globale Dekarbonisierung für die EU von entscheidender Bedeutung, um die immer teurer werdenden Klimaschäden in Zukunft zu begrenzen. Zweitens wird dies der EU helfen, ihre Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Sicherheit zu verbessern. Drittens stellt das eine Exportchance für Europas saubere Technologien dar. Die EU muss an ihrem Plan festhalten, auch wenn sich die Zielkonflikte verstärken – etwa, ob Geld in höhere Verteidigungsausgaben fließen soll oder in öffentliche Klimaschutzinvestitionen.
Die EU muss auch ihre diplomatischen Beziehungen mit großen Emittenten wie China und Indien beim Klima verstärken. Sei es nur, um andere davon abzuhalten, dem Beispiel der USA zu folgen. Die EU sollte zudem Allianzen mit dem Ziel schmieden, dass Länder nächstes Jahr ehrgeizige und detaillierte nationale Klimapläne (NDC) für 2025 einreichen, die in den kommenden Jahren genügend grüne Investitionen mobilisieren können.
Grüne Transformation als Lösung gegen Strompreisgefälle
Zweitens will Trump die USA nicht nur „energieunabhängig“, sondern auch „energiedominant“ machen. Er hat zugesagt, die Erdgas- und Strompreise innerhalb eines Jahres zu halbieren, vor allem durch eine höhere Erdgasproduktion. Sollte es dazu kommen, würde sich das Energiepreisgefälle zwischen der EU und den USA weiter vergrößern und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie weiter untergraben.
Die einzige strukturelle Lösung für das Problem hoher Energiepreise in der EU ist die Beschleunigung der grünen Transformation. Ein einheitlicher Ansatz für Elektrifizierung ist von grundlegender Bedeutung, um eine effiziente Entwicklung der erneuerbaren Energien und der erforderlichen Stromnetz- und Flexibilitätsinfrastruktur zu sichern.
Trumps Agenda für fossile Brennstoffe liegt allein im egoistischen Interesse der USA. Für die EU, die nicht über fossile Brennstoffe verfügt, hat sie keine Bewandtnis.
Schwächung emissionsarmer Technologien hätte Einfluss auf die EU
Mit Blick auf Investitionen in saubere Technologien und Handel hat Trump damit gedroht, den US Inflation Reduction Act (IRA) abzuwickeln oder die Maßnahmen erheblich zurückzufahren. Er bezeichnete ihn als „sozialistischen grünen neuen Betrug“. Möglicherweise wird er einige Bestimmungen beibehalten, insbesondere um Investitionen in die Produktion sauberer Technologien in republikanischen Bundesstaaten zu erhalten, die vom IRA profitieren. Dennoch deutet alles auf eine Abkehr vom derzeitigen Kurs der US-Investitionen in saubere Technologien hin.
Der Einsatz ausgereifter erneuerbarer Energien wird wahrscheinlich weiterhin von den Angebots- und Nachfragedynamiken des Marktes bestimmt werden. Aber die politische Sprunghaftigkeit könnte den Hochlauf weniger ausgereifter sauberer Technologien insbesondere in Sektoren verhindern, die auf staatliche Subventionen angewiesen sind. Auch der Ausbau der Offshore-Windenergie könnte sich verzögern, was europäischen Unternehmen, die stark in diesen Sektor investiert haben, schaden würde.
Clean Industrial Deal als Antwort
Trump hat auch eine Rückkehr zur „America-First“-Politik im Handel signalisiert, was schwerwiegende Folgen für die europäischen Exporte in die USA haben könnte, insbesondere in der bereits unter Druck stehenden Automobilbranche. Darüber hinaus könnten chinesische Waren, die vom US-Markt ausgeschlossen werden, in die EU gelangen. Dadurch würden die europäischen Industrien unter Druck geraten, sodass die Zielkonflikte zwischen Dekarbonisierung, Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit – mit denen Europa bereits konfrontiert ist – sich weiter verstärken würden.
Die Stärkung der umweltfreundlichen Industriepolitik mit dem EU Clean Industrial Deal wird nun immer dringender. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, will ihn in den ersten 100 Tagen ihrer zweiten Amtszeit vorlegen. Trumps Sieg sollte als Weckruf dienen, grüne Investitionen im Inland stärker zu fördern und neue saubere Handels- und Investitionspartnerschaften mit Drittländern zu schließen.
Trumps Rückkehr sollte der EU bei der Umsetzung ihrer klima- und energiepolitischen Strategie Auftrieb geben. Dabei geht es nicht nur um den Schutz vor der neuen US-Politik. Die EU sollte ihre Position als eigenständige Führungsmacht beim Klimaschutz inmitten einer zersplitterten globalen Landschaft stärken. Unentschlossenheit und Fragmentierung sind keine Optionen.
Trumps Rückkehr an die Macht muss die EU-Mitgliedsländer dazu verleiten, politische Spaltungen zu überwinden und sich auf ein gemeinsames Ziel zu einigen: die Dekarbonisierung voranzutreiben und gleichzeitig die industrielle Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und so die Sicherheit des Kontinents zu erhöhen.