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Standpunkte Transformation braucht Menschen, die sie treiben

Gertrud Maltz-Schwarzfischer, Oberbürgermeisterin von Regensburg
Gertrud Maltz-Schwarzfischer, Oberbürgermeisterin von Regensburg Foto: Stadt Regensburg/Stefan Effenhauser

Die Verwaltungsdigitalisierung in den Städten und Kommunen lässt sich nur vorantreiben, wenn man die Menschen, die sie umsetzen sollen, in den Fokus rückt, findet Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD). Die Oberbürgermeisterin von Regensburg sieht dafür klar formulierte Ziele und Strategien als Grundbedingung. Warum auch neue Kooperationsformen Innovation bedeuten können, erläutert sie im Standpunkt.

von Gertrud Maltz-Schwarzfischer

veröffentlicht am 06.11.2024

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Alle sprechen darüber: Digitale Souveränität ist die Basis der digitalen Transformation in der kommunalen Landschaft. Damit einher gehen Diskussionen über Soft- und Hardware sowie IT-Infrastruktur im öffentlichen Sektor: Digitale Dienstleistungen erleichtern Bürgerinnen und Bürgern Kommunikation und Anträge mit der Verwaltung, während neue Systeme am Markt der Verwaltung helfen, kommunale Aufgaben ressourcenschonend zu erfüllen. Aber die technische Umsetzung selbst ist dabei längst nicht die größte Herausforderung an Innovation. Vielmehr, und vor allem zuerst, braucht es die notwendige Offenheit und Klarheit, Expertise und Methodik, Kooperation und Partnerschaft – und schlussendlich dann erst die Technik.

Mit der zunehmenden Digitalisierung des Verwaltungshandelns stehen Kommunen vermehrt vor der Grundsatzfrage des „Wie?“: Wie kann die Digitalisierung unsere Entscheidungsfindung effektiv unterstützen und wie können wir aus der Verwaltung heraus die digitale Transformation aktiv mitgestalten? Antworten darauf suchen viele jedoch eher im „Was“, also den vielfältigen technischen Produkten und Dienstleistungen auf dem wachsenden Markt der kommunalen, oft proprietären IT-Lösungen. Dass eine Lösung nur so gut ist wie der Mensch dahinter, der sie nutzt, wird dabei oft unterschätzt.

Mit klaren Zielen Prozesse und Arbeitsweisen verändern

Digitale Transformation braucht – vor allem in hierarchisch geprägten Verwaltungsstrukturen – transparente, klar formulierte, von allen getragene Ziele und Strategien. Angefangen bei der Politik, über Stadtspitze und Führungsebene in den Ämtern und Abteilungen bis zur Sachbearbeitung muss klar sein, dass Innovation und Digitalisierung ein Muss sind, um unsere künftigen Aufgaben weiterhin ressourcengerecht erfüllen zu können, dass Daten mehr sind als ein Registerblatt und die Rolle der Kommune in dieser Transformation weit über die der Genehmigerin hinausgeht. Im Stadtentwicklungskonzept Regensburg-Plan 2040 hat die Stadt Regensburg deshalb die digitale und smarte Stadt als Handlungsfeld gesetzt, um auf gemeinsamen Datengrundlagen basierende, ineinandergreifende Lösungen für Quartiersentwicklung, Energiewende und Mobilität zu entwickeln. Mit dem Smart-City-Förderprojekt REGENSBURG_NEXT und der Smart-City-Strategie folgte kurz darauf der Umsetzungsrahmen für solch innovative Stadtentwicklungsprojekte.

Seit 2022 sind wir Modellkommune des Bundes und entwickeln unsere Stadtverwaltung und vor allem den Stadtraum zukunftsorientiert weiter. Natürlich sprechen auch wir dabei über technische Produkte und Dienstleistungen und setzen diese um. Doch wir sind uns bewusst, dass diese Veränderung Offenheit auf allen Ebenen verlangt, um starre Strukturen zu überdenken, lang etablierte Prozesse neu zu gestalten und Arbeitsweisen anzupassen.

