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Smart City

Werkstattbericht Ein Leitfaden für die Arbeit mit ChatGPT

Ulrike Huemer berichtet aus dem kommunalen Alltag der Stadt Linz.
Ulrike Huemer berichtet aus dem kommunalen Alltag der Stadt Linz. Foto: Lukas Beck

Um das Potenzial von Künstlicher Intelligenz auszuschöpfen, muss die Verwaltung offensiv und experimentell mit ihr umgehen können, schreibt Ulrike Huemer in ihrem Werkstattbericht. Mitarbeitende der Stadt Linz erproben das schon heute täglich, halten sich dabei aber an einen Leitfaden, der ethische und rechtliche Vorgaben macht.

von Ulrike Huemer

veröffentlicht am 22.08.2023

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Die Digitalisierung schreitet immer weiter voran und der Magistrat Linz befindet sich mit seiner Unternehmensstrategie auf einem guten Weg in Richtung einer modernen, digitalen Stadtverwaltung. Es hat sich bereits vieles verändert, und es ist beeindruckend zu sehen, wie unsere Kolleginnen und Kollegen diese Entwicklungen nicht nur mittragen, sondern aktiv mitgestalten.

Ich beschäftige mich bereits seit mehreren Jahren mit dem Thema der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Öffentliche Verwaltung. In einer zunehmend digitalisierten Welt eröffnet KI immense Möglichkeiten, um komplexe Probleme zu lösen, Entscheidungsprozesse zu unterstützen und innovative Lösungen zu entwickeln. Doch gleichzeitig stellt der Einsatz von KI neue Herausforderungen und erfordert eine sorgfältige Betrachtung ethischer Aspekte sowie den Schutz der Privatsphäre und der Rechte sowohl unserer Bediensteten als auch der Bevölkerung.

Anwendungsfälle mit experimentellem Umgang generieren 

Während meiner Tätigkeit in Wien wurde bereits eine Strategie für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz erarbeitet. Das möchte ich nun auch in Linz machen. Diesmal allerdings mit dem klaren Schwerpunkt darauf, Use Cases zu definieren, die die Stadtverwaltung effizienter und moderner macht. Darüber hinaus müssen die definierten Anwendungsbereiche einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Herausforderungen der Digitalisierung, des Klimawandels, der Budgetrestriktionen und auch des Generationenwechsels in der öffentlichen Verwaltung erfolgreich meistern zu können. Genau in dieser spannenden und fordernden Zeit gibt es nun einen neuen Gamechanger, nämlich die vielversprechende Entwicklung von neuen Chatbot-Technologien wie ChatGPT.

Wie so oft möchte ich neuen Technologien offen gegenüberstehen und den Einsatz fördern. Es ist mir natürlich bewusst, dass ChatGPT durchaus Risiken in sich birgt und ein sorgfältiger Umgang erforderlich ist. Um allerdings konkrete und auch sinnvolle Anwendungsfälle zu generieren, braucht es einen experimentellen Zugang und Umgang. Nach dem guten Vorbild meines Grazer Kollegen, Magistratsdirektor Martin Haidvogl, haben wir uns daher in Linz entschieden, in einem ersten Schritt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu motivieren, ChatGPT auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln.

Die Implementierung von Chat GPT in der Verwaltung setzt voraus, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neuen Technologien gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen sind und die Vorteile von ChatGPT erkennen. Dieses Experimentieren wird allerdings von einem Leitfaden begleitet, der die Rahmenbedingungen festlegt. Dieser Leitfaden, der allen Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt wurde, gibt folgende Themen vor:

