Im Rahmen der Energiewende kommen bereits jetzt große Veränderungen sowohl auf Netzbetreiber als auch auf Endverbraucher:innen zu. Da künftig immer weniger Gas – und dafür mehr Strom – nachgefragt wird, müssen die jeweiligen Netze angepasst werden. Allen voran müssen die Stromnetze ausgebaut und leistungsfähiger werden. Auf die sich verändernden Anforderungen an die Netzbetreiber reagiert die Bundesnetzagentur mit der Reform der Netzregulierung. Das grundlegende Ziel bleibt es, Monopolrenditen aufseiten der Netzbetreiber zu verhindern und somit private Haushalte vor überhöhten Netzentgelten zu schützen.
Mit den neuen Regelungen möchte die Bundesnetzagentur die Netzbetreiber zudem dabei unterstützen, die Herausforderungen der Energiewende zu meistern. Durch gezielte finanzielle Anreize soll die Effizienz gesteigert werden, sodass jede einzelne Investition den Netzkund:innen den größtmöglichen Nutzen bringt.
Aus Verbrauchersicht ist es wichtig, dass Ausbau und Betrieb der Netze so kostengünstig wie möglich gestaltet werden. Darüber hinaus braucht es einen schnellen und reibungslosen Anschluss, beispielsweise von Photovoltaikanlagen. Aber auch in der Kundenkommunikation sollte sich etwas tun: Netzbetreiber müssen gut für Verbraucher:innen erreichbar sein, um bei den persönlichen Herausforderungen im Zuge der Energiewende kompetent helfen zu können. Daher ist es gut, dass die Bundesnetzagentur die Netzbetreiber anreizt, eine höhere Kosteneffizienz, Energiewendekompetenz und guten Service bereitzustellen.
Kosteneffizienz und Nutzerfreundlichkeit in den Fokus
Die Bundesnetzagentur verändert die Anreizregulierung nicht grundlegend. Allerdings ermöglicht sie den Stromverteilnetzbetreibern (Jahre 2029 bis 2034), ihre Erlösobergrenzen im Hinblick auf die operativen Kosten jährlich anzupassen. Dies erleichtert es Netzbetreibern, Investitionen in Digitalisierung schneller geltend zu machen. Die Maßnahme unterstützt somit Netzbetreiber bei der Bewältigung der Kosten, die während der Energiewende anfallen. Wichtig wird es sein, dass diese Maßnahme zielgenau ist. Für die Verbraucher:innen wäre es gut, wenn die Netzbetreiber durch Digitalisierung ihre Prozesse nutzerfreundlicher gestalten. Allerdings müssen generelle Anreize zur Kostensenkung bestehen bleiben.
Stärkerer Effizienzvergleich dämpft langfristig Netzentgelte
Mit dem Effizienzvergleich zwischen verschiedenen Netzbetreibern reizt die Bundesnetzagentur einzelne Netzbetreiber an, ihre Kosten zu optimieren. In den Vergleich müssen daher möglichst alle Kosten der Netzbetreiber eingehen. Nur dann kann die Bundesnetzagentur die Betreiber durch finanzielle Anreize zu umfassenden Effizienzsteigerung drängen.
Die Bundesnetzagentur plant, die Kostenanteile, die nicht Teil des Effizienzvergleichs (KAnEu) sind, deutlich zu reduzieren. Demnach erkennt die Bundesnetzagentur nur noch folgende Kosten als KAnEu an: Kosten für vorgelagerte Netzebenen, für vermiedene Netzentgelte, für bestimmtes Personal und für intelligente Messsysteme.
Auf der anderen Seite sollen künftig beispielsweise die Redispatch-Maßnahmen der Stromverteilnetzbetreiber in den Effizienzvergleich eingehen. Über Redispatch wird die Leistungseinspeisung von Stromerzeugungsanlagen angepasst. Er wird eingesetzt, wenn eine Überlastung des Stromnetzes droht. In Zukunft müssten die Netzbetreiber durch die Einbeziehung der Kosten in den Effizienzvergleich zwischen der Abregelung von Einspeisespitzen oder zusätzlichem Netzausbau abwägen. Die geplanten Anpassungen der KAnEu stärken somit die Kosteneffizienz und können langfristig die Höhe der Netzentgelte dämpfen. Die Bundesnetzagentur sollte in diesem Punkt auf Kurs bleiben.
Hebel für Kostensenkung: Effizienzvergleich ausweiten
Etwa 75 Prozent der Netzbetreiber nutzen das vereinfachte Verfahren und nehmen somit nicht am Effizienzvergleich teil. Hier findet sich ein großer Hebel für stärkere Anreize zur Kostensenkung in der Regulierung. Das vereinfachte Verfahren sollte daher aus Sicht des Autors entweder aufgehoben werden – oder zumindest für deutlich weniger Netzbetreiber zugänglich sein.
Die Bundesnetzagentur orientiert sich beim Zugang zum vereinfachten Verfahren künftig nicht mehr an der Anzahl der angeschlossenen Kund:innen, sondern an einer wirtschaftlichen Kenngröße. Bei der Festlegung der Kenngröße sollte die Bundesnetzagentur sicherstellen, dass mehr Netzbetreiber am Effizienzvergleich teilnehmen. Dies würde im besten Fall zu mehr Kosteneffizienz bei vielen Netzbetreibern führen und könnte langfristig die Höhe der Netzentgelte für Verbraucher:innen dämpfen.
Verbraucherinteressen bei Qualitätsregulierung mitdenken
Da immer mehr Verbraucher:innen beispielsweise durch das Installieren von Photovoltaikanlagen aktiv an der Energiewende teilnehmen, gewinnt die Energiewendekompetenz und die Servicequalität ihrer Netzbetreiber immer mehr an Bedeutung. Die Bundesnetzagentur möchte mit der Qualitätsregulierung künftig mehr Anreize schaffen, um die Energiewendekompetenz der Netzbetreiber zu stärken. Sie weitet die Vorgaben der Qualitätsregulierung auch auf die kleinen Netzbetreiber aus.
Dies ist dringend notwendig, da sich dadurch endlich alle Netzbetreiber den Herausforderungen der Energiewende stellen müssen. Es mindert zudem das Risiko, dass bestimmte Verbraucher:innen auf längere Sicht schlechtere Bedingungen beim Netzanschluss, Netzzugang und bei der Servicequalität hinnehmen müssen. Allerdings muss die Bundesnetzagentur den Service der Betreiber in den Festlegungen zur Qualitätsregulierung stärker in den Blick nehmen. Verbraucher:innen sollte durch einen guten Service die Teilhabe an der Energiewende erleichtert werden.
Ausblick: Stromnetzkosten fair verteilen
Wir werden die Verbraucherperspektive weiterhin in die Diskussionen um die Weiterentwicklung der Netzregulierung einbringen. Die Energiewende kann nur gelingen, wenn Verbraucher:innen frühzeitig eingebunden und mitgenommen werden.
Mit Spannung erwarten wir daher im nächsten Schritt die Vorschläge der Bundesnetzagentur zur zukünftigen Netzentgeltsystematik. Denn nicht nur die Höhe der zu zahlenden Netzentgelte, sondern auch deren Verteilung hat entscheidenden Einfluss auf die Akzeptanz der Energiewende. Dafür müssen die Stromnetzkosten fair zwischen den privaten Haushalten und Industrie verteilt werden.