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Energie & Klima

Standpunkte Für einen „Green Deal“ mit Afrika

Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika- Vereins der deutschen Wirtschaft
Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika- Vereins der deutschen Wirtschaft Foto: Afrika- Verein der deutschen Wirtschaft

Europa muss seinen Klimaschutz mit dem Klimaschutz in Afrika verknüpfen. Das fordern Stefan Liebing und Christoph Kannengießer, der Vorsitzende und der Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Bisher hat der südliche Nachbarkontinent erst wenig zum globalen Ausstoß von Treibhausgasen beigetragen. Doch das könnte sich rasch ändern.

von Stefan Liebing

veröffentlicht am 31.01.2020

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Die aktuelle Klimapolitik in Deutschland beschäftigt sich intensiv mit nationalen Maßnahmen zur Reduktion von CO2-Emissionen. Diese Perspektive ist aber zu eng: Deutschland ist verantwortlich für 2,1 Prozent der globalen CO2-Emissionen. Im Fall einer Reduktion des deutschen CO2-Ausstoßes um 50 Prozent wäre eine Minderung aus globaler Perspektive von gerade einmal 0,9 Prozent erreicht. Zeitgleich werden jedoch weltweit 1400 neue Kohlekraftwerke geplant oder gebaut. Damit ist klar: Wirksam wird Klimapolitik nur, wenn sie die Verengung auf allein national wirksame Maßnahmen überwindet.

Dabei ist der Blick auch und besonders nach Afrika zu richten. Dort herrscht enormer Nachholbedarf in den Bereichen Energieversorgung, Mobilität, Infrastruktur und Industrialisierung. Erfreulicherweise geht die wirtschaftliche Entwicklung in vielen Ländern des Kontinents aufwärts und auch die Investitionen deutscher Unternehmen und die Handelsbeziehungen wachsen. Die positive wirtschaftliche Entwicklung, aber auch das Bevölkerungswachstum auf unserem südlichen Nachbarkontinent bergen jedoch das Risiko deutlich steigender CO2-Emissionen. Während Afrika selbst bis jetzt zu den hohen globalen CO2-Emissionen zum Klimawandel wenig beiträgt, könnte sich dies schon bald ändern. Dies gilt es zu verhindern. Das notwendige Wachstum in Entwicklungs- und Schwellenländern muss möglichst klimafreundlich gestaltet werden, sonst kommen schnell auf eine bei uns eingesparte Tonne CO2 zwei oder drei eben dort.

Die Bundesregierung und die EU haben erkannt, dass die Chancen und Herausforderungen, die uns Afrika stellt, lange unterschätzt worden sind. Die Politik stellt dabei die wirtschaftlichen Beziehungen zurecht immer stärker in den Vordergrund – nicht zuletzt weil sie sich davon zusätzliche Entwicklungsimpulse in Afrika verspricht. Mit den jüngst verbesserten Finanzierungsmöglichkeiten für den Mittelstand und der Erweiterung der staatlichen Garantieinstrumente ist die Bundesregierung einigen Forderungen der deutschen Wirtschaft nachgekommen. Wenn aus dem verstärkten Interesse deutscher Firmen an den Märkten Afrikas aber mehr konkrete klimafreundliche Projekte entstehen sollen, muss sie weitere Schritte unternehmen, um die deutsche Wirtschaft konkurrenzfähiger zu machen. Gerade asiatische Staatskonzerne treten oft mit günstigen alten und wenig umweltfreundlichen Technologien an. Dem muss mehr entgegengesetzt werden:

1. „Grüner Hermes“

Deutsche Unternehmen verfügen über umfangreiche Expertise auf dem Gebiet der klimafreundlichen Energieversorgung. Mit ihrem Know-how können sie afrikanische Staaten dabei unterstützen, deren wachsenden Bedarf durch erneuerbare Energien zu decken. Allerdings fehlen insbesondere dem deutschen Mittelstand weiterhin oft passende Finanzierungsinstrumente. Notwendig wäre die Einführung einer neuen Versicherung, eines „Grünen Hermes“, der die Finanzierung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien erleichtert und Investoren aus Deutschland gegen Zahlungsausfälle afrikanischer Stromabnehmer absichert. Mit einer solchen Absicherung wären Banken eher bereit, Kredite für derartige Projekte zu gewähren.

