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Standpunkte Corona erfordert konjunkturstützende Eingriffe

Foto: Anna Logue Fotografie

Noch ist völlig unklar, welche Auswirkungen die Ausbreitung des Coronavirus haben wird, meint der Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, Achim Wambach. Gewiss aber sei: Jetzt schlägt die Stunde des Risikomanagements.

von Achim Wambach

veröffentlicht am 05.03.2020

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Der Absturz der Konjunkturerwartungen des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), für die Experten der Finanzindustrie zu ihrer Einschätzung der Konjunkturentwicklung befragt werden, am 18. Februar war die Vorwarnung. In den darauf folgenden Tagen fuhren die deutschen und internationalen Börsen ihre größten Verluste seit der Weltwirtschaftskrise ein. Der Coronavirus hält die Welt im Atem.

Noch ist völlig unklar, welche Auswirkungen die Ausbreitung des Coronavirus haben wird. Die Schwere der neuen Atemwegserkrankung lässt sich derzeit nicht hinreichend abschätzen. Genauso wenig wie die wirtschaftliche Entwicklung, bei der eine sowieso geschwächte Wirtschaft, die unter den internationalen Handelskonflikten und dem Strukturwandel leidet, nun mit neuen Einschnitten konfrontiert wird. Diese enorme Unsicherheit stellt Haushalte, die das Risiko scheuen, Unternehmen, die langfristige Einstellungs- und Investitionsentscheidungen treffen müssen sowie Politiker, die Stabilität bevorzugen, vor neue Herausforderungen.

Privates und staatliches Handeln wird sich an dieser Unsicherheit ausrichten müssen. Dazu sind Maßnahmen zu ergreifen, die zum einen dazu führen, dass es weniger wahrscheinlich wird, dass ein Schaden, sei er gesundheitlicher oder wirtschaftlicher Art, eintritt. Zweitens sind Maßnahmen gefragt, die die Schwere eines Schadens mindern, sollte er denn eintreten. Und schließlich gilt es, bei einer dynamischen Änderung der Lage, sich die Optionen offen zu halten, auf Verschlechterungen oder Verbesserungen reagieren zu können.  

Unternehmen verzögern Investitionen

Diese drei Maßnahmenmuster lassen sich bereits beobachten. Die allseits beschworene Empfehlung zum intensiven Händewaschen dient der Reduktion der Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung. Um im Quarantänefall die Einschränkungen gering zu halten, werden Haushalte an den Rat des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erinnert, einen ausreichenden Vorrat an Lebensmitteln und Getränken anzulegen. Und Unternehmen verzögern Investitionen und Neueinstellungen, um zunächst mehr Klarheit über die Auswirkungen der Ausbreitung des Coronavirus zu erhalten.

Auch die Politik sollte ein gezieltes Risikomanagement betreiben und neben den gesundheitspolitischen Maßnahmen die Zeit nutzen, sich auf konjunkturstützende Eingriffe vorzubereiten. Diese sollten die drei Ts erfüllen – timely, targeted und temporay, also schnell wirken, zielgenau und von temporärer Natur sein. Insbesondere die bereits geschaffenen Möglichkeiten für Unternehmen, einfacher Kurzarbeitergeld zu beziehen, gehören dazu und haben sich etwa in der Wirtschaftskrise von 2009 als sehr wirksam erwiesen. Auch sollten Vorbereitungen getroffen werden, wieder ein Kredit- und Bürgschaftsprogramm für eine bessere Kreditversorgung von Unternehmen aufzulegen. Eine gute Kommunikation würde zu mehr Stabilität in der Wirtschaft beitragen. Aber auch darüber hinausgehende konjunkturstützende Maßnahmen sollten zumindest vorbereitet werden. Finanzpolitischer Spielraum dafür ist vorhanden. Sowohl die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse, als auch auf europäischer Ebene der Stabilitäts- und Wachstumspakt lassen Schuldenaufnahmen bei Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen explizit zu.

Die Ausbreitung des Coronavirus steht in Deutschland erst am Anfang. Die Unsicherheit, wie es weitergeht, ist enorm. Jetzt schlägt die Stunde des Risikomanagements. Ob es dann auch zu einer Wirtschaftskrise kommen wird, wird sich zeigen. Aber vielleicht geben ja die Finanzmarktexperten der ZEW-Konjunkturbefragung in einer der nächsten Umfragen auch wieder Entwarnung. Schön wärs. 

Prof. Achim Wambach ist Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim und Chef der Monopolkommission.

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