Digitale Datenautobahnen sind die Grundlage der Digitalisierung. Sie sind damit entscheidend für den Fortschritt und Wohlstand Deutschlands. Die Mobilfunkfrequenzen für diese Datenverkehrswege sind ein knappes Gut. Mehr mobile Endgeräte, mehr mobile Dienste und eine höhere Dienstqualität erfordern einen stetigen Kapazitätsausbau der Netze. In den kommenden zehn Jahren wird die Datennutzung Prognosen zufolge im Zeichen von KI und virtueller Realität um den Faktor 20 steigen. Aber: Eine zunehmende Anzahl an Mobilfunkzellen ist mit dem verfügbaren Funkspektrum bereits heute nah an der Belastungsgrenze.
Für die weitere Digitalisierung Deutschlands müssen die Netze in der Fläche und in der Kapazität umfassend verfügbar sein. Das erfordert eine verlässlich starke Frequenzausstattung. Unter den Akteuren im Mobilfunkmarkt wird in diesem Zusammenhang aktuell eine rechtliche, technische und zugleich emotionale Debatte über die künftige Bereitstellung von Funkspektrum geführt. Hintergrund ist eine für 2024 anstehende Entscheidung der Bundesnetzagentur über den Umgang mit auslaufenden Nutzungsrechten. Die Entscheidung hat maßgeblichen Einfluss auf die Versorgungsqualität für die Mobilfunknutzerinnen und -nutzer.
Im Stadtgebiet einer Großstadt wie Hamburg zeigt die wissenschaftliche Auswertung des Datenverkehrs eines bundesweiten Netzbetreibers im Tagesverlauf häufig eine Zellenauslastung von über 60 Prozent in allen verfügbaren Frequenzbändern. Bereits 75 Prozent werden als kritisch für stabile Services für die Nutzer angesehen. Das weitere Datenwachstum wird diese Auslastung schnell in Grenzbereiche bringen, weshalb alle Anbieter auch im städtischen Raum intensiv Standorte nachrüsten und neu aufbauen müssen.
Datenhunger treibt Kapazitäts- und damit Frequenzbedarf
Ein Wegfall oder selbst eine Umverteilung von verfügbarem Spektrum in bundesweiten Mobilfunknetzen würde unweigerlich unmittelbar zu massiven Versorgungsengpässen bei einzelnen Anbietern führen. Mehrere Millionen Menschen und Unternehmen würden eine Verschlechterung der Qualität mobiler Datenverbindungen erleben – insbesondere im ländlichen Raum, aber eben auch in Städten mit hoher Datennutzung.
Die Untersuchung zeigt auch: Alternative Lösungsansätze für die Aufrechterhaltung der Versorgung sind weder praktisch noch ökonomisch umsetzbar. Für viele Tausend dafür zusätzlich erforderliche Masten gibt es kaum geeignete Standorte und bekanntermaßen eine geringe gesellschaftliche Akzeptanz. Zudem ist die Geschwindigkeit des Netzausbaus durch verfügbares Fachpersonal und zum Teil jahrelange Genehmigungsverfahren begrenzt.
Angesichts der stetig steigenden Datennachfrage ist es schon allein zur Aufrechterhaltung des bisherigen Qualitätsniveaus wichtig, politische und regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen, die Planungssicherheit und klare Perspektiven bieten. Eine Maßnahme ist die Verlängerung der auslaufenden Nutzungsrechte von Mobilfunkspektrum für die Netzbetreiber. Diese Maßnahme kann einen wesentlichen Beitrag zur Gewährleistung der digitalen Zukunft Deutschlands leisten. Sie stellt sich als sicherste unter den verschiedenen Optionen dar. Dabei sind auch mögliche Auswirkungen abzuwägen. Eine Lösung muss sowohl im Interesse des Landes als auch seiner Bürgerinnen und Bürger sein und den Weg in ein digitales Zeitalter ebnen.
Peter Rost ist Professor für Verfahren der Nachrichtentechnik am Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) und beschäftigt sich seit vielen Jahren wissenschaftlich mit Mobilfunksystemen und deren Anwendungen.
Hinweis: Die zugrunde liegende wissenschaftliche Studie wurde vom Autor im Auftrag von o2 Telefónica im Zuge des Frequenzkonsultationsverfahrens der Bundesnetzagentur angefertigt. Eine nicht-vertrauliche Fassung der Studie ist auf den Webseiten der Bundesnetzagentur abrufbar.