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Standpunkte Ohne Hilfsmittel drohen Millionen weitere krankheitsbedingte Ausfälle

Detlef Möller ist Aufsichtsratsvorsitzender rehaVital
Detlef Möller ist Aufsichtsratsvorsitzender rehaVital Foto: Sanitätshaus Stolle

Die Hilfsmittelversorgung sei nicht optimal, schreibt Detlef Möller, Aufsichtsratsvorsitzender von rehaVital, in seinem Standpunkt. Die Bürokratie bremse Sanitätshäuser aus. Einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach zufolge könnten jedoch 47 Prozent der Befragten dank Hilfsmitteln wie Bandagen oder Orthesen früher an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.

von Detlef Möller

veröffentlicht am 19.11.2024

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Der Krankenstand in Deutschland hat ein Rekordhoch erreicht, was den ohnehin herrschenden Fachkräftemangel zusätzlich verschärft. Es wird viel über mögliche Lösungen diskutiert. Ein wichtiger Hebel bleibt in der Debatte jedoch unterrepräsentiert: die Versorgung und Prävention mit medizinischen Hilfsmitteln. Dabei liegt hier großes Potenzial.

Etwa ein Viertel der gesetzlich Versicherten in Deutschland ist auf solche Hilfsmittel angewiesen. Oft wird hierbei nur an Rentner mit Rollatoren oder Rollstühlen gedacht, doch insbesondere Hilfsmittel wie Bandagen, Einlagen und Orthesen machen einen bedeutenden Anteil der Versorgungen aus. Gerade diese gesundheitserhaltenden Hilfsmittel entlasten bei Schmerzen, mindern Verschleiß und verhindern Operationen, sodass Menschen schneller und aktiver wieder am Arbeitsleben teilnehmen können.

Die Potenziale von Hilfsmitteln im Kampf gegen den Fachkräftemangel

Die aktuelle Situation ist alarmierend: Laut Statistik hatten Arbeitnehmer im Jahr 2022 im Schnitt 15 Fehltage aufgrund gesundheitlicher Probleme, was einer Steigerung von über 60 Prozent innerhalb eines Jahrzehnts entspricht. Allein Rückenprobleme verursachten im vergangenen Jahr nur bei der Techniker Krankenkasse bereits 7,5 Millionen Fehltage.

Gerade hier kommen die Sanitätshäuser ins Spiel: Über 54 Prozent der Versorgungen betreffen Menschen im erwerbsfähigen Alter, und bei präventiven Produkten wie Einlagen oder Bandagen liegt dieser Wert sogar bei 61,5 Prozent. Im Jahr 2023 versorgten Sanitätshäuser in Deutschland schätzungsweise acht Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter mit solchen Hilfsmitteln, wie aus Zahlen der rehaVital Gesundheitsservice GmbH, einer der größten deutschen Verbundgruppen im Bereich medizinischer Hilfsmittel, abzuleiten ist. Auch wenn nicht alle dieser acht Millionen Patienten ohne Hilfsmittel arbeitsunfähig wären, ist der Einfluss auf den Arbeitsmarkt erheblich. Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach konnten 47 Prozent der Befragten dank Hilfsmitteln wie Bandagen oder Orthesen früher an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Zudem berichteten 25 Prozent, dass sie aufgrund einer Orthese oder Bandage sogar auf eine Operation verzichten konnten. Hilfsmittel reduzieren Fehlzeiten also effektiv.

Diese Zahlen verdeutlichen die zentrale Rolle, die Sanitätshäuser dabei spielen, die Arbeitsfähigkeit nach Verletzungen oder Erkrankungen schnell wiederherzustellen. Besonders wichtig ist aber auch der präventive Aspekt. Hilfsmittel spielen eine entscheidende Rolle bei der Vorbeugung von Erkrankungen wie Rückenschmerzen und Verschleißerscheinungen. Hilfsmittel leisten nicht nur einen Beitrag zur Rückkehr an den Arbeitsplatz, sondern wirken auch präventiv und vermeiden die Notwendigkeit von Schmerzmitteln und Operationen. So benötigen 61 Prozent der Patienten, die Bandagen oder Orthesen verwenden, weniger Schmerzmittel, und ein Viertel konnten sogar auf eine Operation verzichten. Dies entlastet nicht nur die Patienten, sondern auch das Gesundheitssystem. Einige Betriebskrankenkassen bieten daher bereits verstärkt Hilfsmittel zur Prävention an, um Ausfallzeiten gar nicht erst entstehen zu lassen. Dennoch bleibt hier viel Potenzial ungenutzt, und eine seit Jahren zu beobachtende fortlaufende gesundheitspolitische Ignoranz gegenüber den Leistungen und Möglichkeiten der Versorgung durch Sanitätshäuser leistet hierzu einen erheblichen Beitrag.

