Fast alle tun es, aber niemand redet gerne darüber. Joggen ist cool, Wandern auch – aber einfach nur Gehen? Im Alltag? Ohne angesagte Sportklamotten oder stylishe Accessoires? Und dann noch dieses Fachwort dazu: Fußverkehr. Das klingt offen gestanden nicht gerade sexy.
Aber es geht hier nicht um verschwitzte Wollsocken oder spießige Gesundheitssandalen. Es geht um uns alle. Und es geht um unsere Innenstädte und Ortszentren. Damit wir gesund und sie lebendig bleiben, muss der Fußverkehr endlich raus aus seiner Nische. In Rheinland-Pfalz haben wir die „Innenstädte der Zukunft“ zum Regierungsschwerpunkt gemacht. Passend dazu richten wir den 5. Deutschen Fußverkehrskongress (FUKO) unter einem neuen Motto aus: Schritt für Schritt in die Innenstadt der Zukunft.
Der FUKO ist das wichtigste Netzwerktreffen für die Themen Fußverkehr, aktive Mobilität und kommunale Entwicklung und findet alle zwei Jahre an wechselnden Orten statt. In diesem Jahr wollen wir Fragen rund um die Themen Fußverkehr und Innenstädte beleuchten: Wie können Innenstädte für Fußgängerinnen und Fußgänger attraktiver und sicherer werden? Welche Relevanz hat der Fußverkehr für Handel, Gastronomie und Tourismus? Welche Veränderungen in der städtischen Verkehrs-und Fußgängerinfrastruktur werten ein Stadtbild auf, bieten mehr Sicherheit und machen einen Aufenthalt komfortabel, angenehm und länger? Wie hängen innerstädtische Infrastrukturentwicklung und Nachfrage im Einzelhandel zusammen?
Placemaking als zentrale Aufgabe
Besondere Aufmerksamkeit gilt der zentralen Aufgabe des Placemakings – dem Wandel des öffentlichen Raums für mehr Aufenthaltsqualität und Anziehungskraft.
Unsere Innenstädte leiden schon lange unter dem Strukturwandel im Einzelhandel. Der stationäre Handel verliert an Bedeutung, Leerstände breiten sich aus. Dagegen gibt es kein Patentrezept. Aber wir brauchen unsere Innenstädte als wirtschaftliche, kulturelle und kommunikative Zentren der Begegnung und des Miteinanders. Deshalb müssen wir etwas dafür tun, um ihre Attraktivität wieder zu steigern. Und damit sind wir schnell beim Fußverkehr.
Innenstädte, die sich zu Fuß erleben lassen, bieten eine höhere Lebensqualität. Auch für Touristen sind sie besonders attraktiv. Menschen verweilen gerne länger dort, wo sie sich wohlfühlen, wo sie sicher und bequem unterwegs sein können. In fußgängerfreundlichen Bereichen mit ansprechend gestalteten öffentlichen Plätzen, mit schattigen Bänken zum Ausruhen, viel Grün und gerne auch Wasser.
Das bedeutet nicht, alle Autos aus den Städten zu verbannen. Es geht um einen intelligenten Mobilitätsmix und eine geschickte Aufteilung des öffentlichen Raums. Man muss mit dem Auto in die Stadt fahren können, aber nicht immer und überall durch die Stadt. Grundsätzlich kann man festhalten, dass nach einer fußgängerfreundlichen Umgestaltung von Straßenräumen die Frequenz der Passanten um rund 30 Prozent steigt. Und das zahlt sich für den örtlichen Einzelhandel und die Gastronomie direkt aus. Umsatzsteigerungen von zehn bis 25 Prozent sind realistische Erfahrungswerte.
Die Politik kann gezielt unterstützen
Auch interessant: Menschen, die zu Fuß unterwegs sind, geben pro Monat durchschnittlich 40 Prozent mehr Geld im lokalen Einzelhandel aus als Autofahrer. Der einzelne Einkauf ist zwar vielleicht kleiner, aber dafür besuchen Fußgänger die Innenstadt und ihre Geschäfte häufiger, regelmäßiger und länger. In attraktiven Innenstädten mit einer hohen Aufenthaltsqualität steigen zudem die Immobilienwerte und es wird bereitwilliger in bestehende Gebäude investiert. Investitionen in eine fußgängerfreundliche Infrastruktur können also sehr direkt wirtschaftliche Vorteile bringen. Damit ist Fußverkehrsförderung nicht nur gesundheitlich und ökologisch sinnvoll, sondern auch ökonomisch.
Die Politik kann hier gezielt unterstützen. In Rheinland-Pfalz haben wir in diesem Jahr ganz neu die Fußverkehrs-Checks eingeführt, passend zu unserem Regierungsschwerpunkt unter dem Motto „Schritt für Schritt zu attraktiven Ortszentren“. In zehn ausgewählten Kommunen werden Bürgerinnen und Bürger zusammen mit Politik und Verwaltung sowie einem Planungsbüro die Qualität der Wege zu Fuß beurteilen. Bei einem Auftaktworkshop wird die Situation des Fußverkehrs vor Ort diskutiert und es werden konkrete Fragestellungen formuliert. Es folgen zwei gemeinsame Begehungen und ein Abschlussworkshop mit Maßnahmenvorschlägen zu möglichen Lösungen.
Die Fußverkehrs-Checks tragen dazu bei, in den Kommunen sichere und attraktive Fußwege zu schaffen und rücken die Fußgängerinnen und Fußgänger stärker in das Bewusstsein von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft. Damit der Fußverkehr endlich als das gesehen wird, was er ist: Eine Mobilitätsform mit Zukunft.