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Werkstattbericht Nach der KI-Strategie folgt der KI-Kompass

Ulrike Huemer berichtet aus dem kommunalen Alltag der Stadt Linz.
Ulrike Huemer berichtet aus dem kommunalen Alltag der Stadt Linz. Foto: Lukas Beck

Um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz auch in der städtischen Verwaltung voranzutreiben, hat man in Linz einen KI-Kompass eingeführt. Magistratsdirektorin Ulrike Huemer schildert im Werkstattbericht, wie dieser Kompass funktioniert und wie er den Mitarbeitenden der Linzer Stadtverwaltung beim KI-Einsatz Orientierung geben soll.

von Ulrike Huemer

veröffentlicht am 30.10.2024

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Der Einsatz von KI ist auch in der Verwaltung in aller Munde. Eine Vielzahl von technologischen Produkten sowie Beratung in den unterschiedlichsten Herausforderungen (AI-Act, Datenschutz, et cetera) werden angeboten. Letztlich bedeutet es allerdings, die einzelnen Organisationen bereit dafür zu machen, verantwortungsvoll mit KI umzugehen.

Wir beschäftigen uns in Linz seit einem Jahr sehr intensiv mit der Frage, wie uns KI dabei unterstützen kann, damit wir als Verwaltung effizienter, effektiver und moderner werden können. Der erste Schritt war die Entwicklung einer KI-Strategie und die Etablierung einer KI-Pionier:innengruppe, die bereits in einem früheren Werkstattbericht präsentiert wurde (siehe KI-Strategie der Stadt Linz). In der Folge wurde für die Nutzung von KI in der Praxis ein eigener digitaler KI-Kompass etabliert, der die Mitarbeiter:innen gut durch die komplexen Fragen navigieren soll und im Intranet zur Verfügung steht. Dieser Kompass fußt neben der oben erwähnten Strategie und der Arbeit der engagierten Pionier:innen auf folgenden Säulen:

KI-Pionier:innen

Die Pionier:innengruppe besteht aus Kolleg:innen, die sich schon heute mit der dienstlichen Anwendung von Künstlicher Intelligenz auseinandersetzen oder KI auch im privaten Bereich aktiv und interessiert verwenden. Im Rahmen der Pionier:innengruppe werden dienstlich relevante Anwendungen unter die Lupe genommen, damit schließlich alle Kolleg:innen an Anwendungen herangeführt werden können, die ihren Arbeitsalltag erleichtern werden.

Die Pionier:innen experimentieren mit KI, sammeln praxisnahe Ergebnisse und teilen diese mit allen Kolleg:innen. In regelmäßigen Austauschformaten werden Anwendungen bewertet, Erkenntnisse ausgetauscht und Rahmenbedingungen für den Umgang festgelegt. Es werden konkrete Anwendungsgebiete von KI erforscht mit dem klaren Ziel, sinnvolle Anwendungen für tägliche Arbeitsabläufe zu identifizieren und umzusetzen. Nicht zuletzt beschäftigt sich die Pionier:innengruppe auch mit jenen Risiken, die mit den rasant wachsenden Möglichkeiten im Bereich der KI einhergehen.

Zusätzlich wird die Pionier:innengruppe durch Fachbeiträge von Expert:innen auf dem Gebiet der KI abgerundet, die einen Einblick in die neuesten Trends und Entwicklungen geben werden und uns wiederum Grundlagen für unseren internen Diskurs liefern. Der Magistrat Linz ist fest davon überzeugt, dass KI großes Potenzial zur Weiterentwicklung des Arbeitens hat, und die Pionier:innengruppe eine großartige Gelegenheit ist, um voneinander zu lernen und gemeinsam zu wachsen.

KI-ABC

Die Auseinandersetzung mit der Vielfalt der transformierenden Technologie der Künstlichen Intelligenz ist wesentlich. Doch gleichzeitig sind die meisten Begriffe nicht selbsterklärend.
Daher haben wir ein „KI ABC“ erstellt – eine Sammlung wichtiger Begriffe und Definitionen aus der Welt der KI. Es soll Orientierung bieten und die Diskussion über KI erleichtern. Es werden Begriffe, von Algorithmus bis Voice Recognition erklärt und laufend ergänzt.

Erklärvideos und Tool-Vorstellungen

In den Meetings der KI-Pionier:innengruppe werden in Form von Videos regelmäßig Tools, Herangehensweisen oder – ganz allgemein – nützliche Infos aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz vorgestellt. Um diese Videos auch allen anderen Kolleg:innen zugänglich zu machen, werden diese Videos im Kompass allen Interessierten zur Verfügung gestellt. Die Sammlung an Erklärvideos und Tool-Vorstellungen wird nach und nach wachsen. Aktuell gibt es Videos zu Prompt Injections, Perplexity AI – ein KI Assistent, Prompting und die Public Sector Tech Watch der Europäischen Kommission vorgestellt.

