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Standpunkte Deutschland darf beim Mobilfunk den ländlichen Raum nicht vergessen

Reinhard Brandl (CSU), digitalpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag (Foto: Tobias Koch)
Reinhard Brandl (CSU), digitalpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag (Foto: Tobias Koch) Foto: Tobias Koch

Es wird zwar besser mit der Mobilfunkversorgung in Deutschland, dennoch gibt es insbesondere in ländlichen Regionen Nachholbedarf. Doch die Bundesregierung vernachlässige bei Entscheidungen für besseren Mobilfunk den ländlichen Raum, findet Reinhard Brandl (CSU). Er zeigt, wie es besser gehen könnte.

von Reinhard Brandl

veröffentlicht am 26.07.2024

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Das Mobiltelefon wird immer wichtiger, das Festnetztelefon immer weiter verdrängt. Allein das übertragene Datenvolumen über Mobilfunknetze im Inland ist von 6714 Millionen Gigabyte im Jahr 2022 auf 9118 Millionen Gigabyte im Jahr 2023 gestiegen. Das zeigt die auch heute noch enormen Steigerungsraten im Datenvolumen. Dabei wurden laut Bundesnetzagentur 91 Prozent des Datenverkehrs über den Mobilfunkstandard LTE (4G) realisiert, sechs Prozent des Datenverkehrs über das 5G-Netz und drei Prozent des Datenverkehrs über das GSM-Netz (2G).

Und wie sieht die Mobilfunkversorgung in Deutschland aus? Gemäß den aktuell verfügbaren Angaben (April 2024) sind bundesweit 97,38 Prozent mit 4G und 91,99 Prozent der Fläche mit 5G versorgt. International liegen wir damit zwar noch lange nicht im Spitzenbereich – was eigentlich unser Ziel sein müsste – aber immerhin geht es voran.

Politische Entscheidungen in der Vergangenheit führen zum fortschreitenden Ausbau

Dass wir in den letzten Jahren vorangekommen sind, war jedoch keine Selbstverständlichkeit, sondern liegt im eigenwirtschaftlichen Ausbau beziehungsweise den Investitionen der Mobilfunknetzbetreiber sowie in einer Reihe von politischen Entscheidungen in der Vergangenheit begründet. Dazu zählen unter anderem:

Erstens, das Telekommunikationsgesetz (TKG) wurde im Jahr 2021 umfassend modernisiert. Dadurch wurden regulatorische Anreize für den Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität gestärkt, die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für den Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität angegangen, sowie eine Stärkung der Mitnutzungsrechte, auch für den Ausbau von Mobilfunknetzen, umgesetzt. Im Bereich der Verbraucherrechte wurden unter anderem Minderungsrechte für Mobilfunk-Internetzugänge geschaffen. Diese räumen Verbrauchern das Recht ein, das vertraglich vereinbarte Entgelt zu mindern oder den Vertrag außerordentlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, wenn Anbieter schlechte Netzqualität liefern.

Zweitens, steigende Versorgungsauflagen der Bundesnetzagentur: Die im Zuge der Frequenzauktion 2019 geforderten Auflagen wurden nahezu erreicht. Demnach sind den Angaben der Mobilfunknetzbetreiber zufolge beispielsweise 98 Prozent der Haushalte mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) je Bundesland sowie die Verkehrswege nahezu vollständig mit 100 Mbit/s versorgt. Die Verpflichtung zur Inbetriebnahme von jeweils 1000 5G-Basisstationen wurde überwiegend erreicht.

Drittens, hat die Bundesregierung 2019 die Mobilfunkstrategie verabschiedet, die neben zahlreichen Maßnahmen zur Förderung der Mobilfunkversorgung unter anderem erstmals eine Mobilfunkförderung durch den Bund sowie die Gründung der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) beinhaltete. Ziel war und ist es, insbesondere die sogenannten „weißen Flecken“ (Gebiete, die über keine breitbandige Mobilfunkversorgung verfügen) zu schließen und damit einigen ländlichen Gebieten überhaupt eine Versorgung zu ermöglichen.

MIG wird eingestellt, obwohl deren Arbeit langsam Früchte trägt

Die genannten Punkte stellen selbstverständlich nur einen kleinen Ausschnitt der Maßnahmen dar. Trotzdem verdeutlichen sie, dass die politischen Entscheidungen mittlerweile anfangen, Früchte zu tragen. So befinden sich derzeit durch die MIG gemäß Angaben der Bundesregierung Mobilfunkmasten an 48 Standorten in der Projektrealisierung durch die jeweiligen Zuwendungsempfänger. Weiterhin ist die MIG (Stichtag: 26. April 2024) an 1127 Standorten in ganz Deutschland im Rahmen der Standortvorbereitung aktiv.

Und dennoch will die Ampel die MIG bis Ende 2025 abwickeln. Dabei ist die MIG mittlerweile voll arbeitsfähig, hat aber bis zu ihrer Abwicklung bis Ende 2025 keine Chance mehr, zu einer signifikanten Verbesserung der Versorgung in den weißen Flecken beizutragen. Damit wird ein Großteil der bereits geleisteten Arbeit von der Ampel entwertet und vielen der betroffenen Kommunen wird somit die eröffnete Perspektive auf eine Mobilfunkversorgung genommen. Eine verantwortungsvolle Politik für unser Land sieht anders aus.

Wenig hilfreich ist es auch, wenn sich die Ampel bei einer eigentlich fertigen Kabinettsvorlage 14 Monate um ein Wort beim Telekommunikations-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz (TK-Nabeg) streiten muss. Durch die ewigen Streitereien geht viel wertvolle Zeit verloren, in der der Mobilfunkausbau schon längst hätte weiter sein können. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde kann sich ein solches Verhalten nicht leisten.

Pläne der Bundesnetzagentur benachteiligen ländlichen Raum

Hinsichtlich der Mobilfunkversorgung im ländlichen Raum sind auch die derzeitigen Pläne der Bundesnetzagentur nicht förderlich. Der im Juni 2024 vorgelegte Konsultationsentwurf für die Umsetzung der oben genannten Minderungsregelungen würde faktisch unterschiedliche Minderungsrechte für den städtischen, halb-städtischen und den ländlichen Raum schaffen. Dies widerspricht unserem damaligen Ansinnen einer verbraucherfreundlichen TKG-Novelle und benachteiligt Mobilfunknutzer im ländlichen Raum erheblich. Auch der ländliche Raum braucht flächendeckend eine stabile und breitbandige Mobilfunkversorgung.

Und auch bei den Versorgungsauflagen muss sich die Bundesnetzagentur endlich bewegen – wie bereits im Beirat Anfang 2023 von uns gefordert (siehe Punkt VI). Es bringt nichts, wenn eine Versorgungsauflage erfüllt ist, weil es etwa auf einer Zugfahrt nicht zu einem Verbindungsabbruch beim Handy kommt, der Nutzer aber seinen Gesprächspartner nicht mehr verstehen kann, weil die Mobilfunkabdeckung nicht ausreichend ist. Das ist zwar kein Verbindungsabbruch, aber ein Gesprächsabbruch. Für den Nutzer kommt es in dem Moment fast auf das Gleiche hinaus.

Zusammengefasst bleibt also viel zu tun.

Fünf Maßnahmen für eine bessere Mobilfunkversorgung im ländlichen Raum

Um die Mobilfunkversorgung weiter zu verbessern, Funklöcher weiter zu schließen und den neuesten Mobilfunkstandard stets und überall zur Verfügung zu haben, dürfen wir nicht stehenbleiben, sondern müssen Schritte nach vorne gehen. Fünf Punkte sind dabei für mich zentral:

  1. Die Mobilfunkförderung des Bundes sollte über den 31.Dezember 2024 übergangsweise bis zur Einführung von weitreichenden Flächenauflagen im Rahmen der anstehenden Mobilfunkfrequenzvergabe bis zum 31.12.2025 verlängert beziehungsweise eine neue Förderrichtlinie veröffentlicht werden. Darüber hinaus darf die Ampel die MIG nicht einfach abwickeln und die bereits durchgeführten Arbeiten entwerten. Die bereits von der MIG begonnenen Projektarbeiten müssen auch fertiggestellt werden können.
  2. Im Rahmen der anstehenden Mobilfunkfrequenzvergabe sind die Versorgungsauflagen stärker auf das tatsächliche Nutzererlebnis auszurichten. Wenn ich zwar ohne Verbindungsabbruch von München nach Berlin fahren kann, aber es zwischendurch immer wieder zu so starken Qualitätseinschränkungen kommt, dass ich ein Gespräch faktisch nicht mehr führen kann, muss dringend weiter an der Mobilfunkversorgung gearbeitet werden.
  3. Eisenbahninfrastrukturunternehmen sind zu verpflichten, Bestandsinfrastrukturen zum Mobilfunkausbau entlang von Schienenwegen zur Verfügung zu stellen und es ist der Bundesnetzagentur zu ermöglichen, auch Mobilfunknetzbetreiber zur Mitwirkung am Aufbau dieser Infrastruktur zu verpflichten. Außerdem müssen Vorschläge erarbeitet werden, wie die Kapazität der Mobilfunknetze gerade bei Großereignissen und an Orten mit hohen Personenaufkommen verbessert werden kann.
  4. Der Ausbau von sowohl 5G-Infrastruktur als auch Glasfaser soll endlich als von überragendem öffentlichen Interesse definiert werden.
  5. Bei der geplanten Umsetzung der Minderungsrechte im Mobilfunk sollte man keine Dreiklassengesellschaft einführen und den Nutzern im ländlichen Raum die gleichen Minderungsrechte zugestehen.

Diese fünf Maßnahmen wären wichtige Impulse für eine Verbesserung der Mobilfunkversorgung im ländlichen Raum. Digitale Teilhabe in der Stadt und auf dem Land ist heute wichtiger denn je und sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich von essentieller Bedeutung für unser Land.

Reinhard Brandl (CSU) ist digitalpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

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