Robert Habeck, der Vorsitzende der Grünen, fordert die Einführung einer Kerosinsteuer und weiß sich damit auf einer Linie mit den Fridays-for-Future-Kids. Überhaupt haben Vorschläge für CO2-Steuern im Moment Konjunktur. Seitdem der Begriff in der klimapolitischen Debatte angekommen ist, glauben viele Akteure dieses Instrument auf alles anwenden zu müssen, was CO2 erzeugt. Eine bekannte Kommentatorin der ARD hat unlängst geäußert, die Deutschen müssten gezwungen werden, weniger zu fliegen und dafür sei eine Steuer das richtige Mittel. Wer so argumentiert, unterliegt einem großen Missverständnis.
Richtig ist, dass wir einen Preis für die Emission von CO2 brauchen. Entscheidend ist dabei aber, dass dieser Preis die gleiche Höhe für alle CO2-Emissionen hat. Deshalb reden Ökonomen immer davon, dass wir einen einheitlichen CO2-Preis brauchen. Der Hintergrund dafür ist, dass nur dadurch erreicht werden kann, dass Klimapolitik kosteneffizient erfolgt, die Vermeidung von CO2 also immer dort stattfindet, wo sie zu den geringsten Kosten möglich ist. Ohne Kosteneffizienz wird die Klimapolitik scheitern, denn nur bei effizientem Ressourceneinsatz schaffen wir es, so viel Treibhausgas einzusparen, wie notwendig ist, um die Erwärmung zu begrenzen.
Effizienz verlangt gleich hohe Vermeidungskosten
Ein CO2-Preis hat zur Folge, dass bei den Emittenten folgendes Kalkül abläuft: Wird eine Tonne CO2 emittiert, muss der Preis bezahlt werden. Wird die Emission vermieden, müssen Vermeidungskosten getragen werden. Solange diese niedriger sind als der CO2-Preis, lohnt sich die Vermeidung. Das hat den Effekt, dass alle Emissionsquellen Vermeidung so lange betreiben, bis gilt, dass die Vermeidungskosten gleich dem Preis sind. Wenn für alle Quellen der gleiche Preis gilt, dann bedeutet das, dass auch alle zu den gleichen Vermeidungskosten gelangen. Genau das aber ist die Bedingung, die sicherstellt, dass die Vermeidung insgesamt kosteneffizient erfolgt. Denn solange noch Unterschiede zwischen den Vermeidungskosten bestehen, lassen sich Kosten einsparen, indem man Vermeidung von den Quellen mit den höheren zu denen mit den niedrigeren Kosten Quellen verlagert. Erst, wenn das nicht mehr geht, weil die Vermeidungskosten überall gleich hoch sind, ist man in einer kosteneffizienten Situation.
Wenn wir also ein CO2-Steuer einsetzen wollen, um einen CO2-Preis zu schaffen, dann muss diese Steuer überall gleich hoch sein. Das wäre in Deutschland nicht so einfach zu erreichen, denn wir haben bereits CO2-Preise geschaffen. Vor allem durch zwei Instrumente: Die Energiesteuer und den Emissionshandel. Rechnet man die Energiesteuer, die auf den Liter Diesel beziehungsweise Benzin erhoben wird, auf die Tonne CO2 um, dann stellt man fest, dass wir CO2 bereits mit Preisen von 215 Euro (Diesel) und 328 Euro (Benzin) versehen haben.
Mitunter wird argumentiert, dass die Energiesteuer auf Benzin und Diesel keine CO2-Steuer sei, weil sie ja zumindest teilweise für den Straßenbau verwendet würde. Das ist keine überzeugende Argumentation, denn bei einer Steuer muss man die Frage, wie das Steueraufkommen verwendet wird, von der Frage trennen, welche Anreiz- und Lenkungswirkung die Steuer hat. Würde das gesamte Aufkommen der Energiesteuer in die Ausrüstung der Bundeswehr gesteckt, würde sich an der Wirkung der Steuer nichts ändern. Nach wie vor würde die Emission von CO2 mit einem Preis versehen, und jeder Autofahren würde wie zuvor abwägen, was günstiger ist: die Steuer zahlen oder CO2 vermeiden, indem er weniger fährt, oder sich ein verbrauchsärmeres Auto kauft.
Ein gut ausgebautes Straßennetz ist nicht Grund für Spritsteuern
Auch das Argument, die Autofahren sollten für den Straßenbau aufkommen, ist nicht überzeugend. Erstens werden sie durch die Kfz-Steuer bereits belastet, und zweitens haben alle Bewohner Deutschlands ein vitales Interesse daran, dass wir ein gut ausgebautes Straßennetz haben. Auch Fußgänger benötigen Güter, die über Straßen transportiert werden müssen und sind froh, wenn der Rettungswagen schnell zu ihnen gelangt, wenn sie in Not sind. Das sind gute Argumente für eine Finanzierung aus dem allgemeinen Steueraufkommen.
Aber nicht nur für Benzin und Diesel haben wir einen CO2-Preis. Wer mit Öl heizt, zahlt etwa 28 Euro pro Tonne CO2 und wer mit dem Flugzeug fliegt, ist mit einem CO2-Preis von 25 Euro dabei, weil die innereuropäische Luftfahrt dem Emissionshandel unterliegt. Eine einheitliche CO2-Steuer, die diese verschiedenen Preise ersetzt, hätte damit zur Folge, dass es zu einer massiven Verschiebung der Lasten des Klimaschutzes käme. Eine Steuer in Höhe von beispielsweise 100 Euro pro Tonne würde die Autofahrer massiv entlasten und die Mieter und Eigenheimbesitzer massiv belasten.
Eine Steuer dort zu erheben, wo der Emissionshandel greift, ist im Übrigen einigermaßen sinnfrei. Der Emissionshandel begrenzt die Emissionsmengen, denn die Politik legt bindend fest, wie viele Emissionsrechte pro Jahr ausgegeben werden. Sollten beispielsweise mehr Menschen auf die Idee kommen, innerhalb Europas das Flugzeug zu benutzen, geht das nur, wenn Emissionsrechte aus anderen Sektoren aufgekauft werden, die Emission also dort gespart wird.
Wer in Europa fliegt, muss kein schlechtes Gewissen haben
Deshalb muss niemand ein schlechtes Klimagewissen haben, der in Europa fliegt. Andersherum führt eine Kerosinsteuer zweifellos dazu, dass weniger geflogen wird. Allerdings spart das kein CO2, denn der Mechanismus funktioniert auch in der anderen Richtung: Die im Flugsektor nicht mehr gebrauchten Emissionsrechte gehen in die anderen Sektoren und werden dort genutzt. Wer daraus den voreiligen Schluss zieht, dass man dann eben den Emissionshandel abschaffen muss, der sollte sich erst einmal dessen Erfolgsbilanz ansehen. Die ist überragend. Es handelt sich um das weltweit erfolgreichste Klimaschutzinstrument überhaupt.
Die gegenwärtige Diskussion um die CO2-Steuer zeigt, dass viele Politiker und viele Kommentatoren nicht wirklich verstanden haben, worüber sie reden. Gute Klimapolitik setzt die Kenntnis relativ komplizierter Zusammenhänge voraus. Es wäre hilfreich, wären diese unter den Entscheidungsträgern besser bekannt.
Der Autor lehrt Volkswirtschaftslehre an der Universität Magdeburg und hat kürzlich ein Gutachten zur zukünftigen Klimapolitik vorgelegt.