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Standpunkte Vorsorge muss Vorrang haben

Chatib Basri
Chatib Basri
 Sabin Nsanzimana
 Sabin Nsanzimana
Priya Basu
Priya Basu
Chatib Basri ist Co-Chair des Pandemic Fund und ehemaliger Finanzminister Indonesiens, Sabin Nsanzimana ist Co-Chair des Pandemic Fund und Gesundheitsministers Ruandas und Priya Basu ist Executive Head des Pandemic Fund

Die heute in Genf beginnende Weltgesundheitsversammlung markiert einen wichtigen Meilenstein für gemeinsames globales Handeln. Denn die mögliche Verabschiedung des Pandemieabkommens verleiht dem Prozess erneut Dynamik. Doch Pandemievorsorge darf nicht auf Vereinbarungen warten – sie muss jetzt beginnen, und dort, wo es am wichtigsten ist: in den Ländern.

von Chatib Basri, Sabin Nsanzimana & Priya Basu

veröffentlicht am 19.05.2025

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Die vergangenen Jahre haben die menschlichen und wirtschaftlichen Kosten mangelnder Vorbereitung deutlich gemacht. Die Pandemie hat Gesundheitssysteme massiv unter Druck gesetzt, vielerorts sind die Gesundheitsausgaben unter das Vorkrisenniveau gefallen. Zugleich kommt es immer wieder zu Ausbrüchen von Ebola, Marburg, H5N1-Vogelgrippe und anderen Krankheiten – ein klarer Hinweis auf die anhaltende und unvorhersehbare Natur von Pandemierisiken. Diese Bedrohungen treffen auf eine Welt im Zeichen zunehmender Konflikte, wachsender fiskalischer Belastungen und knapper Entwicklungsfinanzierung. In Zeiten begrenzter Budgets und konkurrierender Prioritäten braucht Pandemieprävention und -vorsorge (PPR) neue Ansätze – anstoßend, besser koordiniert und getragen von ländereigener Verantwortung.

Drei Prioritäten, die helfen, die bestehende Dynamik in konkreten Fortschritt zu übersetzen: Erstens braucht wirksame Vorsorge eine koordinierte Finanzierung, die einen Multiplikatoreneffekt auslöst. In der globalen Debatte über Gesundheitsfinanzierung zeichnet sich ein Wandel ab – hin zu mehr Kohärenz, Effizienz und ländereigener Verantwortung. Diese Prinzipien sind in der Lusaka Agenda verankert und finden breite Unterstützung bei Ländern und Partnern. Sie bilden auch das Fundament, auf dem der Pandemic Fund gegründet wurde.

Erster multilateraler Finanzierungsmechanismus

Der Pandemic Fund ist der erste multilaterale Finanzierungsmechanismus zur gezielten Unterstützung von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen im Bereich PPR. Er fördert die sektor- und grenzübergreifende Zusammenarbeit – etwa mit Entwicklungsbanken, UN-Organisationen sowie regionalen und globalen Gesundheitsinitiativen. Seine Mittel erreichen 75 Länder und basieren auf nationalen Plänen, die von Gesundheits- und Finanzministerien getragen und in bestehende Systeme eingebettet sind. Mit Fokus auf katalytische Finanzierung und Multiplikatoreffekte mobilisiert der Fonds zusätzliche Mittel, stärkt die Koordination und fördert gezielt Investitionen in Überwachung, Labore und Fachkräfte.

Die bisher vergebenen 885 Millionen US-Dollar an Fördermitteln haben zusätzliche 6 Milliarden US- Dollar aus internationalen und nationalen Quellen für PPR-Investitionen mobilisiert – ein Hebelverhältnis von 1:7. Dieses Modell weist den Weg für die globale Gesundheitsfinanzierung der Zukunft: abgestimmt, kooperativ, wirkungsorientiert und katalytisch.

Zweitens stärkt PPR die allgemeinen Gesundheitssysteme und die universelle Gesundheitsversorgung – sie steht nicht in Konkurrenz zu ihnen. Allzu oft wird PPR isoliert betrachtet. Tatsächlich stärken Vorsorgeinvestitionen die Gesundheitssysteme und beschleunigen den Weg zur universellen Versorgung. Investitionen schaffen die grundlegenden Strukturen, die nötig sind, um eine hochwertige, bezahlbare und widerstandsfähige Versorgung bereitzustellen.

