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Standpunkte Für mehr Krebsbehandlungen auf Augenhöhe

Chief Communications & Community Officer von Mika
Chief Communications & Community Officer von Mika Foto: Viktor Strasse

Wer sich nach dem Diagnose-Schock in die Krebsbehandlung eingebunden fühlt und selbst aktiv am Therapieprozess teilnimmt, findet leichter den eigenen Weg im Umgang mit der Erkrankung. Patientenpartizipation ist ein Prozess, der für beide Seiten wichtig ist: die Behandelten und die Behandler:innen. Denn informierte, motivierte Menschen zeigen eine höhere Adhärenz, erklärt Claudia Poguntke von Mika in ihrem Standpunkt.

von Claudia Poguntke

veröffentlicht am 18.08.2022

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2020 wurden in der EU fast drei Millionen Menschen neu mit Krebs diagnostiziert, und 1,27 Millionen Menschen starben daran. Damit ist Krebs die zweithäufigste Todesursache nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Ich selbst bekam meine Krebsdiagnose vor über zehn Jahren. Meinen Kampf gegen Leukämie konnte ich nach Jahren intensiver Therapien gewinnen – dank einer hervorragenden medizinischen Versorgung, aber auch weil ich weiterhin ein selbstbestimmtes Leben führen wollte. 

So wie mir damals geht es vielen Menschen mit einer Krebsdiagnose. Sie wollen sich das „Heft nicht komplett aus der Hand nehmen lassen“ – und mitentscheiden, wenn es um ihr eigenes Leben geht. Früher galt: Das Wort des behandelnden Arztes wird nicht in Frage gestellt, denn er ist Experte. Das Modell der Autoritäten hat ausgedient. Heute sucht eine neue Generation von Patient:innen den Austausch auf Augenhöhe, will aufgeklärt sein, besser verstehen und als Experte der eigenen Erkrankung anerkannt werden. Die Wissenschaft ist auf ihrer Seite: Studien belegen, dass mündige Patient:innen besser rehabilitieren. Therapieerfolg und Lebensqualität steigen also, wenn Patient:innen sich von ihren Ärzt:innen eingebunden fühlen und Maßnahmen nachvollziehen können. 

Patienten müssen besser abgeholt werden 

Das Problem: Eine Krebsdiagnose wird meist als Krisenerfahrung erlebt. Patient:innen fühlen sich oftmals allein gelassen, unverstanden und schlecht über Therapieoptionen informiert – sie spüren häufig Ohnmacht und Kontrollverlust. Nur die Wenigsten sind in dieser Situation aufnahmefähig. 

Ärzt:innen müssen Diagnosen und Therapien also verständlich erklären. Die Zahlen sind alarmierend: Über 50 Prozent der Patient:innen in Deutschland verstehen die medizinischen Inhalte nicht oder können mit den medizinischen Empfehlungen nichts anfangen. Doch nur wer gut informiert ist, kann selbständig Entscheidungen treffen und zur eigenen Gesundheitsförderung beitragen. 

Das onkologische Fachpersonal steht also vor der Herausforderung, Patient:innen aktiv am Behandlungsverlauf zu beteiligen. Ein hilfreiches Tool stellen dabei DiGAs dar – Digitale  Gesundheitsanwendungen. Ärzt:innen sollten ihre Patient:innen über solche Angebote informieren und entsprechende Apps auch verschreiben. 

Gesetzlich anerkannt und verankert ist dieses Patient:innenrecht im „Digitale-Versorgung-Gesetz“ (DGV), das es ermöglicht, DiGAs mit einem nachgewiesenen und vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüften positiven Versorgungseffekt per Rezept auf Kassenkosten verschreiben zu lassen. 

Umdenken in der Onkologie muss weitergehen 

Aus langjähriger Erfahrung in der Begleitung von Betroffenen weiß ich, dass nicht jeder sofort in der Lage ist, dem Krebs mit Resilienz zu begegnen, eigene Ressourcen anzuzapfen und sich zu informieren. Es gibt Menschen, die sich mit der Situation absolut überlastet fühlen. Und es gibt andere, die sich sofort mit allen Details beschäftigen. Beides ist legitim. 

Ein Ansatz, der Patient:innen in den Mittelpunkt rückt, erfordert ein Umdenken in der Onkologie. Inzwischen entwickeln sich immer mehr integrative Konzepte, die eine ganzheitliche Betrachtung fokussieren und Patient:innen nicht auf ihre Krebserkrankungen reduzieren. 

Patient Empowerment ist ein Prozess, der natürlich nicht von heute auf morgen abgeschlossen ist. Denn sowohl Patient:innen als auch Ärzt:innen müssen kontinuierlich dazulernen. Manche Ärzt:innen haben ihre Patient:innen vielleicht schon immer aktiv einbezogen, andere dürfen mehr Empathie zeigen oder ihre Aufklärungspflicht noch stärker wahrnehmen. Krebspatient:innen auf der anderen Seite sollten kontinuierlich unterstützt werden, vorhandene Ressourcen zu nutzen und ihren Umgang mit der neuen Situation zu finden. Nur so kann sich ein Paradigmenwechsel hin zu einem salutogenetischen Modell vollziehen,  in dem es nicht nur um die Behandlung der Krankheit, sondern um die Förderung der gesunden Anteile im Menschen geht. 

Digitale Empowerment-Tools stehen bereit 

Inzwischen gibt es einige digitale Tools auf Rezept, die Patient:innen dabei unterstützen, sich im eigenen Tempo mit der Erkrankung auseinanderzusetzen, wie beispielsweise Vivira, eine App gegen Rückenschmerzen; Kranus, eine App gegen Erektionsstörungen oder die psychologischen Online-Kurse von Selfapy. Für Krebspatient:innen eignet sich unter anderem das digitale Medizinprodukt Mika. 

Krebspatient:innen werden befähigt, mit der eigenen Erkrankung und den krebsbedingten Belastungen besser umzugehen und eine aktive Rolle in der Therapie einzunehmen. Zudem hilft die App dabei, einen gemeinschaftlichen Dialog auf Augenhöhe zwischen medizinischem Fachpersonal und Patient:innen zu führen. Eine bedarfsorientierte psychoonkologische Beratung kann durch eine App wie Mika nicht ersetzt, aber ergänzt werden. 

Claudia Poguntke ist Chief Communications & Community Officer von Mika, einer digitalen Therapiebegleitung bei allen Krebserkrankungen.

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