Dem Digitalministerium wohnt ein Zauber inne: Das herbeigesehnte Ministerium ist eine Projektionsfläche für diverse lang gehegte und oft widersprüchliche Wünsche der Digitalpolitik. Wenige dieser Wünsche kommen bisher aus der Mitte der Gesellschaft. Dabei soll das Ministerium ja genau hier wirken.
Das Bündnis F5 vereint mitgliedsstarke Organisation, juristischen, technischen und politischen Sachverstand sowie zahlreiche ehrenamtliche und gemeinwohlorientierte Projekte aus allen Bereichen der digitalen Transformation. Im Dezember haben wir einen Vorschlag für den Aufbau eines Digitalministeriums vorgelegt, das die ganze Gesellschaft im Blick behält.
Neue Strukturen brauchen Zeit. Um so wichtiger ist es, frühzeitig den richtigen Weg einzuschlagen. Sollten jedoch in einem neuen Digitalministerium die bisherigen Denkmuster, Strukturen und das begrenzte Maß an Ambitionen der bisherigen Digitalpolitik lediglich unter einem Dach gebündelt werden, wird auch dies keinen Schub für die digitale Transformation bringen. Stattdessen braucht es innovative Ansätze der Zusammenarbeit – insbesondere mit der digitalen Zivilgesellschaft.
Digitalisierung ist eine geopolitische Frage
Digitalpolitik ist zugleich Gesellschaftspolitik. International stehen die Zeichen dabei gerade nicht sonderlich gut für demokratische Ansätze. Donald Trump und seine Tech-Oligarchen wettern gegen jegliche Beschränkung ihrer Macht und auch auf EU-Ebene wächst mancherorts der Wunsch, dem Markt wieder mehr Freiraum bei der Gestaltung unseres digitalen Lebens zu lassen. Die Schaffung eines neuen Ministeriums ist zugleich die Chance, hier entschieden einen anderen Weg einzuschlagen. Die digitale Zukunft muss gemeinsam mit der Gesellschaft auf internationaler Ebene gestaltet werden, um ein Gegengewicht zu schaffen.
Unser Entwurf für ein Digitalministerium
Diese Gestaltung sollte ein*e Digitalminister*in mit starkem Digitalbudget und klaren Zuständigkeiten koordinieren. So können klare Verantwortlichkeiten geschaffen, sowie die Bedeutung der Digitalisierung auf der politischen Agenda und im Parlament durch den Digitalausschuss, der die Hauptverantwortung für Digitalgesetze hat, erhöht werden.
Das Digitalministerium würde drei zentrale Aufgabenfelder abdecken: die Verwaltungsmodernisierung, die europäische und internationale Digitalpolitik sowie die Gestaltung der digitalen Gesellschaft. Letzteres vereint Digitale Gesellschaftspolitik und Fortbildung, digitale Konnektivität und die Förderung der Digitalwirtschaft. Unser Vorschlag sieht eine Bündelung der Digitalisierungsreferate vor, die aktuell über BMDV, BMI, BMJ und BMWK verteilt sind – ohne dabei sektorspezifischen Digitalisierungsvorhaben von den Fachministerien zu übernehmen.
Zivilgesellschaft als zentraler Partner des Digitalministeriums
Bereits heute gestaltet die Zivilgesellschaft die digitale Transformation aktiv. Im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung entwickeln sie Open Source Softwaren und bringen Bürger*innen und Staat über offene Daten oder Civic Tech in Kontakt. Im Bereich der Digitalregulierung liefern sie innovative Ideen, stärken mit ihrer Expertise politische Prozesse und liefern ein essenzielles Gegengewicht zu aktionistischen Tech-Hypes. Dieses Know-How braucht es in der politischen Gestaltung der Digitalisierung.
Die Einbindung der Zivilgesellschaft spielt dabei die zentrale Rolle – durch feste Austauschformate und systematische Berücksichtigung verschiedener gesellschaftlicher Perspektiven soll das Ministerium transparent, offen und partizipativ agieren. Zudem sollte eine*n eigenen Staatssekretär*in für Digitale Gesellschaft sowie ein eigenes Referat in der Leitungsabteilung für die Einbindung zivilgesellschaftlicher Organisationen geschaffen werden. Diese Einbindungen würde die Orientierung hin zu einer gemeinwohlorientierten Digitalisierung fest in das ministerielle Tagesgeschäft einbinden.
Die Chance nutzen
Dass das Digitalministerium kommen soll, macht uns Hoffnung. Um den gewünschten Aufbruch wahr werden zu lassen, muss auch der Bruch vollzogen werden – mit eingespielten Partizipationsscharaden, hinzu echter Offenheit von der Zivilgesellschaft zu lernen.
Kai Dittmann ist Leiter Politik der Gesellschaft für Freiheitsrechte und Koordinator des Bündnis F5.
Ben Burmeister ist Policy-Fellow bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte.