Der vergangene Donnerstag war kein guter Tag für den Mobilfunkausbau in Deutschland: Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben auf der MPK getroffen, um die gemeinsamen Positionen der Länder zu wichtigen politischen Themen gegenüber der Bundesebene zu erarbeiten. Doch anstatt den bereits im vergangenen Jahr zwischen Bund und Ländern ausgehandelten Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung zu beschließen, haben sie die Bundesregierung lediglich dazu aufgefordert „schnellstmöglich einen Zeitplan zum weiteren Vorgehen in dieser Angelegenheit mit den Ländern abzustimmen“.
Dieser Beschluss – der in Wirklichkeit keiner ist – lässt die ausbauenden Unternehmen im Bereich des Mobilfunks ratlos zurück. Der Pakt hätte eigentlich schon im Dezember 2022 beschlossen werden sollten und könnte einige Beschleunigung für den Mobilfunkausbau mit sich bringen. Man hätte die Genehmigungsfiktion für Mobilfunkmasten in den Pakt integrieren und so ein wichtiges Signal setzen können. Doch leider verzögert sich der Start nun weiter. So verpassen wir eine weitere Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für einen zügigen Mobilfunkausbau zu schaffen und damit eine Grundvoraussetzung für eine gelungen Digitalisierung Deutschlands zu kreieren. Wieder einmal schieben sich Bund und Länder die Verantwortung gegenseitig zu, statt endlich gute Rahmenbedingungen für den Mobilfunkausbau herbeizuführen.
Weg zu neuen Mobilfunkstandorten ist steinig
Und ja, der Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur in Deutschland nimmt immer mehr an Fahrt auf. Doch leider ist der Weg zu neuen Mobilfunkstandorten oftmals steinig: Neben der schwierigen Grundstückssuche und den langwierigen Genehmigungsverfahren sind es mitunter auch Vorbehalte in der Bevölkerung, die den Ausbau bremsen. Als ein großer Funkmastbetreiber in Europa werden wir tagtäglich mit diesen Herausforderungen konfrontiert.
Damit die digitale Transformation gelingen kann und Deutschland seine internationale Spitzenposition als Wirtschaftsstandort nicht aufs Spiel setzt, braucht es jetzt Gestaltungswillen, um die richtigen Rahmenbedingungen für den Mobilfunkausbau von morgen zu schaffen. Zwei konkrete Beispiele zeigen auf, wie der Ausbau gelingen kann.
Verfahren verkürzen – die Genehmigungsfiktion macht es möglich
Aktuell dauert die Inbetriebnahme eines Mobilfunkstandortes in Deutschland häufig über zwei Jahre, gut die Hälfte davon entfällt auf Genehmigungsverfahren. Der Blick in andere EU-Länder zeigt, dass es auch anders gehen kann. In Portugal etwa gilt die Baugenehmigung für einen Funkmast nach 30 Tagen als erteilt, wenn sich die zuständige Behörde bis dahin nicht dazu geäußert hat. Die Einführung einer Genehmigungsfiktion wäre auch in Deutschland ein zentraler Hebel, um die Prozesse zu beschleunigen.
Das Prinzip geht so: Sollte die zuständige Behörde gegenüber dem Genehmigungsantrag untätig bleiben, gilt die Genehmigung nach drei Monaten als erteilt. Ohnehin wird heute nur ein Bruchteil der beantragten Mobilfunkstandorte nicht genehmigt. Zudem sind die ausbauenden Unternehmen dazu verpflichtet, die Masten auf eigene Kosten zurückzubauen, sollte sich im Nachgang herausstellen, dass baurechtliche Vorgaben nicht beachtet wurden. Wie in einigen Bundesländern bereits für den Wohnungsbau vorgesehen, sollten die Landesbauordnungen daher um eine solche Regelung für Mobilfunkmasten erweitert werden.
Einen ersten richtigen Schritt geht beispielsweise die bayerische Landesregierung, die die Genehmigungsfiktion im Rahmen einer Landesbauordnungs-Novelle als erstes Bundesland einführen will. Wichtig ist dabei – wie im bayerischen Regierungsentwurf vorgesehen – die Kombination mit einer Vollständigkeitsfiktion, die regelt, dass ein Bauantrag als vollständig gilt, wenn nicht innerhalb einer gewissen Frist eine anderslautende Rückmeldung der Behörde erfolgt. Andernfalls kann der Genehmigungsprozess durch immer neue Nachforderungen der Behörde verzögert werden, wodurch die Genehmigungsfiktion in Teilen ausgehebelt werden würde.
Eine solche Gesetzesanpassung würde den Mobilfunkausbau insgesamt deutlich beschleunigen und die kommunalen Verwaltungen entlasten. Sie könnte technisch als vertretbar angesehen werden, da Mobilfunkmasten den strengen DIN-Vorgaben an die Standsicherheit sowie den elektromagnetischen Grenzwerten der Bundesnetzagentur entsprechen müssen.
Gigabit-Grundbuch als Ausbaubeschleuniger
Allerdings führt schon vor der Einreichung des Bauantrags häufig die Suche nach einer geeigneten Freifläche zu erheblichen Verzögerungen beim Mobilfunkausbau. Mit dem Gigabit-Grundbuch haben der Bund und die Bundesnetzagentur eigentlich ein zentrales Register für den Mobilfunk- und Glasfaserausbau geschaffen – allerdings wird das Potenzial dieser Plattform momentan noch nicht voll ausgeschöpft. Um den Mobilfunkausbau zu beschleunigen, ist es daher wichtig, die im zugehörigen Liegenschaftspaket des Gigabit-Grundbuchs vorgesehenen Maßnahmen umgehend umzusetzen, da die darin vorgesehene Erleichterung der Grundbucheinsicht für ausbauende Unternehmen die Standortsuche deutlich erleichtern würde.
Beide Beispiele zeigen: Ideen zur Beschleunigung des Ausbaus liegen vor. Jetzt liegt es an Bund und Ländern, diese für eine leistungsfähige digitale Infrastruktur und damit zum Wohle unseres Wirtschaftsstandorts auch umzusetzen.
Christian Sommer ist seit April 2020 Chief Legal Officer und Mitglied des Vorstands bei der Vantage Towers AG, einem europäischen Funkmastbetreiber. Zuvor war er über mehrere Jahre in verschiedenen leitenden Funktionen für die Vodafone-Gruppe tätig.