Kaum ein Thema wird in der Öffentlichkeit derzeit so intensiv diskutiert wie der Klimawandel. Doch was bedeuten zunehmende Extremwetterereignisse für die Wirtschaft? Wie sind Unternehmen und ihre oft weltumspannenden Wertschöpfungsketten vom Klimawandel betroffen? Welche gesetzlichen und kapitalmarktinduzierten Anforderungen bestehen beim Umgang mit Klimarisiken? Und vor allem: Was können Unternehmen tun, um die Relevanz des Klimawandels für ihr Geschäftsmodell zu erkennen und dessen Folgen abzumildern?
Folgen des Klimawandels lassen sich bereits erkennen
Zunächst die Fakten: Laut Umweltbundesamt wird der Anstieg der globalen Oberflächentemperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit Anfang der 2030er Jahre den Wert von 1,5 Grad Celsius erreichen. Der Sommer 2022 war gemeinsam mit 2018 der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Zwar schwanken die Werte von Jahr zu Jahr etwas, aber der langfristige Trend lässt sich nicht leugnen, die Erde heizt sich immer weiter auf – mit zunehmender Geschwindigkeit.
Konkret äußert sich der Klimawandel nicht nur in steigenden Temperaturen. Langanhaltende Hitzewellen und Dürren, Starkregen und Fluten, Stürme und Waldbrände sind nur einige der Auswirkungen einer globalen Entwicklung. Sie treffen die Weltregionen zwar unterschiedlich stark, lassen aber keine Region unbeeinflusst.
Auch Deutschland ist von den Folgen des Klimawandels betroffen. In zahlreichen Regionen haben bereits Extremwettereignisse wie Hitzewellen, Bodenerosionen und Starkregenereignisse stattgefunden. Eine Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz prognostiziert, dass der Klimawandel Deutschland bis 2050 bis zu 900 Milliarden Euro kosten könnte.
Die deutsche Wirtschaft ist besonders gefährdet
Für einzelne Unternehmen und ganze Branchen in Deutschland könnten die direkten und indirekten Auswirkungen des Klimawandels massive Folgen haben. Aufgrund der globalen Ausrichtung der deutschen Wirtschaft sind Unternehmen hierzulande nicht nur von lokalen Wetterphänomenen betroffen. Zusätzlich steigen auch die indirekten Kosten deutscher Firmen, weil sich durch den weltweiten Handel und ihre verflochtenen Wertschöpfungsketten auch Klimaereignisse im Ausland auf sie auswirken.
Eine Flut von Offenlegungsanforderungen
Der Gesetzgeber hat die Gefahren durch den Klimawandel für das Wirtschafts- und Finanzsystem erkannt und reagiert. Das politische Instrumentarium, auf das er setzt, sind kapitalmarktorientierte Offenlegungspflichten. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass die EU-Taxonomie, die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) allesamt eine erweiterte Risikoanalyse von Klima- und Umweltaspekten einfordern. Insbesondere die EU-Taxonomie sieht explizit die Durchführung einer robusten Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung von physischen Risiken vor. Anhand von Klimaszenarien sollen Risiken analysiert und Anpassungsmaßnahmen bei wesentlichen Risiken etabliert werden.
Eine Offenlegung der Klimarisiken fordert auch die CSRD. Demnach müssen alle Unternehmen klimabedingte physische Risiken und Übergangsrisiken veröffentlichen, die sich auf die Finanzlage des Unternehmens auswirken können. Als Vorlage für die CSRD diente das Rahmenwerk der Task Force zu klimabedingten finanziellen Offenlegungen (TCFD), das zum Beispiel bereits seit 2022 in Großbritannien für zahlreiche Unternehmen verpflichtend ist und in weiteren Ländern umgesetzt werden wird.
Eine Umfrage von KPMG bestätigt diesen Trend: Demnach berichten bereits heute 61 Prozent der weltweit 250 größten Unternehmen zu Klimarisiken – nahezu doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren.
