Die transatlantische Politik zur Nachhaltigkeit wird sich mit der Rückkehr von Donald Trump ins Präsidentenamt deutlich auseinanderentwickeln. Mit der kompletten Kontrolle über das Repräsentantenhaus und den Senat sowie der Unterstützung der Ölindustrie wird der kommende US-Präsident sicherlich die umweltfreundliche Politik seines Vorgängers rückgängig machen, mit weitreichenden Folgen für den Planeten im Allgemeinen und die europäische Politik im Besonderen.
Erste Trump-Präsidentschaft mit ESG-Wachstum
Während Trumps erster Amtszeit erlebte ESG ein bedeutendes Wachstum, das in erster Linie durch die Marktnachfrage und nicht durch regulatorische Einflüsse angetrieben wurde – ein Beweis für seine Widerstandsfähigkeit und Relevanz. Heute jedoch wird ESG zunehmend als überzogen kritisiert: Unternehmen betreiben Greenwashing in vielen Bereichen, ohne Konsequenzen oder Rechenschaftspflichten. Die Politisierung von ESG, sichtbar in Initiativen wie dem „Anti-ESG-Gesetz“ in Texas, bei dem der Pensionsfonds-Anlagevertrag des Bundesstaates mit dem weltgrößten Vermögensverwalter Blackrock wegen angeblicher Vorurteile gegen Investitionen in die Öl- und Gasindustrie beendet wurde, verdeutlicht die bevorstehenden Herausforderungen.
Diese Rhetorik wird voraussichtlich im neuen US-Kongress wieder aufkommen und könnte Unternehmen unter Druck setzen, Konflikte mit der Legislative aus dem Weg zu gehen. Darüber hinaus erschwert die zuvor vorgeschlagene und später zurückgezogene SEC-Richtlinie zur Offenlegung von Scope-1- und Scope-2-Emissionen, kombiniert mit der unsicheren Zukunft von Gary Gensler als dem Vorsitzenden der Börsenaufsicht SEC das regulatorische Umfeld zusätzlich.
Nachhaltigkeit bleibt Investoren-Erwartung
Mit Blick auf die Zukunft wird die Rolle von ESG im Finanzwesen wahrscheinlich bestehen bleiben, wenn auch möglicherweise unter einem neuen Namen. Selbst wenn die erwartbaren Rechtsrahmensetzungen der neuen Trump-Administration nicht helfen, können es sich Unternehmen nicht leisten, den Marktdruck zu mehr Nachhaltigkeitstransparenz zu ignorieren.
Die Grundprinzipien von ESG werden erhalten bleiben, ob in der bisherigen Form oder unter neuem Namen, da Unternehmen weiterhin die Erwartungen der Investoren erfüllen werden müssen. Selbst wenn die Washingtoner Bundespolitik ESG nicht unterstützt, verfügen die US-Bundesstaaten über bedeutende Freiräume, ihre eigenen Regelungen zu treffen.
Kalifornien beispielsweise hat längst ehrgeizige Richtlinien für nachhaltige Finanzen eingeführt. International wird die Nachhaltige-Finanzen-Landschaft ebenso immer vielfältiger: So bewegt sich die Volksrepublik China in Richtung eines Modells, das den europäischen Standards folgt, während die Schweiz und das Vereinigte Königreich eigene Wege verfolgen. Europa bleibt in seinem Engagement für das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 standhaft und macht damit klar, dass regulatorische Ansätze unerlässlich sind, um die Klimaziele zu erreichen und die Finanzströme in nachhaltige Aktivitäten zu lenken.
Globales Restrisiko für ESG
Nachhaltige Finanzen sind mittlerweile tief in Finanzberichterstattungs- und Entscheidungsstrukturen der Unternehmen und Finanzinstitute verankert. Unabhängig von einer möglichen Umbenennung bleibt die Kernpriorität klar: Verantwortungsvolles, resilienteres Wachstum in einer sich stetig wandelnden globalen Landschaft zu fördern. Organisationen, die diesen Ansatz ernst nehmen, werden am besten in der Lage sein, Risiken zu managen, die Anforderungen der Investoren zu erfüllen und zu einer nachhaltigeren Zukunft beizutragen.
Vorausgesetzt natürlich, dass für Trump selbst die wirtschaftliche Macht der USA nicht ausreichen wird, um die Uhr um einige Jahrzehnte zurückzudrehen. Dass dies allerdings beabsichtigt ist, zeigte die Wahlkampfrhetorik Trumps und seiner Republikanischen Partei. Somit besteht zumindest noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass es – wie schon so oft bei Trump – alles ganz anders kommt, als es sich selbst Experten vorstellen können.