Prompting Tipps und Tricks

Entscheidend für die Nutzung von LLM´s im Alltag sind gute Prompts. Ähnlich wie bei einem menschlichen Gegenüber, müssen auch Tools wie ChatGPT Ihre Anweisungen umfassend und im richtigen Kontext verstehen, um eine gute Antwort geben zu können. Ein Prompt in Bezug auf KI-Sprachmodelle („Large Language Models“ oder kurz LLMs) ist eine Eingabeaufforderung, die dem Modell sagt, was es tun soll. Es ist im Grunde eine Frage oder Anweisung, die Sie an das Modell richten, um eine bestimmte Art von Antwort oder Information zu erhalten. Das Modell verwendet dann seine trainierten Fähigkeiten bzw. Daten, um auf Basis Ihrer Eingabe eine passende Antwort zu generieren. Es wurden daher Tipps und Tricks gesammelt.

Prompt-Vorlagen

Die Prompt-Vorlagen sollen dabei helfen, sich diese Möglichkeiten bei der täglichen Arbeit zu Nutze zu machen – sinnvoll und verantwortungsbewusst.

Diese Vorlagen können eins zu eins kopiert und für sich verwendet werden. Die Vorlagen sollen aber auch ermutigen, sie nicht nur als reine Schablonen zu verstehen, sondern als Entwürfe, die weiter an die konkreten Anforderungen angepasst werden können. Oder ganz einfach als Inspiration, die vielleicht Ideen für ganz andere Anwendungsfälle wecken können. Der Kreativität sind beim „Prompten“ fast keine Grenzen gesetzt – außer natürlich die rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen. Die Sammlung an Prompt-Vorlagen wird nach und nach erweitert. Beispielsweise stehen folgende Prompts zur Verfügung: Text zusammenfassen, Schreibstil verbessern, Power Point Vorlage erstellen oder auch aus einem Projektauftrag klare Kennzahlen für das Controlling definieren.

AI Act

Der AI Act, wie das EU-Gesetz offiziell heißt, basiert auf einem risikobasierten Ansatz, der KI-Systeme in vier Risikoklassen einteilt: inakzeptables Risiko, hohes Risiko, eingeschränktes Risiko und minimales Risiko. Für jede Klasse gelten unterschiedliche Anforderungen und Pflichten für die Hersteller:innen und Nutzer:innen von KI-Systemen, wie etwa eine Kennzeichnungspflicht im Bereich des eingeschränkten Risikos. In regelmäßigen Abständen laden wir Expert:innen ein, die online Vorträge zu diesem wichtigen Thema halten. Diese Vorträge werden aufgezeichnet und ebenfalls im Kompass allen zur Verfügung gestellt. Aktuell beschäftigen wir uns auch intensiv mit der Grundrechte-Folgenabschätzung

Zusammenfassend sei nochmals betont, dass der Einsatz von KI in der Praxis nicht bedeutet, rasch Tools auszuwählen und einzusetzen, sondern Organisationen beziehungsweise die Verwaltung mit einer entsprechenden Governance auszustatten sowie den Mitarbeitenden die erforderlichen Skills zur Verfügung zu stellen. Wie so oft zeigt sich dadurch, dass Digitalisierung ein umfassender Wandel ist, der vor allem durch die Organisations- und Personalentwicklung getragen werden muss. Technologisch beschäftigen wir uns aktuell damit, unseren Chatbot „Elli“ auf KI umzustellen und hier den bestehenden Qualitätsanspruch zu behalten. Ferner soll demnächst ein Tool für „Voice to Text“, insbesondere für die Dokumentation der Sitzungen der städtischen Gremien, zum Einsatz gebracht werden.

Ulrike Huemer leitet als Magistratsdirektorin seit 2020 die Verwaltung der österreichischen Stadt Linz. Zuvor war sie viele Jahre CIO der Stadt Wien. Die Verwaltungsplattform Apolitical zählte sie im Jahr 2019 zu den 100 einflussreichsten Personen im Bereich digitale Verwaltung.

Bisher von ihr in dieser Rubrik erschienen: IT-Kompetenzen helfen Integration und Fachkräftesuche, Verwaltung als Mix aus Max Weber und Elon Musk, „IT-Projekte ohne Paartherapie“, „Prozessmanagement ist alternativlos“, „Keine Angst vor Microsoft“, „Ein traditioneller Markt wird digital“, „Blackout-Vorbereitung ist ein Gebot der Stunde“, „Unser Stadtklima als warnende Ausstellung“, „Wie wir in Linz unsere Daten organisieren“, Neue Dialogformen zwischen Verwaltung und Bevölkerung“, Projektmanagement: Zwischen Begeisterung und Widerstand, „Ein Leitfaden für die Arbeit mit ChatGPT“ , „Starke Unternehmenskultur als Schlüssel für die digitale Transformation“, „Mit einer Pioniergruppe das Zeitalter der KI proaktiv gestalten“ und „Wie das Linzer Pilotprojekt zum digitalen Bauverfahren funktioniert“.

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