2. Klima-Bonus

Daneben könnten explizit klimafreundliche Projekte deutscher Unternehmen durch einen Klima-Bonus für konventionelle Hermesbürgschaften oder Investitionsgarantien attraktiver werden. Das kann zum Beispiel durch vergünstigte Prämien erreicht werden. Die inzwischen verbesserten Hermes-Konditionen für ein Dutzend afrikanische Länder reichen jedenfalls nicht aus.

3. Europäisch-afrikanisches Emissionshandelssystem

Die deutsche Wirtschaft leistet mit ihren Investitionen nicht nur einen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen und damit zur Entwicklung in Afrika. Mit der lokalen Herstellung von energiesparenden Produkten und klimaneutralen Erzeugnissen für den afrikanischen Kontinent – etwa durch die Produktion von E-Autos oder die Entwicklung von innovativen Mobilitätskonzepten– trägt sie zu einer klimafreundlichen Industrialisierung Afrikas erheblich bei. Um derartige Investitionen zu erleichtern und zu verstärken, müssen neben politischen auch ausgewählte wirtschaftliche Risiken durchInvestitionsgarantien des Bundes abgedeckt werden. Wir sind überzeugt, dass ein Emissionshandelssystem der richtige Weg ist, CO2 mit einem Preis zu versehen und so marktwirtschaftliche Anreize für den Einsatz CO2-armer Technologien zu schaffen. Während in der öffentlichen Diskussion häufig ein europäisches System genannt wird, glauben wir jedoch, dass es möglich sein sollte, auch den afrikanischen Kontinent einzubeziehen.

Die Beschlüsse zur Schaffung einer panafrikanischen Freihandelszone zeigen, dass die afrikanischen Regierungen zum gemeinsamen Handeln bereit sind. Eine Klimaschutzzone Afrika-Europa sollte auf dieser Basis zeitnah gemeinsam angegangen werden. Solange noch kein einheitliches System des Emissionshandels implementiert ist, könnte ein Anrechnungssystem helfen, bei dem Investoren aus Europa, die in Afrika klimafreundliche Projekte umsetzen und so zur Vermeidung weiterer Emissionen beitragen, einen Bonus in Form von Zertifikaten erhalten.

4. Deutsch-afrikanischer Wasserstoffpakt

Deutsche und europäische Investitionen in Afrika könnten dazu beitragen, dort klimaneutrale Primärenergieträger wie Wasserstoff herzustellen. Hier sollten in Kooperation von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zügig Initiativen ergriffen werden. Wir benötigen einen deutsch-afrikanischen Wasserstoffpakt, der die notwendigen Rahmenbedingungen setzt und Forschungsmittel zügig bereitstellt.

Die genannten Maßnahmen würden dazu beitragen, dass die Klimapolitik dort einen Schwerpunkt setzt, wo die größten Mengen an zukünftigen CO2-Emissionen vermieden werden können. Der Schlüssel zur Klimawende für Europa liegt in Afrika. Ein „Green Deal“ mit unserem südlichen Nachbarkontinent ist daher dringend notwendig.

Stefan Liebing ist Vorsitzender des Afrika- Vereins der deutschen Wirtschaft und geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens Conjuncta. Zuvor war er in Management-Funktionen in der Energiewirtschaft tätig, zuletzt bei EnBW. Liebing ist Mitglied des Bundesvorstands des Wirtschaftsrats der CDU.

Christoph Kannengießer ist Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Der Rechtsanwalt war seit 1995 in verantwortlichen Funktion bei Verbänden wie dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sowie als Hauptgeschäftsführer des Markenverbands tätig.

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