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Standpunkte Patient Journey verstehen

Uwe Pranghofer, Head of Healthcare Business bei Avaya
Uwe Pranghofer, Head of Healthcare Business bei Avaya Foto: Avaya

Nach wie vor hängt die Digitalisierung in Teilen des Gesundheitswesens hierzulande hinterher. Dabei wären digitale Lösungen sowohl für Pflegepersonal als auch Patient:innen dringlich geboten – gerade jetzt. Uwe Pranghofer, Head of Healthcare Business bei Avaya, erklärt, wie ein umfassendes Verständnis der Patient Journey dabei hilft, Lücken und Nachholbedarf aufzudecken, um für Besserung zu sorgen.

von Uwe Pranghofer

veröffentlicht am 15.11.2022

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Im Zuge der zunehmenden Digitalisierung der Prozesse im Klinikalltag stößt man immer wieder auf den Begriff der „Patient Experience“ oder „Patient Journey“. Analog zur „Customer Experience“ und „Customer Journey“ bezieht sich der Begriff auf das gesamte Patientenerlebnis. Dazu gehören alle Kontaktpunkte von der Terminvereinbarung bis zur Nachkontrolle, von der Notversorgung bis zum Anruf bei der Krankenversicherung sowie jegliche weitere Kommunikation mit Akteuren im Gesundheitswesen.

Die Digitalisierung hat die Betrachtung in dieser Gesamtheit sinnvoll und notwendig gemacht, da alle Schritte und Kontaktpunkte miteinander vernetzt werden können. So wäre ein durchgängiges digitales Patientenerlebnis möglich, bei dem die Patient:innen im Mittelpunkt stehen. Bislang ist aber in dieser Hinsicht erschreckend wenig passiert.

Warum ist dies so? Wie ich nicht müde werde zu sagen: Digitalisierung muss in den Köpfen der Entscheidenden beginnen. Doch oft ist in diesen Köpfen noch keine Einigkeit vorhanden. Vor allem über die Frage, ob Patient:innen „Kund:innen“ sind, haben Entscheidende offensichtlich noch keinen Konsens erzielt.

Die unterschiedlichen Akteure – Kliniken, niedergelassene Ärzt:innen, Krankenversicherungen usw. – betrachten mögliche Lösungsansätze häufig nur im Kontext ihrer eigenen Kompetenzen. Viele Kliniken beklagen daher, dass es zwar mitunter passende Lösungen am Markt gibt, diese jedoch keine Durchgängigkeit bieten. Dadurch entstehen digitalisierte, aber nicht-vernetzte Inseln, sodass es in der Healthcare-Digitalisierung für Patient:innen nur langsam vorangeht.

Erste Schritte zur weitreichenden Vernetzung

Dabei wäre es sinnvoll und möglich, im Zuge der Digitalisierung alle Schritte und Kontaktpunkte der Patient Journey miteinander zu vernetzen. So gibt es beispielsweise bereits Plattformen, auf denen Arztpraxen und Kliniken sich anmelden können, um ihre Terminvergabe zentral online zu steuern. Die Patient:innen können dann für sich und sogar ihre Angehörigen mit wenigen Klicks einen Termin buchen – vor Ort oder, wo angeboten, als Videosprechstunde. Im Vorfeld ist es möglich, wichtige administrative Fragen zu klären, die Art der benötigten Untersuchung auszuwählen und Dokumente sicher zu teilen, sodass der Arztbesuch selbst auf den medizinischen Vorgang fokussiert ist. Dadurch können Ärzt:innen ihre Auslastung besser planen, die Wartezeiten werden kürzer. Um No-Show-Termine oder lange Wartezeiten zu vermeiden, können die Einrichtungen ihre Patient:innen an die bevorstehenden Termine unkompliziert erinnern.