Bürokratie bremst Sanitätshäuser aus

Hinzu kommt: Die Branche leidet unter hohen bürokratischen Hürden. Fast 70 Prozent der Sanitätshäuser berichten laut einer aktuellen Branchenumfrage, dass sie mehr als 30 Prozent ihrer Arbeitszeit allein mit Verwaltungsaufgaben verbringen. Tendenz steigend. Statt Patienten zu versorgen, verschwenden Mitarbeiter Zeit mit Formularen. In einer Zeit, in der der Fachkräftemangel auch die Hilfsmittelversorgung betrifft, ist das eine doppelte Belastung. Besonders fatal wirkt sich der bürokratische Wildwuchs in den über 1000 Einzelverträgen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringer aus. Was ursprünglich als Förderung des Wettbewerbes zu Gunsten des Patienten gedacht war, hat sich auf administrativer Ebene zu einem bürokratischen Albtraum entwickelt. Dabei sind die relevanten rechtlichen und vertraglichen Aspekte dieser Versorgungsverträge gesetzlich vorgegeben. Die rein administrativen Teile der Verträge ähneln sich daher in ihrem Kern bereits jetzt stark. Statt dies jedoch für eine sinnvolle Vereinheitlichung zu nutzen, führen die Einzelverhandlungen mit den Krankenkassen zu unzähligen Detailabweichungen bei administrativen Fragen wie zum Beispiel Formularen und Abrechnungsmodalitäten. Die Folge ist ein überbordender bürokratischem Aufwand auf beiden Seiten ohne Mehrwert für die Patienten.

Eine Lösung für diese bürokratischen Probleme wäre ein bundesweit einheitlicher „Administrativer Rahmenvertrag“. Dieser würde die allgemeinen Rechtsbeziehungen festlegen und die Rechte und Pflichten zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern einmalig einheitlich und verbindlich regeln. Ein solcher Vertrag würde nicht nur den Verwaltungsaufwand reduzieren, sondern auch die Qualität der Patientenversorgung steigern. Zugleich könnten sich die separaten Verhandlungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringer künftig auf Preise und Leistungen konzentrieren und damit wieder positive Wettbewerbseffekte generieren.

Ein Vorschlag zur Entlastung: Der Administrative Rahmenvertrag

Durch die Einführung eines „Administrativen Rahmenvertrags“ profitieren alle Beteiligten: Die gesetzlichen Krankenversicherungen würden durch einen geringeren Verwaltungsaufwand Kosten sparen, während Sanitätshäuser schnellere Genehmigungsverfahren umsetzen könnten und mehr Zeit für die eigentliche Patientenversorgung frei würde. Für die Versicherten bedeutet das eine schnellere und qualitativ hochwertige Versorgung ohne zusätzliche Beitragserhöhungen. Und schließlich würde der Ansatz auch positive Auswirkungen auf die Wirtschaft insgesamt haben, indem die Rückkehr von Arbeitnehmern an den Arbeitsplatz beschleunigt wird, der Fachkräftemangel gelindert und so die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland gestärkt wird.

Die Politik ist gefordert. Der „Administrative Rahmenvertrag“ muss in verankert werden, um die Versorgung effizienter zu gestalten und den Fachkräftemangel anzugehen. Lassen Sie uns gemeinsam die Bürokratie-Fesseln sprengen und den Weg für eine bessere Gesundheitsversorgung sowie eine stärkere Wirtschaft ebnen. Der „Administrative Rahmenvertrag“ ist nicht nur eine Notwendigkeit – er ist eine Chance, die wir nicht länger verstreichen lassen dürfen.

Detlef Möller ist gelernter Orthopädiemechaniker und seit Ende 1989 Meister dieses Handwerks. Seit 1996 ist er geschäftsführender Gesellschafter der STOLLE Sanitätshaus GmbH & Co. KG sowie derer Tochterfirmen INCORT GmbH & Co. KG und Orthopädietechnik Hamburg GmbH. Beim Leistungserbringerverband rehaVital ist er seit 2009 Mitglied des Aufsichtsrates und steht diesem seit 2010 als Vorsitzender vor.

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