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Energie & Klima

Standpunkte Kommunen stärken, Klima sichern

Uwe Schneidewind und Erik Lierenfeld, die Oberbürgermeister von Wuppertal und Dormagen
Uwe Schneidewind und Erik Lierenfeld, die Oberbürgermeister von Wuppertal und Dormagen Foto: Fotoquellen: Stadt Wuppertal, Stadt Dormagen

Die Städte und Gemeinden sind Schlüsselakteure beim Umbau des Landes zur Klimaneutralität. Doch oft fehlen ihnen langfristig sichere Finanzen, um die Großaufgabe Klimawende zu stemmen. Uwe Schneidewind und Erik Lierenfeld, die Oberbürgermeister von Wuppertal und Dormagen, erläutern, warum es eine Grundgesetzänderung braucht, die stabile Investitionen in die Zukunft sichert.

von Uwe Schneidewind und Erik Lierenfeld

veröffentlicht am 14.03.2025

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Unsere 11.000 Städte und Gemeinden spielen eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz. Kommunale Wärmenetze, Straßenbau, öffentlicher Nahverkehr, Städtebau, kommunaler Wohnungsbau, die Planung und Pflege von Parks und Gärten und viele weitere ihrer Aufgaben beinhalten wichtige Weichenstellungen für die Emissionsfreiheit. Laut Umweltbundesamt haben die Kommunen damit - direkt oder indirekt - Einfluss auf bis zu einem Drittel aller Treibhausgasemissionen in Deutschland.

Doch die Transformation unserer Städte und Gemeinden zur Klimaneutralität stellt uns Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor große Herausforderungen, für die uns oft Personal und finanzielle Mittel fehlen. Der Grund: Klimaschutz ist für die Kommunen eine weitestgehend freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe. Wenn das Geld knapp wird, müssen wir zwangsläufig auch beim Klimaschutz sparen. Mittel von Bund, Ländern oder EU gibt es nur über zeitlich befristete Förderprogramme, sodass wir nicht langfristig und ambitioniert planen können.

Eine Grundgesetzänderung für Zukunftsinvestitionen

Die gute Nachricht ist: Die demokratischen Parteien des Bundestags haben jetzt die große Chance, diese Finanzierungssicherheit zu gewährleisten. Ein diese Woche veröffentlichtes Rechtsgutachten zeigt klare Wege für eine Grundgesetzänderung auf, die die nötigen Investitionen langfristig ermöglicht:

  • Im Grundgesetz Spielräume für öffentliche Zukunftsinvestitionen schaffen: Hier kann ein Sondervermögen Klimaschutz mit Kreditermächtigung von bis zu zwei Prozent des BIP rechtssicher über einen Artikel 143i im Grundgesetz umgesetzt werden.
  • Klimaschutz und Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe: Die Einführung von Klimaschutz und Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe in Artikel 91a Absatz 1 Grundgesetz ist der rechtssichere Weg für eine verlässliche und dauerhafte Finanzierung der Investitionsbedarfe der Kommunen für Klimaschutz und Klimaanpassung.

Mittel für die Einhaltung der Klimaziele fehlen

Zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprechen rund 85 Milliarden Euro, die infolge dieser Grundgesetzänderung jedes Jahr für Klimamaßnahmen zur Verfügung stehen würden. Eine gigantische Summe. Doch Experten sind sich einig, dass Investitionen in dieser Höhe nötig sind.

Nur einige Beispiele aus unserer kommunalen Perspektive: Städten und Gemeinden fehlen in den nächsten Jahren allein für Sanierungen öffentlicher Gebäude, Fernwärmeausbau und Naturschutz jährlich mindestens sechs Milliarden Euro. Zusätzlich gibt es für Klimaschutzmaßnahmen im öffentlichen Verkehrsbereich (ÖPNV, E-Mobilität und Radinfrastruktur) für Länder und Kommunen Mehrbedarfe von über sieben Milliarden Euro pro Jahr. Mittel, die die Kommunen dringend brauchen, um einen Beitrag zur Einhaltung der deutschen Klimaziele und der europäischen Vorgaben – wie etwa der neuen EU-Gebäuderichtlinie – leisten zu können.

Klimaschutz als staatspolitische Verantwortung

In den vergangenen Tagen war viel von staatspolitischer Verantwortung die Rede. Dabei ging es vor allem um Fragen der Verteidigungspolitik. Doch auch die Erderhitzung bedroht unseren Wohlstand und unsere Sicherheit in immer spürbarerem Maß. Waldbrände, Starkregen, Hitzetote, Ernteausfälle – in unseren Städten und Gemeinden sind die Folgen des Klimawandels bereits jetzt Wirklichkeit. Staatspolitische Verantwortung bedeutet aus unserer Sicht deshalb, anzuerkennen, dass Klimaschutz kein „nice to have“ ist, das sich die kommende Regierung leisten kann, wenn noch Geld übrig ist. Klimaschutz muss bei jeder Investition in Infrastruktur mitgedacht werden: Dient sie unserem Weg zur Klimaneutralität?

Der Bedarf an Investitionen für den Weg zur Klimaneutralität ist groß, doch er verspricht auch großen Gewinn, zum Beispiel Städte mit mehr Grünflächen und weniger Abgasen, eine von Importen unabhängige Energieversorgung mit sauberem Strom, Wohnungen und Häuser, die auch bei steigenden CO2-Preisen günstig beheizt werden können. Parteien, die ihrer staatspolitischen Verantwortung nachkommen, können jetzt, da Grundgesetzänderungen für Sondervermögen diskutiert werden, die Gelegenheit nutzen und den Kraftakt finanziell sichern, mit dem wir unser Land bis spätestens 2045 emissionsfrei machen können – und müssen.

Investitionen für ein besseres Leben

Stabil finanzierte Klimamaßnahmen in den Städten und Gemeinden lassen die Menschen tagtäglich ganz konkret erleben, was Klimaschutz ihnen persönlich bringt. Sanierte Schulen, gut getaktete Buslinien oder günstige Fernwärme machen ihr Leben spürbar besser. Insbesondere die Verankerung von Klimaschutz und Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz spielt aus Sicht von uns Bürgermeistern eine Schlüsselrolle für den Erfolg und die Akzeptanz bei der Klimawende. Es wäre ein großer Gewinn für uns alle, wenn diese Grundgesetzänderung nun möglich würde.

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