Das europäische Klimagesetz bildet den Auftakt eines umfangreichen Paketes zur Entwicklung und Umsetzung des Europäischen Green Deal. Vor diesem Hintergrund wird es entscheidend darauf ankommen, ob das Klimaschutzgesetz klare Vorgaben und Instrumente enthält. Die wichtigsten Inhalte aus Sicht der Renewable Energies Federation sollten sein:
Zügiger Ausstieg aus fossilen Energien
Klimaneutralität muss eindeutig als Emissionsfreiheit definiert werden. Zwar gibt es industrielle Prozesse, die nach heutigem Stand der Technik noch nicht vollständig emissionsfrei gestaltet werden können. Deshalb muss unter Umständen die nachträgliche Entfernung von Emissionen aus der Atmosphäre und ihre anschließende Verwendung und notfalls Speicherung erwogen werden. Doch dies kann nicht das eigentliche Ziel des Gesetzes sein. Es muss darin bestehen, wo immer dies technisch möglich ist, Emissionen zu vermeiden.
In der politischen Realität wird dies den entscheidenden Unterschied ausmachen: Entweder baldigst auf emissionsfreie Technologien umstellen oder diese Umstellung verzögern und dabei die trügerische Hoffnung nähren, die Emissionen später zurückholen zu können. Im Klartext heißt das: konsequenter und zügiger Ausstieg aus fossilen Energie. Angesichts immer günstiger werdender erneuerbarer Energien ist dies auch die ökonomisch sinnvollste Variante.
Verbindlich für jeden Mitgliedsstaat
Das Klimagesetz muss das Ziel der Klimaneutralität im Sinne der Emissionsfreiheit bis spätestens 2050 für die EU und jeden einzelnen Mitgliedstaat rechtlich verbindlich verankern. Dabei sollte den Mitgliedstaaten die Freiheit bleiben, dieses Ziel auch deutlich früher anzustreben und zu erreichen. Auch muss ihnen die Wahl bleiben, mit welchem Mix aus Energieeffizienz und verschiedenen Technologien und Ressourcen der Erneuerbaren Energien sie das Ziel allein und/oder in Kooperation mit ihren Nachbarn erreichen wollen.
Zwischenziele mindestens für 2030 und 2040
Das Gesetz muss Meilensteine in Form von verbindlich zu erreichenden Zwischenzielen auf dem Weg zur Emissionsfreiheit bis 2050 festlegen. Als ersten Schritt bedeutet dies, die Festsetzung eines Reduktionszieles von mindestens 55 Prozent bis 2030, wie es die Kommission bereits angekündigt hat. Angesichts der sich verschärfenden Klimakrise wäre es notwendig, ernsthaft eine weitere Erhöhung des Ziels auf die von Nichtregierungsorganisationen vorgeschlagenen minus 65 Prozent zu prüfen. Weitere verbindliche Meilensteine – mindestens für 2040, wenn nicht in kürzerem Rhythmus – müssen schon jetzt im Gesetz festgeschrieben werden, um Planungs- und damit auch Investitionssicherheit zu schaffen.
Überprüfung früher als 2023
Das Klimagesetz muss die bisher für 2023 geplanten Überprüfungen der EU-Ziele für erneuerbare Energien und Energieeffizienz so weit vorziehen, dass sie bereits Bestandteil des Verfahrens zur Beschlussfassung über das Klimagesetz werden.
Ohne diese erhöhten konkreten Ziele bliebe das Klimagesetz stumpf, weil es die entscheidenden Weichen nicht stellen würde und damit Lösungen im Ungefähren ließe. Das Verfahren zur Anhebung der Ziele und Meilensteine sollte eng mit der Überarbeitung der nationalen Beiträge zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens (NDCs) verzahnt werden.
Nationale Klima- und Energiepläne müssen zum EU-Ziel passen
Im Sinne der Governance-Verordnung sollte das Klimagesetz von den Mitgliedstaaten die Vorlage von Klima- und Energieplänen zur Erreichung der Emissionsfreiheit verlangen. Diese Pläne müssen nicht nur zum EU-Ziel passende nationale Reduktionsziele und Meilensteine sowie glaubhafte Maßnahmen zu ihrer Erreichung enthalten. Sie müssen auch Ausführungen zum Ausbau der unterschiedlichen Technologien der erneuerbaren Energien in den verschiedenen Sektoren und vorgesehene Maßnahmen zur Steigerung der Energie-Effizienz enthalten. Nach Prüfung und – in Erweiterung der Governance-Verordnung – Billigung durch die EU-Kommission sollten die nationalen Dekarbonisierungspläne verbindlich und damit auch sanktionsbewehrt werden.
Ohne Fossile und Atom
Das Klimagesetz sollte eindeutig festhalten, dass Investitionen in fossile und atomare Energie nicht Bestandteile einer Investitionsstrategie zur Klimaneutralität sein können und daher ihre Förderung – auch nicht als „Brückentechnologien“ – durch direkte und indirekte Subventionen nicht als Bestandteil des European Green Deal angesehen werden kann.
Szenarien aktualisieren
Als Grundlage für eine transparente und hinreichend ambitionierte Festsetzung von Meilensteinen und Zielen auf dem Weg zur Emissionsfreiheit sollte die EU für ihre bisherigen Szenarien umgehend überarbeitete Berechnungen vorlegen, die die Kosten- und Verfügbarkeitsentwicklungen insbesondere von erneuerbaren Energien und Speichertechnologien angemessen berücksichtigen. Dazu gehört auch, dass – wie vom Europaparlament und von verschiedenen Mitgliedstaaten und Industrieverbänden gefordert – Szenarien mit dem Ziel einer zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basierenden Energieversorgung in einem transparenten Prozess entwickelt und durchgerechnet werden.
Zügige Umsetzung
Damit das Klimagesetz erfolgreich sein kann, muss es zügig auf den Weg gebracht und rechtzeitig vor der Klimakonferenz Ende des Jahres in Glasgow beschlossen werden. Es sollte der Auftakt sein für eine Beschleunigung der Energiewende hin zu Erneuerbaren und Effizienz in der EU. So wird Planungssicherheit für Bürger*innen und Investitionen geschaffen und so können nicht nur die Ziele des Pariser Abkommens erreicht, sondern hunderttausende von nachhaltigen und zukunftsfesten Arbeitsplätzen erhalten und neu geschaffen werden.
Der Gastbeitrag beruht auf einer Stellungnahme der European Renewable Energies Federation, dem Dachverband von Verbänden der erneuerbaren Energien, im Rahmen der EU-Konsultation zum Klimagesetz.