Denken wir dann an die elektronische Patientenakte (ePA) und das E-Rezept, erweitert sich das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten noch mehr. So könnten Patient:innen über eine digitale Plattform alles erledigen: die Termine buchen, die relevanten Dokumente hinterlegen – Überweisungen oder Diagnosematerial etwa – und schließlich in Apotheke oder Sanitätshaus das Rezept vorzeigen. Die behandelnden Ärzt:innen hätten darüber hinaus stets alle relevanten Informationen auf einen Blick, beispielsweise frühere Diagnosen und Behandlungen.

Ähnlich sieht es aus bei der Patient Journey, wenn ein Krankenhausaufenthalt unumgänglich ist. Auch hier könnten die zuständigen Akteure mit entsprechenden digitalen Anwendungen den gesamten Behandlungsverlauf von der Einweisung bis zur Nachkontrolle bei der Haus- oder Fachärzt:in bündeln und vereinfachen.

Wie kann die Gesamtbetrachtung der Patient Journey den Akteuren helfen?

Diese Vernetzung würde ein durchgängiges digitales Patientenerlebnis ermöglichen. Patient:innen hätten jederzeit Zugriff auf alle für sie relevanten Informationen und Services und vereinfachte Möglichkeiten der Kontaktaufnahme. Auf der anderen Seite würde der administrative Aufwand für Kliniken, Krankenversicherer und andere Akteure deutlich sinken. Das macht mehr Zeit für Pflege und medizinische Beratung frei.

Insgesamt hilft ein (teil-)automatisierter schneller, transparenter Informationsfluss dabei, Fehler zu reduzieren und letztlich die Qualität für alle Beteiligten zu verbessern. Bei der Dokumentation in Kliniken ist beispielsweise der Digitalisierungsgrad noch homöopathisch gering. Ein Tablet oder ein Smartphone, das direkt vor Ort genutzt werden könnte, verwenden laut einer Avaya-Studie gerade einmal fünf Prozent der Klinik-Mitarbeitenden. Patientendaten müssen aber schnell und von überall aus verfügbar sein, um die analoge oder doppelt geführte Dokumentationsarbeit und damit zusammenhängende Fehler zu reduzieren. Das wäre durch eine flächendeckende Ausstattung mit Mobilgeräten und entsprechenden Anwendungen schon heute möglich.

Gegenwärtig stockt häufig noch der Informationsdurchfluss zwischen unterschiedlichen Institutionen, etwa Versicherern und Hausärzt:innen oder Kliniken. Dieser Informationsfluss sollte dabei aber automatisiert funktionieren, da Papier und händische Eingaben für Fehler und zusätzlichen Aufwand sorgen. Die Prozessautomatisierung beschleunigt, vereinfacht und vergünstigt die Kommunikation und deren Qualität.

Die ePA ermöglicht allen Ärzt:innen und Gesundheitsinstitutionen den direkten Zugriff auf alle relevanten Patienteninformationen. Die Datenstruktur ist dabei standardisiert und sämtliche Interaktionen werden rechtssicher dokumentiert. Mit ihrer Hilfe können Sachbearbeiter:innen in Echtzeit alle Chats, Dokumentationen und Freigaben zu einem Vorgang automatisiert zusammenfügen und die Folgeprozesse anstoßen.

Schauen die Gesundheitsakteure also über den Tellerrand hinaus, um die gesamte Patient-Journey mit allen Kontaktpunkten zu verstehen, dann hilft das beiden Seiten. Kennen sie die Bedürfnisse, können sie mit der Einführung vernetzter, patientenzentrierter Lösungen reagieren. Das würde schließlich die Beratungsqualität und damit die Patientenzufriedenheit noch einmal signifikant verbessern. Denn wie wir alle wissen: Zufriedene Kund:innen sind gute Kund:innen – das gilt sowohl bei der Patient Journey als auch bei der Customer Journey. Und wenn Patient:innen mit ihren Gesundheitsdienstleistern zufrieden sind, kann das etwas Druck aus der politischen Debatte nehmen.

Uwe Pranghofer ist Head of Healthcare Business bei der Avaya GmbH & Co. KG.

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