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Digitalisierung & KI

Standpunkte Die Zukunft der Eventbranche ist digital

Paul Philipp Hermann, CEO der Event Inc Group
Paul Philipp Hermann, CEO der Event Inc Group Foto: Viktor Strasse

Die Eventbranche kämpft mit steigenden Preisen und Personalmangel. Abhilfe schaffen könnte die Einführung digitaler Prozesse, schreibt Paul Hermann. Der Sektor sei komplett „unterdigitalisiert“ und müsse sich endlich zukunftsfit aufstellen, wenn eine Erholung nach den Jahren der Krise gelingen soll.

von Paul Philipp Hermann

veröffentlicht am 09.03.2023

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Die Pandemie liegt im Rückspiegel und unser Leben normalisiert sich wieder. Auch die besonders gebeutelte Veranstaltungsbranche erholt sich langsam von den Einschnitten der vergangenen Jahre. Doch Corona war in gewisser Weise nur die Spitze des Eisbergs: Steigende Inflation, explodierende Energiepreise und der allgegenwärtige Personalmangel machen der MICE-Branche (Meetings, Incentives, Conventions, Exhibitions) weiterhin zu schaffen – und der Rückstand bei der Digitalisierung bremst sie zusätzlich aus.

Die Branche steht unter personellem Druck

Dass an entscheidenden Stellen Leute fehlen, bestätigt auch der MICE-Report 2023, den wir gestern veröffentlicht haben und in dem wir die Entwicklung der Eventbranche in den Jahren von 2019 bis 2022 unter die Lupe genommen haben. Die Ergebnisse zeigen beispielsweise, dass 2019 noch rund 70 Prozent der Event-Anfragen bedient werden konnten. Dieser Wert ist zwischenzeitlich aufgrund von Personalengpässen bei hoher Nachfrage auf 40 Prozent gefallen. Außerdem zeigt die Analyse, dass angefragte Locations immer mehr Zeit benötigen, um auf Anfragen zu reagieren.

Die Nachfrage seitens der Veranstaltungsplaner:innen ist groß, doch gleiches gilt auch für die Personalengpässe auf Seiten der Anbieter. Während der Pandemie sind viele Arbeitskräfte aus der Eventbranche in andere Berufszweige abgewandert. Diese Entwicklung lässt sich nicht mehr umkehren, deshalb stehen auch viele Gastronomie- und Hospitality-Betriebe unter Druck. Im Niedriglohnsektor ist es besonders schwierig, ausreichend Personal zu finden – insbesondere, wenn man nicht mit Benefits wie Homeoffice-Regelungen werben kann. Event-Einkäufer:innen bekommen das deutlich zu spüren: 2023 könnten Preissteigerungen von bis zu 40 Prozent möglich sein.

Ressourcenfalle Veranstaltungsplanung

Das zentrale Problem: Die Planung und die Umsetzung von Veranstaltungen ist ein zeit- und personalintensiver Prozess – aus Sicht der Käufer:innen ebenso wie aus jener der Dienstleister:innen. Diese Entwicklung hat sich seit der Pandemie auch deswegen verschärft, weil Live-Events einen besonderen Mehrwert oder Erlebnisfaktor bieten sollen. Das setzt beide Seiten unter Druck.

Zur Einordnung: Ein analoger Planungsprozess beansprucht auf Unternehmensseite von der Recherche bis zur Abrechnung laut MICE-Report 2023 durchschnittlich 15 Stunden – die Skala ist nach oben offen. Dienstleister:innen stehen wiederum vor der Mammut-Aufgabe, mit weniger Personalressourcen neben dem normalen Betrieb administrative Aufgaben wie die Erstellung und Abstimmung von Angeboten, das Pricing und Abrechnungen abzuwickeln.

Digitalisierung als Schlüssel zu einer resilienten Eventbranche

Trotz dieser offenkundigen Probleme herrscht in der Branche eher eine „Weiter so!“-Stimmung vor, dabei ist es höchste Zeit, endlich ins Handeln zu kommen. Mehr als zwei Drittel der Event-Einkäufer:innen sehen das laut Studie auch so und wünschen sich mehr digitale Prozesse. Die Branche arbeitet noch wie vor 20 Jahren, entsprechend ist es unumgänglich, endlich die Digitalisierung ressourcenintensiver Prozesse auf beiden Seiten anzugehen.

Dann müssten die Mitarbeiter:innen in Unternehmen nicht mehr unnötig Zeit mit der Planung von Veranstaltungen verbringen. Und qualifiziertes Personal in Hospitality-Betrieben könnte jene Aufgaben übernehmen, die sich nicht digitalisieren lassen, wie den direkten Kontakt zu den Gästen.

Potenzial für digitale Prozesse gibt es an vielen Stellen: Digitale Plattformen, die unterschiedliche Locations und Dienstleistungen listen, erleichtern die Recherche und den Angebotsprozess. Ein digitales Kreditorenmangement sorgt außerdem dafür, dass die einzelnen Dienstleister:innen wie Fotograf:innen, Catering oder DJs nicht mehr separat angelegt werden müssen und die Compliance im Einkauf gewährleistet ist.

Auch (Tagungs-)Hotels könnten von digitalen Tools profitieren. Momentan findet in der Branche nur selten eine Optimierung der Preisgestaltung abhängig von Angebot und Nachfrage statt. Außerdem stehen Locations und Meetingräume oft leer, weil alternative Nutzungskonzepte fehlen und eine unkomplizierte Buchung über die Website nicht möglich ist. In Zeiten von Personalmangel, aufwendigen Teamevents und explodierenden Preisen muss die MICE-Branche endlich die Digitalisierung angehen, um zukunftsfähig zu bleiben.

Paul Philipp Hermann (Jahrgang 1982) ist CEO der Event Inc Group, einer digitalen Plattform für die Buchung und das Management von Firmenveranstaltungen. Zuvor war der Jurist unter anderem als Berater bei der Boston Consulting Group tätig.

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