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Sustainable Finance

Standpunkte Grüne Robos überzeugen nicht

Oliver Ginsberg, Gründer und Gesellschafter der nachhaltigen Finanzberatung Tetrateam
Oliver Ginsberg, Gründer und Gesellschafter der nachhaltigen Finanzberatung Tetrateam Foto: privat

Das hippe Geschäftsmodell digitaler nachhaltiger Vermögensverwaltung zielt insbesondere auf junge Menschen, die mal eben nebenbei die Welt retten möchten. Aber sogenannte grüne Robo-Advisor können sie diese Erwartungen nicht erfüllen, meint Oliver Ginsberg von der nachhaltigen Finanzberatung Tetrateam. Simple Strategieportfolien seien die bessere Option.

von Oliver Ginsberg

veröffentlicht am 14.09.2023

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Robo-Advisor stehen online beziehungsweise in Form spezieller Apps zur Verfügung und können damit quasi überall und jederzeit Anwendung finden. Innerhalb weniger Minuten werfen sie anhand weitgehend standardisierter Angaben ein Anlageportfolio aus und laden zum „Onboarding“ ein. Auch nachhaltige Lösungen sind seit einiger Zeit im Angebot.

Die digitale nachhaltige Vermögensverwaltung verspricht geringe Kosten, Transparenz, gutes Gewissen und kontinuierliches Risikomanagement. Die meisten Robo-Advisor arbeiten mit Portfolios aus kostengünstigen passiven Indexfonds, deren Zusammensetzung sich hauptsächlich aus den eingespeisten Angaben zu Risikoprofil und Anlagehorizont ableitet.

Finanzanlagen-Fastfood

Die Kehrseite der schlanken Prozesse ist, dass keine umfassende Bestandsaufnahme der Lebenssituation oder differenzierter Anlageziele erfolgen kann. Oft wird nicht einmal nach vorhandenen Schulden gefragt. Wie bereits vorhandenes Vermögen strukturiert ist, spielt ebenfalls keine Rolle und fließt demnach auch nicht in den Anlagevorschlag ein. Anlageoptionen außerhalb der Wertpapiermärkte bleiben schon aus technischen Gründen ausgeblendet.

Große Lücken gibt es auch in der Aufnahme der Nachhaltigkeitsziele. Was Anlegende konkret fördern oder ausschließen wollen, wird nicht abgefragt. In der Regel beschränkt sich die Abfrage darauf, ob ökologische oder ESG-Aspekte gemäß lückenhafter EU-Richtlinien zu berücksichtigen sind.

Wer Impact sucht – also konkrete Wirkungsorientierung – wird erst recht enttäuscht: „Im Moment können wir keine solchen Anlagen anbieten“, heißt es dann. Wer mit dem Angebot fortfahren will, muss ausdrücklich darauf verzichten. Die grünen Robos entpuppen sich bei genauer Betrachtung als Finanzanlagen-Fastfood mit grünem Anstrich.

Ausnahmen bestätigen die Regel

Ausnahmen bilden beispielsweise Bevestor und Evergreen. Bei Bevestor kann man impactorientierte Fonds beimischen. Evergreen stellt umfangreich die Wirkungsorientierung einzelner Anlagen der beiden verfügbaren vermögensverwaltenden Fonds „Yin“ und „Yang“ vor. Dabei weist der Anbieter einen überraschend hohen Wirkungsanteil aus.

Die Auswahl ist allerdings auf eben diese beiden Fonds oder eine Mischung daraus beschränkt. Wer nach anderen Beimischungen sucht, muss auf ein Risikomanagement der Gesamtanlage verzichten.

Hinsichtlich Impact handelt es sich zudem teilweise um eine Mogelpackung: Der komplette Aktienanteil der Anlage wird nämlich nicht tatsächlich durch Aktien, sondern durch Derivate dargestellt. Die günstige Kostenstruktur hat ihren Preis: An nachhaltig wirtschaftende Unternehmen fließt überhaupt kein frisches Kapital.

Unwirksames Risikomanagement

Die jährlichen Gesamtkosten der Grünen Robo-Advisor unterscheiden sich erheblich. Sie liegen zwischen 0,6 und 2,6 Prozent bezogen auf das Nettoanlagevermögen. Im Durchschnitt liegen sie mit rund einem Prozent zwar deutlich unter den Kosten für aktive Vermögensverwaltungen. Allerdings resultierten daraus in den letzten beiden Jahren keine höheren Renditen. Eine günstige Kostenquote scheint demnach gerade in Krisenzeiten, wenn am ehesten Bedarf an einer risikosteuernden Vermögensverwaltung besteht, kein sinnvolles Kriterium zu sein.

Prof. Andreas Oehler und Matthias Horn von der Universität Bamberg, welche Robo-Advisor unter die Lupe genommen haben, bestätigen die mangelhaften Leistungen beim Risikomanagement. Ein einfaches „Buy-and-hold“ sei demnach in den meisten Fällen die bessere Strategie. Zwar fand die Untersuchung noch vor der aktuellen Wirtschaftskrise statt. Aber insbesondere der komplexe Absicherungsalgorithmus von Scalable, den konventionelle und „grüne“ Portfolios anwenden, konnte auch schon in früheren Jahren nicht überzeugen.

Nachhaltigkeitsdilemma

Bei den passiven Ansätzen finden sich zudem überwiegend die Produkte einiger weniger großer Kapitalanlagegesellschaften oder Banken. Sowohl diese Anbieter als auch deren Produkte sind unter Nachhaltigkeitsaspekten eher als fragwürdig einzustufen.

Ob Blackrock, Vanguard, Deutsche Bank, HBSC, Société Générale, State Street, UBS: So gut wie alle großen ETF-Anbieter waren in Anlage-Skandale verstrickt. Nicht wenige haben durch die Bündelung und „Neuverpackung“ von faulen Hypothekenkrediten erheblich zur Entstehung der Finanzkrise in 2008 beigetragen. Auch wenn viele Häuser in den jüngsten Jahren zahlreichen Fonds ein grünes Mäntelchen umgehängt haben, ist deren Glaubwürdigkeit anzuzweifeln.

Wo sich konsistent nachhaltige Fonds im Angebot befanden – wie bei nachhaltigen Banken –, gab es jahrzehntelang eine gute durchschnittliche Performance mit oft überdurchschnittlichen Rendite-Risiko-Leistungen. Zwar mussten diese im vergangenen Jahr nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine herbe Rückschläge hinnehmen und strenge Nachhaltigkeitskriterien belasteten die Wertentwicklung so gut wie aller Investmentfonds – wogegen Öl- und Rüstungsaktien florierten. Aber das sind Ausnahmezeiten.

Leider mangelt es im nachhaltigen Bankensektor allerdings an Anbieterneutralität und Transparenz. Die Robo-Portfolios werden von hauseigenen Produktmischungen dominiert. Eine Leistungsbilanz (Track Record) suchen Anlegende vergeblich im Internet.

Fazit

Simple Strategieportfolios aus konsistent nachhaltigen Einzelfonds sind die bessere Alternative zu grünen Robos. Über ein regelmäßiges „Rebalancing“ der Anlage kann das Risikoprofil kostengünstig geschützt werden. Wer dazu noch nachhaltige Sachwertinvestments jenseits der Wertpapiermärkte im Portfolio hatte, kam im vergangenen Krisenjahr mit nur geringfügigen Wertschwankungen über die Runden. Die Frage „Wie gut sind grüne Robo-Advisor?“ lässt sich klar beantworten: Nicht gut genug!

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