Israel ist eines der führenden Länder in Sachen Digitalisierung des Gesundheitswesens. Im Digital-Health-Index belegt es den vierten Platz – knapp hinter Dänemark und noch vor Ländern wie Schweden, Großbritannien und Australien. Mit 159 Investments im Jahr 2022 ist die Life-Sciences- und Health-Tech-Szene eine der drei wichtigsten des Landes. In den letzten Jahrzehnten konnte ich hautnah miterleben, wie der israelische Health-Tech-Sektor ein beeindruckendes Wachstum verzeichnete.
Dieses Wachstum ist kein Zufall und auch nicht nur dem Entrepreneurship-Geist zu verdanken. Dahinter steckt ein Umfeld, das Innovationen und Unternehmertum fördert, auch politisch. Die Israel Innovation Authority (IIA), eine unabhängige, öffentlich finanzierte Institution, ist ein herausragendes Beispiel dafür. Die Agentur stellt gezielt Maßnahmen und Initiativen zur Förderung von Start-ups bereit. Dazu gehören Programme, die immer mehr Israelis dazu motivieren, ihr eigenes Unternehmen zu gründen. Der Life-Science-Sektor war zwischen 2018 und 2021 einer der von der IIA am stärksten geförderten Sektoren. Die Behörde hat in diesem Zeitraum rund 50 Milliarden Euro in den Sektor investiert, was ein Drittel aller Zuschüsse darstellt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Gab es im Jahr 2015 etwas mehr als 1.300 registrierte Health-Tech-Unternehmen, so stieg die Zahl bis 2022 um etwa ein Drittel auf über 1.800.
Besonders mit einem Förderprogramm, dem „Digital Health Initiative“, macht sich das Land für die Digitalisierung der Gesundheit stark: Möglich macht es die Tatsache, dass diagnostische und therapeutische medizinische Daten seit den 1990ern gesammelt werden.
Über 25 Jahre Gesundheitsdaten fordern F+E und Austausch
Kaum ein anderes Land hat bereits so frühzeitig auf Digitalisierung im Gesundheitswesen gesetzt. Schon im Jahr 1995 begann Israel mit dem digitalen Übertragen von Gesundheitsdaten. Seit 2022 sind diese Daten Technologiepartnern zugänglich: Die im Mai 2022 beschlossene „Digital Health Initiative“ fördert Kooperationsprojekte zwischen der Health-Tech-Industrie und dem Gesundheitssystem, indem es Technologienpartnern und Forschungszentren ermöglicht, medizinische Daten für Erkenntnisse, Analysen, Validierungen und Versuche zu nutzen.
Diese über die letzten 28 Jahre gesammelten medizinischen Daten liefern wertvolle Erkenntnisse für Forschung und Innovation. Das hat dazu geführt, dass zahlreiche multinationale Unternehmen Forschungs- und Entwicklungszentren in Israel etabliert haben. Über 500 von ihnen, darunter Google, Facebook oder Microsoft, aber auch Pharmafirmen wie Novartis oder Medizintechnik-Riesen wie Medtronic, unterhalten in Israel Forschungs- und Entwicklungszentren. Dies ist die höchste Dichte an Forschungs- und Entwicklungszentren außerhalb des Silicon Valleys. Eine Win-Win-Situation, auch für die örtlichen Start-ups, denn diese Präsenz erleichtert den Austausch und somit den Zugang zu globalen Märkten.
Go West? Nicht nur
Vielleicht ist das einer der Gründe, warum viele junge Unternehmen aus der „Start-up Nation“ in die USA expandieren. International erfolgreiche Health-Start-ups wie unsere Portfolio-Unternehmen RedDress Medical und Revital Vision, oder andere wie K Health und OrCam Technologies zum Beispiel haben dort ein zweites Standbein aufgebaut. Die israelischen Gründer sind sehr offen neuen Märkten gegenüber. Außer USA sind Brasilien und Australien beliebte Expansionsmärkte. Besonders im Healthcare-Bereich bestehen zudem sehr enge Kooperationen mit Indien.
Und Europa? Auch Europa fördert zunehmend technologische Entwicklungen. Das macht sich bemerkbar: Europa, auch Deutschland, rückt zunehmend in den Fokus der Start-ups, die auch in Deutschland großes Marktpotenzial sehen. Entscheidend ist in diesem Bereich aus meiner Sicht der Drive, der von Risikokapitalgebern ausgeht. Je mehr von ihnen sich für den israelischen Markt interessieren, desto mehr fühlen sich israelische Start-ups darin bestärkt, ihren Blick weiter auf den europäischen Markt zu richten. Das kommt beiden Seiten zugute. Jüngstes Beispiel: In RedDress Medical haben kürzlich neben InnoSource Ventures ein deutscher Investor investiert – und, nebenbei, auch ein Family Office aus Dubai. Von Deals wie diesen brauchen wir mehr.
Adina Krausz ist Gründungspartnerin und CEO von InnoSource Ventures.