Handlungsdruck für Unternehmen wächst
Mit den zunehmenden gesetzlichen Anforderungen im In- und Ausland sowie dem Informationsbedarf durch Kapitalgeber und Investoren steigen die Erwartungen an Unternehmen, die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Geschäftsmodelle systematisch zu bewerten. Ein Blick in die Praxis zeigt jedoch: Momentan haben die wenigsten hierfür bereits verlässliche Prozesse etabliert. Dadurch geraten Vorstände, Geschäftsführungen und Aufsichtsgremien zunehmend unter Handlungsdruck, nicht nur, weil deren Vergütungsziele immer stärker an ESG-Indikatoren geknüpft werden.
Was also können Firmen tun? Drei Schritte sind jetzt wichtig:
- Im ersten Schritt sollten Unternehmen eine Klimarisikoanalyse durchführen. Sie hilft, die eigene Exposition gegenüber Klimaveränderungen zu verstehen. Eine solche Analyse identifiziert und bewertet physische Klimarisiken – zum Beispiel Risiken infolge von Extremwetterereignissen – sowie transitorische Risiken – zum Beispiel Risiken durch steigende Kosten für CO2-Zertifikate oder veränderte technologische Anforderungen. Diese Analyse ist schon deshalb anspruchsvoll, weil sie einen Betrachtungszeitraum von mehreren Jahrzehnten umfassen sollte und damit über die klassischen Planungshorizonte der meisten Unternehmen hinausreicht.
- Im zweiten Schritt sollten Unternehmen ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber den identifizierten Klimarisiken stärken. Dies kann durch geeignete Anpassungslösungen – zum Beispiel die Verbesserung des Hochwasserschutzes oder die Aufwertung der Gebäudeisolierung – gelingen. Auch die Neustrukturierung von Lieferketten und die Anpassung bisher erfolgreicher Produkt-Markt-Kombinationen kann notwendig werden.
- Im dritten Schritt sollten sich Unternehmen darauf vorbereiten, ihre klimabezogenen Risiken offenzulegen. Ob Banken oder Investoren, Geschäftspartner oder Gesetzgeber – die Anforderungen an Unternehmen, ihre Betroffenheit in Bezug auf den Klimawandel transparent zu machen und die eigene Resilienz nachweisen zu können, nehmen zu. Wer Geschäftsbeziehungen langfristig absichern möchte, sollte sich daher mit Klimarisiken befassen, seine Widerstandfähigkeit aktiv stärken und sprechfähig sein, wenn er danach gefragt wird.
Aktives Klimarisikomanagement zahlt sich aus
Ein frühzeitiges und aktives Klimarisikomanagement zahlt sich in mehrerlei Hinsicht aus. Erstens sollten die Kosten für Anpassungslösungen nicht unterschätzt werden. Wer diese frühzeitig angeht, kann Aufwendungen über längere Zeiträume verteilen und das operative Geschäft schonen. Zweitens bedarf es Zeit, Wertschöpfungsketten resilienter aufzustellen, Standortentscheidungen (neu) zu treffen und das eigene Produktportfolio weiterzuentwickeln. Je früher Unternehmen hiermit beginnen, desto besser.
Drittens sparen Unternehmen, die frühzeitig agieren, bei Versicherungskosten: Laut dem Rückversicherer Munich Re lagen die weltweiten Klimaschäden im Jahr 2022 bei 270 Milliarden US-Dollar. Fortschrittliche Unternehmen können steigende Versicherungsprämien vermeiden. Und viertens werden Unternehmen durch sustainability-linked bonds, bei denen die Finanzierungskonditionen an ESG-Ziele geknüpft sind, von günstigeren Krediten profitieren.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Durch aktives Klimarisikomanagement lässt sich der Klimawandel nicht aufhalten. Wer sich seiner Risiken aber bewusst ist, wird die Folgen des Klimawandels – ob physisch oder transitorisch – besser bewältigen und damit im Wettbewerb einen Vorteil erlangen können. Genau darin besteht die Chance für Unternehmen.