In den vergangenen Monaten haben die Verhandlungen und die Regulierungen zum Schutz von Naturressourcen und zur Umkehrung des Verlusts biologischer Vielfalt von Südamerika über China bis hin zur Europäischen Union und den Vereinigten Staaten an Fahrt aufgenommen. Das zeigt sich zum Beispiel anhand der EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Produkten, dem Tropical Deforestation-Free Procurement Act der New York State Assembly oder dem Gipfeltreffen von acht Amazonas-Staaten im August. Dieser Trend ist sehr zu begrüßen.
Denn der Handlungsbedarf ist hoch, da in den letzten 50 Jahren laut Weltwirtschaftsforum ein Drittel des weltweiten Mutterbodens abgetragen wurde, 32 Prozent der weltweiten Waldfläche zerstört worden ist und mehr als 85 Prozent der Feuchtgebiete verloren gingen. Diese Verluste stehen im klaren Gegensatz zu den Bestrebungen in Politik und Wirtschaft, Emissionen zu reduzieren, um die Folgen des Klimawandels abzumildern. Denn dafür sind die Leistungen von Ökosystemen notwendig.
Rückgang der Lebensräume für die Hälfte der Verluste an biologischer Vielfalt verantwortlich
Laut der Umweltorganisation WWF sind die signifikantesten Gründe für das Verschwinden der biologischen Vielfalt der Lebensraumverlust durch immer ausgedehntere Landwirtschaft, Bergbau oder Städte, die Übernutzung der natürlichen Ressourcen beziehungsweise bestimmter Arten durch Überfischung und Wilderei, invasive Arten und Krankheiten, Umweltverschmutzung und der Klimawandel.
Angesichts weltweit unklarer Regulierungen für den Umgang mit unseren Ozeanen haben die Regierungen ihre Anstrengungen auf das Land und insbesondere auf die Bekämpfung der Entwaldung konzentriert. Die Vernichtung von Wäldern findet vor allem in Südamerika, Afrika südlich der Sahara, Südostasien und Ozeanien statt, so der aktuelle Fortschrittsbericht der Vereinten Nationen zu den UN-Entwicklungszielen. Die Nahrungsmittelproduktion spielt hierbei eine entscheidende Rolle, weil der Agrarsektor laut Studien hauptverantwortlich für die Abholzung ist.
Da fast 60 Prozent des Amazonasgebiets zu Brasilien gehören, ist die Wahl von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in diesem Jahr ein Hoffnungsschimmer hinsichtlich der Bekämpfung der Regenwaldabholzung. Trotzdem waren die insgesamt acht Regierungen des Amazonasgebiets bei ihrem Treffen in Brasilien im August immer noch nicht in der Lage, sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die Abholzung zu verpflichten. Ein potenziell wirksamerer Hebel könnten neue Vorschriften für Länder sein, die Produkte aus der Amazonasregion importieren, um sicherzustellen, dass diese entwaldungsfrei hergestellt werden.
Europäische Verbraucher mitverantwortlich für Entwaldung
Da europäische Verbraucher durch Importe von Agrarprodukten für circa 16 Prozent der Tropenwaldabholzung verantwortlich sind, hat die europäische Politik mit der Ende Juni in Kraft getretenen Verordnung zu entwaldungsfreien Produkten wichtige Maßnahmen ergriffen. Sie betrifft vor allem Rohstoffe, die mit der Produktion von Rindfleisch, Kaffee, Kakao, Palmöl, Kautschuk, Soja und Holz sowie deren Folgeprodukten wie Leder, Schokolade, Reifen und Möbeln verbunden sind. Jedes Unternehmen, welches solche Produkte in die EU einführen will, muss sicherstellen, dass dadurch nach 2020 keine Waldflächen gerodet wurden.
Erfreulich ist, dass Europa darüber hinaus Maßnahmen ergreift, um seine eigenen Naturressourcen zu erhalten. Für das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur hat sich im Juli das EU-Parlament ausgesprochen; nun gibt es Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission. Eine gute Übereinkunft ist wünschenswert, denn es zielt auf die Wiederherstellung von Lebensräumen, die Umkehr des Rückgangs von Bestäubern, die Wiederherstellung von entwässerten Torfgebieten, Seegras- und Meeresböden sowie die Verpflichtung ab, bis 2030 mindestens drei Milliarden zusätzliche Bäume in der EU zu pflanzen. Das alles ist auch für die Real- und Finanzwirtschaft hoch relevant, die zu hohen Prozentsätzen von funktionierenden Ökosystemen abhängen.
Regulierung zum Ozeanschutz dringend erforderlich
Unsere Ozeane hingegen scheinen ein weiterhin vergessenes Ökosystem zu sein, wenn es um ihren Schutz geht. Deshalb erachten wir es als dringend notwendig, dass Regierungen die Grundschleppnetzfischerei, den Meeresbodenbergbau, die Wal- und Haifischflossenjagd regulieren und Fischereisubventionen reduzieren, um die Rolle unserer Ozeane als Klimaregulator und Nahrungslieferant zu verbessern. Es reicht nicht, dass die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten nur empfiehlt, irgendetwas gegen Grundschleppnetze zu tun, ohne regulatorische Vorgaben zu machen.
Neben der Politik kommt auch Investoren eine wichtige Rolle beim Schutz dieser Ökosysteme zu: Sie sollten Themen wie Wald- und Meeresnutzung in ihre Engagements und Gespräche mit Unternehmen, in die sie investiert sind, einbeziehen. Im Hinblick auf Entwaldung könnten Portfolio-Unternehmen zum Beispiel dazu angehalten werden, Ziele für eine nachhaltigere Beschaffung und zur Beendigung der Abholzung festzulegen.
Bezüglich der Meere könnten Kapitalgeber die sogenannten Ocean-100-Unternehmen, die die Weltmeere am stärksten belasten, dazu ermutigen, den Plastikverbrauch zu reduzieren, die Wasserverschmutzung zu verringern und die Einführung nachhaltiger Fischereipraktiken zu fördern. Darüber hinaus könnten sich Investoren und Banken an die Finanzierungsprinzipien für eine nachhaltige blaue Wirtschaft halten. Sie könnten überdies die wissenschaftlich fundierten Zielsetzungen für die Meere der SBTI aufgreifen und durch die Einführung fortschrittlicher technischer Lösungen den Weg in eine nachhaltigere Zukunft für unsere Ozeane unterstützen.