Deutschland möchte mit der geplanten Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für inländische B2B-Umsätze in Deutschland ansässiger Geschäftspartner einen gewissen Digitalisierungsrückstand aufholen und eine in der EU angenommene Mehrwertsteuerlücke von mehreren Milliarden Euro verringern. Im Zeitplan war Deutschland eigentlich erst nach einer Reihe anderer EU-Länder vorgesehen und hat nun in der Umsetzung der E-Rechnung unter anderem Länder wie Polen und Frankreich auf der Zielgeraden überholt.
Was ist eine E-Rechnung?
Eine elektronische Rechnung (E-Rechnung) ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Eine Rechnung im PDF-Format erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Das strukturierte elektronische Format muss der europäischen Norm für die elektronische Rechnungsstellung und der Liste der entsprechenden Syntaxen entsprechen (CEN-Norm EN 16931). Das bedeutet, dass grundsätzlich auch ausländische Rechnungsformate, die die Formatanforderungen erfüllen, erlaubt sind. Erfüllt werden die Formatanforderungen heute schon zum Beispiel von der XRechnung, die unter anderem im öffentlichen Auftragswesen in Deutschland bereits zum Einsatz kommt, oder dem hybriden ZUGFeRD-Format, einer Kombination aus PDF-Dokument und XML-Datei. Bei hybriden Rechnungsformaten ist darauf zu achten, dass der strukturierte Teil führend ist.
Wen betrifft die E-Rechnung?
Die Verpflichtung, eine E-Rechnung auszustellen, betrifft nur Leistungen zwischen Unternehmern (B2B), unabhängig davon, ob das Unternehmen im Haupt- oder Nebenerwerb betrieben wird. Spätestens ab 2028 müssen auch Kleinunternehmer (Umsatzsteuer) E-Rechnungen (B2B) stellen. Der Anwendungsbereich beschränkt sich auf Umsätze zwischen im Inland ansässigen Unternehmern. Hier bestehen in der Praxis Herausforderungen, da auch grenzüberschreitende Warenlieferungen zwischen im Inland ansässigen Unternehmen darunter fallen können.
Ab wann gilt die E-Rechnungspflicht und was ist bei der Umsetzung zu beachten?
Ein genauer Blick auf die Regelung ist erforderlich: Der Empfang und die Verarbeitung einer E-Rechnung im B2B-Geschäftsverkehr ist bereits ab 1. Januar 2025 im Unternehmen zu ermöglichen. Dies bedeutet, dass der Rechnungsaussteller entscheidet, ob er schon auf das neue Format umstellt oder nicht. Es gibt weder eine Zustimmungspflicht des Rechnungsempfängers noch eine Informationspflicht des Rechnungsausstellers zur Anwendung des neuen Verfahrens.
Dies schafft in der Praxis die Herausforderung, dass für Rechnungsempfänger eine gewisse Unsicherheit besteht, weil sie nicht wissen, von wem und wie viele E-Rechnungen sie bereits ab 01.01.2025 in Empfang nehmen müssen. Außerdem enthält die neue gesetzliche Regelung keine Vorgaben zum Übermittlungsweg von elektronischen Rechnungen.
Für den Empfang einer elektronischen Rechnung kommen unterschiedliche Wege in Betracht, zum Beispiel Empfang über ein E-Mail-Postfach oder auch ein (Kunden-/ öffentliches) Portal, auf dem die E-Rechnung heruntergeladen werden kann. Unternehmer müssen sich also auf eine gewisse Heterogenität der Übermittlungswege einrichten. Digitalisierungspotenzial besteht hier in Abhängigkeit des vom Rechnungsaussteller jeweils gewählten Übermittlungsweges.
Angesichts des zu erwartenden hohen Umsetzungsaufwandes für die Unternehmen hat der Gesetzgeber Übergangsregelungen für die Jahre 2025 bis 2027 für Rechnungsaussteller vorgesehen. Die finale Verpflichtung zur Ausstellung einer elektronischen Rechnung besteht ab dem 01.01.2027. Viele Unternehmen machen von der Übergangsregelung Gebrauch und stellen sich schrittweise auf die neuen Regelungen ein.
Die E-Rechnung als Chance
Die Umstellung auf elektronische Rechnungsstellung gilt als Chance für reibungslose Geschäftsprozesse und eine umfassende Automatisierung. Nicht zu Unrecht, denn mit der E-Rechnung wird der gesamte Rechnungsprozess samt Archivierung deutlich schneller, transparenter und effizienter. Ausgangsrechnungen lassen sich mit weniger Aufwand erstellen, versenden und archivieren. Darüber hinaus ist das vorgesehene strukturierte Format für eine E-Rechnung Voraussetzung für eine automatisierte und prozesssichere Datenverarbeitung.
Einige Unternehmen nutzen das Thema E-Invoicing als Wegbereiter, um auch andere Geschäftsdokumente wie Aufträge, Bestellungen und Lieferdokumente in automatisierter Form zu versenden und zu empfangen. Wenn Daten in den Bestellungen, Aufträgen und Lieferdokumenten konsistent gehalten werden und Datentransparenz geschaffen wird, ergibt sich nicht nur die Chance von Effizienzsteigerungen, sondern auch die Chance durch gezielte Planung von Lieferstrecken Wettbewerbsvorteile zu erzielen.
Allerdings ist zu beachten: Die E-Rechnungs-Landschaft ist dynamisch und unterliegt ständigen Änderungen und Anpassungen. Unternehmen müssen daher in der Lage sein, ihre E-Rechnungs-Prozesse regelmäßig zu überprüfen und anzupassen. Dabei gilt es, die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben der Länder, in denen das eigene Unternehmen aktiv ist, ständig zu überwachen und Anpassungsbedarf im Betriebsmodell sowie in der eigenen System- und Prozesslandschaft zu identifizieren.
Ausblick
Die letzte Ausbaustufe der Digitalisierung im Bereich E-Rechnung erfolgt in Deutschland noch nicht. Die elektronische Rechnung soll im ersten Schritt nur als Basis für ein späteres elektronisches Meldewesen eingeführt werden. Dieses Meldewesen soll künftig einige der bisherigen Steuerdeklarationen ersetzen. Ein solches elektronisches Meldewesen soll im Gleichklang mit den ab 2028 geplanten europäischen Vorschriften zum digitalen Reporting etabliert werden.
Viele Verbände erachten ein einheitliches System für die transaktionale Meldung nationaler und internationaler B2B-Umsätze als vorteilhaft. Zudem wird gefordert, dass Unternehmen frei entscheiden können sollen, ob eine staatliche, eine private Plattform oder eine Kombination aus verschiedenen Plattformen genutzt wird.
Der Vorteil privatwirtschaftlicher Anbieter liegt für Unternehmen darin, dass nicht nur die Rechnung an sich elektronisch ausgestellt oder empfangen werden kann, sondern auch die Bestellung, Auftragsbestätigungen und andere Dokumente in Geschäftsprozessen gleichzeitig digitalisiert werden können. Gemessen am gegenwärtigen Stand ist das allerdings noch Zukunftsmusik. Es wird daher wohl doch noch etwas dauern, bis in Deutschland ein diesbezüglicher Digitalisierungsrückstand aufgeholt werden kann.
Nancy Schanda berät als Partnerin bei KPMG Unternehmen zu VAT-Technology-Fragen und verantwortet diesen Bereich für KPMG deutschlandweit. Christopher-Ulrich Böcker ist Partner bei KPMG und berät als Rechtsanwalt und Steuerberater sowohl nationale als auch internationale Unternehmen.