  1. Datenschutz und Amtsgeheimnis: Die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen und des Amtsgeheimnisses ist essentiell. Keine personenbezogenen oder vertraulichen Daten dürfen als Input für die KI genutzt werden. Anonymisierung der Daten vor der Verarbeitung ist Pflicht.
  2. Urheberrecht und geistiges Eigentum: Die Verwendung von KI-Systemen muss im Einklang mit dem Urheberrecht stehen. Urheberrechtlich geschützte Inhalte dürfen nicht ohne Genehmigung als Input verwendet werden.
  3. Unterstützendes Werkzeug: KI ist eine Unterstützung, keine autonome Entscheidungsinstanz. Die generierten Informationen müssen überprüft, korrigiert und bei Bedarf angepasst werden. Besonders bei rechtlichen, verfahrensrelevanten oder ethischen Entscheidungen ist menschliche Überprüfung unverzichtbar.
  4. Vermeidung von Diskriminierung: KI darf keine Diskriminierung fördern und muss auf Vorurteile geprüft werden. Sensible Überprüfung auf diskriminierende oder stereotype Ausdrücke ist notwendig.
  5. Best-Practice-Dokumentation: Erfolgreiche Anwendungen von KI sollten dokumentiert werden, um wertvolles Wissen für zukünftige Projekte zu sammeln. Diese Dokumentation ermöglicht die Identifizierung von Risiken und Herausforderungen und hilft bei der kontinuierlichen Verbesserung von Leitlinien.

Wir wollen in Linz aufzeigen, wie der Einsatz von ChatGPT in der öffentlichen Verwaltung praktisch umgesetzt werden kann. Die Implementierung erfordert, wie bereits ausgeführt, Offenheit für neue Technologien, aber auch die Bereitschaft, bewährte Leitlinien und Rahmenbedingungen zu respektieren. Dies ermöglicht es, die Vorteile von KI-gestützten Lösungen in einem ersten Schritt experimentell zu erfahren und langfristige Use Cases festzulegen. Anfang Oktober sollen diese Use Cases definiert sein.

Gleichzeitig streben wir aber natürlich danach, ethische, rechtliche und datenschutzbezogene Anforderungen zu erfüllen. Die Dokumentation von Best-Practice-Beispielen stärkt nicht nur das Vertrauen in KI-Anwendungen, sondern fördert auch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Der Leitfaden wird gerne auf Anfrage zur Verfügung gestellt! Auf Basis der Erfahrungen der letzten Wochen kristallisiert sich heraus, dass wir anstreben, unser internes Wissensmanagement mit ChatGPT zu verbessern und im Intranet effizienter zur Verfügung zu stellen.

ChatGPT verbessert Suchfunktion und spart Mitarbeitenden Zeit

In Sachen Wissensmanagement läuft es derzeit so, dass die Mitarbeitenden Links und Dokumente erhalten, wenn sie etwas in unserer großen Wissensdatenbank suchen. Diese Dokumente müssen sie durchlesen und nach passenden Antworten durchsuchen. ChatGPT liefert dagegen einen konkreten Antwortvorschlag. Das ganze Dokument zu screenen ist somit nicht mehr nötig, ein kurzer Faktencheck reicht aus. Kurzum: es geht einfach viel schneller!

Der selbe Effekt stellt sich bei Textentwürfen ein. Aufbauend auf einem bestimmten Prompting liefert ChatGPT einen Textvorschlag. Diesem kann man einen Feinschliff geben und einen Faktencheck vornehmen. So kann man auch vorgehen, wenn man eine Zusammenfassung einer umfassenden Studie benötigt. Außerdem kristallisiert sich heraus, dass das Tool für die Unterstützung der Erarbeitung von Texten und Dokumenten verwendet wird. Mittlerweile beschäftigt sich auch unsere Politik mit dem Thema und selbst unser Bürgermeister verwendet ChatGPT und experimentiert.

Abschließend möchte ich noch festhalten, dass ich diesen Text natürlich persönlich formuliert habe!

Ulrike Huemer leitet als Magistratsdirektorin seit 2020 die Verwaltung der österreichischen Stadt Linz. Zuvor war sie viele Jahre CIO der Stadt Wien. Die Verwaltungsplattform Apolitical zählte sie im Jahr 2019 zu den 100 einflussreichsten Personen im Bereich digitale Verwaltung.

Bisher von ihr in dieser Rubrik erschienen: Verwaltung als „Mix aus Max Weber und Elon Musk“, „IT-Projekte ohne Paartherapie“, „Prozessmanagement ist alternativlos“, „Keine Angst vor Microsoft“, „Ein traditioneller Markt wird digital“, „Blackout-Vorbereitung ist ein Gebot der Stunde“, „Unser Stadtklima als warnende Ausstellung“, „Wie wir in Linz unsere Daten organisieren“, Neue Dialogformen zwischen Verwaltung und Bevölkerung“ sowie Projektmanagement: Zwischen Begeisterung und Widerstand.

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