Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) soll gemäß Informationen aus der FAZ mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) fusioniert werden. Begründet wird die Fusion mit der besseren Ausschöpfung knapper Ressourcen und den Chancen einer größeren Kooperation zwischen den beiden Behörden.
Auch wenn wir die Notwendigkeit, Synergieeffekte zu nutzen und dadurch knappe Ressourcen besser auszuschöpfen, sehr gut nachvollziehen können, so plädieren der Spitzenverband IT-Standards im Gesundheitswesen (SITiG) und die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS) dafür, die exzellente Expertise des DIMDI zu erhalten und möglichst sogar das Institut als Digital Health Agency auszubauen. Im Fall einer Fusion mit dem BfArM müssen die Netzwerke und Expertise des DIMDI auf jeden Fall in einer geeigneten Abteilung des BfArM einen herausragenden Platz erhalten.
DIMDI zentral für Digital Health
Das DIMDI stellt als Behörde im Ressort des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) hochwertige digitale Informationen für alle Bereiche des Gesundheitswesens zur Verfügung. So ist das DIMDI Herausgeber amtlicher medizinischer Klassifikationen und Arzneimittelterminologien, die für Digital-Health-Anwendungen wichtig sind – etwa die deutsche Version der ICD-10 für medizinische Diagnosen, LOINC für Laborwerte und UCUM für Maßeinheiten. Das DIMDI pflegt diese Klassifikationen und Terminologien innerhalb internationaler Netzwerke, wie der WHO und ISO.
Insbesondere durch die dringend notwendige und hoffentlich zeitnah umzusetzende, für ganz Deutschland geltende SNOMED CT-Lizenzierung (Tagesspiegel Background berichtete) und die damit verbundenen Aufgaben ergibt sich zukünftig ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich für den die Expertise des DIMDI unbedingt benötigt wird.
Spezifische Anforderungen einzelner Länder und Regionen oder auch sektorenspezifische Anforderungen werden vom DIMDI als zentrales Institut mit einer breiten Fachexpertise berücksichtigt, abgestimmt und veröffentlicht. Das DIMDI hat dafür geeignete Prozesse und Netzwerke, bestehend aus Vertretern der Selbstverwaltung, der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), der Industrie und der Standardisierungsorganisationen geschaffen. Mit diesen Prozessen und Netzwerken hat das DIMDI unter anderem maßgeblich zu den erfolgreichen Umsetzungen nationaler Digitalprojekte in vielen europäischen Ländern beigetragen.
Ärzteschaft und Wissenschaft setzt auf DIMDI-Datenbanken
Darüber hinaus entwickelt und betreibt das DIMDI datenbankgestützte Informationssysteme für Arzneimittel, Medizinprodukte, klinische Studien, Health Technology Assessment (HTA) und Versorgungsdaten. Ärzte und Wissenschaftler nutzen diese Datenbanken für ihre Studien und Veröffentlichungen.
Oberste Ziele des DIMDI sind dabei neben geeigneten Abrechnungsmethoden, die Patientensicherheit, die Verbesserung der Patientenversorgung sowie die Einhaltung regulatorischer Prozesse und die Unterstützung der Wissenschaft. Durch weltweit eindeutige, offene Abstimmungsprozesse mit Veröffentlichung aller Sitzungsprotokolle, Diskussionen und Abstimmungsergebnisse der Arbeitsgruppen pflegt das DIMDI eine transparente Governance-Struktur bei der Herstellung der Terminologien und Standards.
Fachexpertise nicht leichtfertig aufs Spiel setzen
Gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Digitalisierungsprojekte und des Digitale-Versorgungs-Gesetzes (DVG) müssen diese Rahmenbedingungen unter Einbeziehung der medizinischen und digitalen Fachlichkeit weiterhin gewährleistet werden. Nur mit der geeigneten fachlichen Expertise, insbesondere im Bereich medizinischer Terminologien und Standards, wird es gelingen, die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens zum Wohle der Patienten voranzubringen.
Wir plädieren daher für eine prominente Stellung der Fachlichkeit des DIMDI bei den anstehenden Digitalisierungsprozessen des Gesundheitswesens. Es wäre ein massiver Rückschritt für das digitale Gesundheitswesen in Deutschland, wenn die Netzwerke und Services des DIMDI durch eine wenig prominente Einbettung in das BfArM leiden würden.
Sylvia Thun ist Direktorin für eHealth und Interoperabilitität am Berliner Institut für Gesundheitsforschung/Berlin Institute of Health (BIH). Die Ärztin und Diplomingenieurin ist Expertin für nationale und internationale IT-Standards im Gesundheitswesen. Sie ist außerdem Professorin für Informations- und Kommunikationstechnologie im Gesundheitswesen an der Hochschule Niederrhein und aktuell Charité Visiting Professor. Den Beitrag hat sie verfasst in ihrer Funktion als Vorsitzende des Spitzenverbands IT-Standards im Gesundheitswesen (SITiG). Mitgewirkt daran hat auch GMDS-Präsident Andreas Stang (Universität Essen).