Outsourcing ist keine Option

Denn letztlich liegt es an uns, der Verwaltung, diese strategischen Themen und damit die Zukunft unserer Stadt zu gestalten. Digitale Souveränität und Wandel an Dienstleister auszulagern geht nicht. Begeben wir uns in diese Abhängigkeit, schränken wir unseren kommunalen Gestaltungsspielraum ein. Wir müssen selbst anpacken, ausprobieren, lernen und manchmal auch scheitern, bis die richtige Lösung gefunden ist.

Dafür braucht es immer mehr auch die Expertise und Kompetenzen verschiedener Bereiche. Innerhalb der Verwaltung, zwischen den verschiedenen Dienststellen, braucht es engeren Austausch und neue Formen der Zusammenarbeit in gemeinsamen, ämterübergreifenden Projekten. So ist auch unser Smart-City-Projekt aufgesetzt: Projektmitglieder aus Stadtentwicklung, IT und Wirtschaftsförderung arbeiten gemeinschaftlich an der Umsetzung von Sensorik zur Passantenfrequenzmessung, während die Kultur- und Kreativwirtschaft gemeinsam mit Stadtplanung, Tiefbau- und Gartenamt die Umgestaltung eines Altstadtviertels plant.

Doch auch über die Verwaltungsgrenze hinaus müssen wir uns stärker vernetzen: mit der Bürgerschaft als künftige Nutzerinnen und Nutzer unserer Lösungen sowie Wirtschaft, Wissenschaft, Clustern und Netzwerken als externe Expertinnen und Experten entsteht ein umsetzungsstarkes Innovationsnetzwerk. In Regensburg wurde so ein Reallabor für urbane Mobilität aufgebaut, in dem Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung gemeinsam innovative Lösungen im realen Umfeld erproben.

Neuartige Kooperation als Innovation

Und nicht nur die Lösungen selbst sind innovativ – auch diese Art der Kooperation mit Cluster und Stadtwerk im Verbund und der Verwaltung als aktiv gestaltendem und ermöglichendem Partner ist neu. Als Modellprojekt profitieren wir außerdem von Wissen und Lösungen anderer Kommunen bundesweit: In kommunalen Entwicklungspartnerschaften arbeiten wir gemeinsam an übertragbaren Open-Source-Lösungen wie beispielsweise einer Urbanen Datenplattform. Diese wird im Regensburger Reallabor als Mobilitätsdatenhub eingesetzt – aber schafft eben auch Standards für die gesamte kommunale Breite.

In der Umsetzung dieser technischen Systeme kommen die oben genannten Aspekte dann schließlich zusammen: Ziele und Standards stecken den Rahmen ab, Expertise und starke Partner unterstützen sowohl Entwicklung als auch langfristigen Betrieb der neuen Lösungen. Zwar sind kooperative Innovationsprojekte für den gesamten Verwaltungsapparat herausfordernd, erzeugen jedoch die notwendige Geschwindigkeit zur Digitalisierung der Verwaltung und ermöglichen einen Rahmen, um nachhaltige Strukturen verwaltungsweit aufzubauen. Oft wird gesagt, die IT-Infrastruktur bilde den Maschinenraum der zukunftsorientierten Verwaltung, in dem die einzelnen Komponenten wie Zahnräder, die ineinandergreifen, als System zusammenwirken.

Doch erst der Mensch bringt diese Maschine zum Laufen und wir als Verwaltung können zukünftig nur souverän bleiben, indem wir unser digitales Ökosystem selbstbestimmt gestalten, aufbauen und betreiben. Das geht nicht ohne Strategie, Expertise und Partner, und insbesondere nicht ohne den Umsetzungswillen und gelebten Kulturwandel auf allen kommunalen Ebenen.

Gertrud Maltz-Schwarzfischer ist deutsche Kommunalpolitikerin (SPD) und seit dem 1. Mai 2020 Oberbürgermeisterin der Stadt Regensburg.

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