Erste Investitionen

Genau das zeigen die ersten Investitionen des Pandemic Fund: Der Ausbau von Laborkapazitäten verbessert Diagnostik und Tests, die präventiv wirken und in Krisen skalierbar sind. Die Aus- und Weiterbildung von Ärzt:innen, Pflegekräften, Community Health Workers und Techniker:innen schafft eine Fachkräftebasis, die Ausbrüche eindämmen kann – und auch im Alltag zuverlässig arbeitet. Investitionen in Überwachungssysteme stärken Frühwarnmechanismen und die Umsetzung zentraler Gesundheitsprogramme. All das sind keine parallelen Prozesse – sie greifen ineinander und verstärken sich gegenseitig.

Drittens: Die Umsetzung geschieht bereits in vielen Ländern – und wir wissen, was funktioniert. Die überarbeiteten Internationalen Gesundheitsvorschriften und das Pandemieabkommen bieten wichtige globale Rahmenbedingungen. Doch entscheidend ist, dass Maßnahmen in den nationalen Systemen verankert sind – dort, wo Gesundheits­sicherheit auf nationaler, regionaler und globaler Ebene aufgebaut und langfristig gesichert wird.

Mit Unterstützung des Pandemic Fund sowie Investitionen von Regierungen und Partnern modernisiert Bhutan derzeit veterinär- und humanmedizinische Labore und stärkt die Kapazitäten durch die Schulung von Labortechniker:innen, Feldepidemiolog:innen und Landwirt:innen in Biosicherheits- und Schutzmaßnahmen. In Äthiopien wird ein elektronisches Frühwarnsystem gebaut, veterinär- und humanmedizinische Labore werden modernisiert und vernetzt, und Gesundheitspersonal sowie Lieferketten für den Krisenfall gestärkt. Viele Projekte befähigen Gemeinden und Fachkräfte im Human- und Veterinärbereich, riskantes Verhalten zu verringern und die Reaktion auf Ausbrüche zu verbessern.

Nicht nur akute Krisenbewältigung

Wenn Krankheiten lokal eingedämmt werden, wächst die regionale Kapazität – und die Welt wird sicherer und widerstandsfähiger. In der Karibik stärkt ein vom Pandemic Fund unterstütztes Projekt die Überwachungskapazitäten der Caribbean Public Health Agency. In Afrika stellte der Fonds angesichts der Mpox-Bedrohung schnell 128,89 Millionen US-Dollar für zehn betroffene Länder bereit – zur Stärkung nationaler und regionaler Vorsorge und zur Sicherung der Gesundheit über Grenzen hinweg.

Diese Maßnahmen dienen nicht nur der akuten Krisenbewältigung – sie stärken die Gesundheitssysteme langfristig. Sie zeigen auch, wie nationale Investitionen zur regionalen und globalen Vorsorge beitragen – und warum die Umsetzung auf Länderebene entscheidend für die kollektive Sicherheit ist. So sieht wirksame Umsetzung aus, wenn Länder die Steuerung übernehmen, Gemeinschaften eingebunden sind und globale Finanzierung sich an nationalen und regionalen Prioritäten orientiert.

Die nächste Pandemie ist keine ferne Möglichkeit – es ist keine Frage des Ob, sondern des Wann. Investitionen in PPR sind keine Kosten, sondern eine strategische Investition in die Gesundheitssicherheit und Stabilität der Zukunft. Richtige Investitionen heute – koordiniert, katalytisch und ländergeleitet – stärken Gesundheitssysteme für kommende Generationen.

Dr. Priya Basu ist Executive Head des Pandemic Fund, Dr. Sabin Nsanzimana ist Gesundheitsministers Ruandas und Co-Chair des Pandemic Fund und Dr. Chatib Basri ist ehemaliger Finanzminister Indonesiens und ebenfalls Co-Chair des Pandemic Fund.

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