Mit dem Bundesprogramm „Modellprojekte Smart Cities“ investiert der Bund von 2019 bis 2030 rund 820 Millionen Euro in die Förderung von 73 Modellkommunen. Dabei steht zentral die Frage im Raum: Wie soll eine Stadt oder Region der Zukunft eigentlich aussehen?
Während diese Frage schon vor Jahrzehnten Filmklassiker wie ‚Metropolis‘ oder Kinderserienhighlights wie ‚Die Jetsons‘ hervorbrachte, steht sie auch heute auf der politischen Agenda. In einer Smart City oder Region sind einerseits Prozesse, Dienstleistungen und die Daseinsvorsorge effizienter und einfacher gestaltet – andererseits werden neue Synergien aus der Verknüpfung von Daten oder aus ko-kreativen Arbeitsprozessen hergestellt. Wichtig dabei ist, dass dabei immer die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund stehen.
Für mich als Sozialdemokratin ist eine Stadt oder Region erst dann smart, wenn sie auch sozial ist. Das bedeutet, dass die Stadt oder Region inklusiv und nachhaltig ist und ein gemeinwohlorientierter Lebensraum entsteht. Der sollte zudem mit innovativen (digitalen) Lösungen das Ziel verfolgen, die Lebensqualität aller zu erhöhen. Digitale Technologien können dabei Tools sein, soziale Ungleichheiten zu bekämpfen und Teilhabe zu ermöglichen. Der Rundum-Blick darf nicht verloren gehen: Für wen bieten die Maßnahmen einen Vorteil, für wen einen Nachteil? Wer kann an den Maßnahmen nicht teilnehmen, beispielsweise wegen mangelnder Digitalkompetenz oder fehlender Ausstattung mit digitalen Geräten?
Wo digitale Lösungen sozialen Mehrwert bringen
Als gefördertes Modellprojekt entwickelt Lübeck ein webbasiertes Sozialmonitoring, in das eine Vielfalt an Daten eingespeist werden, die Einblicke in das soziale Ungleichgewicht der Stadt geben sollen. Mithilfe von Visualisierungen und Analysen können die Erkenntnisse dann gezielt in die Entscheidungsfindung der Politik einfließen. Damit zeigt Lübeck, wie die Nutzung von Daten zum Abbau sozialer Ungleichheiten beitragen kann.
In Würzburg stehen die digitalen Projekte „Heldenhelfer“, „Wie geht’s“ und „Heimatforen“ unter dem Leitmotiv „soziale Resilienz“. Durch sie soll die digitale Kommunikation im Ehrenamt vereinfacht und die Vermittlung von Unterstützungsangeboten und Begegnungsorten in der Region erleichtert werden.
In Regensburg werden durch das Projekt Inklusives Welterbe historische Sehenswürdigkeiten und Angebote im UNESCO-Welterbe durch digitale Anwendung einerseits sowie durch die Programmierung einer barrierefreien Routennavigation andererseits inklusiv, barrierefrei und niederschwellig erlebbar gemacht.
Politik muss Grundlagen und Rahmenbedingungen setzen
Um derartige smarte Lösungen auch für das Soziale in einer Stadt oder Region umsetzen zu können, muss die Politik Grundlagen schaffen. Ich spreche von den absoluten Grundlagen: Ein flächendeckender Netzausbau (Mobilfunk und Glasfaser) insbesondere in den ländlichen Regionen ist Bestandteil der kommunikativen Daseinsvorsorge und digitalen Teilhabe. Ebenso wichtig ist die Förderung digitaler Kompetenzen in der Breite der Gesellschaft. In beides haben wir als Ampel viel investiert: Den Netzausbau fördern wir in diesem Jahr mit rund zwei Milliarden Euro und bei der anstehenden Neuzuteilung der Mobilfunkfrequenzen hat die Bundesnetzagentur ein neues Vergabemodell eingeführt, das die Mobilfunkanbieter stärker als zuvor verpflichtet, endlich die weißen Flecken abzudecken. Mit Blick auf die vielfältige Breite an vom Bund geförderten Projekten, wie etwa solche der Denkfabrik „Digitale Arbeitsgesellschaft“, treiben wir die Kompetenzbildung und Vernetzung am Arbeitsplatz voran; über 6 Mrd. Euro wurden mit dem Digitalpakt Schule in die digitale Kompetenzbildung investiert. Mit einem zwischen Bund und Ländern fair finanzierten Digitalpakt 2.0 müssen wir an der weiteren digitalen Ausstattung unserer Schulen anknüpfen. Zufriedengeben dürfen wir uns noch nicht.
Es bedarf weiterer Anstrengungen, um Bürgerinnen und Bürgern digitale Kompetenzen in non-formalen Formaten niederschwellig und nachhaltig auch außerhalb formaler Bildungsinstitutionen zu vermitteln. Die Verwaltung darf dabei nicht vergessen werden, denn Kommunen benötigen IT- bzw. Daten-Kompetenzen, um eine smarte Stadt und Region aufzubauen. Mit Pilotprojekten wie dem Beratungszentrum für Künstliche Intelligenz, kurz BeKI, bauen wir Strukturen auf, die digitale Kompetenzen in der Bundesverwaltung aufbauen. Es wäre ratsam, dies perspektivisch auf die Kommunalebene auszuweiten.
Was kommt nach dem Stufenplan „Smarte Städte und Regionen“?
Im Juni 2024 haben wir einen Meilenstein beschlossen: Gemeinsam mit Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft haben wir Rahmenbedingungen und Maßnahmen für die Skalierung von Lösungen in die Fläche definiert. Ich rede vom Stufenplan „Smarte Städte und Regionen“.
Jetzt bleibt die Frage: Was schaffen wir noch bis zu den nächsten Bundestagswahlen umzusetzen und wie wird es mit den vielen Ansätzen und Förderungen im Bereich Smart City weitergehen? Klar ist für mich: Wir werden weiterhin daraufsetzen, unsere Kommunen in Deutschland in der Fläche zu digitalisieren und bestehende Strukturen dafür einzusetzen. Wir benötigen zeitnah den digitalen Marktplatz, auf dem für kommunale Verwaltungen handhabbare Lösungen angeboten werden. Das Kompetenzzentrum muss stetig weiterentwickelt werden, damit es den Kommunen die Beratung und den Wissenstransfer liefern kann, die sie brauchen, um zügig grundsätzliche und gleichzeitig nachhaltige Digitalstrukturen aufzubauen.
Für mich ist wichtig, dass wir langfristig unsere Kommunen unterstützen, dass Stadt und Land gleichermaßen mitgedacht werden und dass niemand von der digitalen Transformation ausgeschlossen wird. Nur das Mitdenken einer sozialen Komponente in der smarten Stadt und Region kann die Vision einer Sozialdemokratin sein.
Carolin Wagner ist SPD-Bundestagsabgeordnete aus Regensburg. Sie ist ordentliches Mitglied im Ausschuss für Digitales und stellvertretende Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung. Für die SPD hat sie am Stufenplan „Smarte Städte und Regionen“ mitgearbeitet. Wagner ist Vorsitzende in einer Doppelspitze der Landesgruppe Bayern in der SPD-Bundestagsfraktion.