Eine Reform des Trassenpreissystems ist unumgänglich. 2025 steigen die Trassenpreise um 16 bis 18 Prozent im Fern- und Güterverkehr. Nach aktueller Abschätzung können es im Jahr 2026 Steigerungen von 30 bis 40 Prozent sein. Ein solcher Anstieg würde den Schienenfern- und Güterverkehr massiv negativ beeinflussen.
Die Finanzierung der Schieneninfrastruktur in Deutschland besteht aus den Komponenten Trassenpreise und Bundeszuschüsse. Daher verfolgt eine funktionierende Systematik der Trassenpreise zwei Ziele: faire Wettbewerbsbedingungen mit anderen Verkehrsträgern sowie einen Beitrag zu einer angemessenen Schieneninfrastruktur. Dieser Balanceakt muss immer kritisch geprüft werden und an neue Begebenheiten angepasst werden. Aktuell ist das System aus seiner Verankerung gerissen – verursacht durch starke Kostensteigerungen, einen maroden Netzzustand und die gewählten Wege der zusätzlichen Finanzierung, die an politische Mehrheiten gebunden sind.
Das deutsche System der Bestandsfinanzierung war seit vielen Jahren nicht auskömmlich. Werden alle Preissteigerungseffekte herausgerechnet, verbleibt ein Sanierungsstau im Jahr 2023 nach Preisstand 2016 von 44,4 Milliarden Euro. Dieser preisbereinigte Nachholbedarf ist seit der Erfassung ab 2020 konstant. Somit war das bisherige System – auch ohne den Preisschock durch den russischen Angriffskrieg – nicht in der Lage, den Sanierungsstau auf der Schiene abzubauen. Es war damals absehbar, dass Korrekturen insbesondere an der Sanierung des Bestandsnetzes notwendig waren.
Schwarze Null verursachte steigende Schulden
Da eine gesteigerte Finanzierung über Trassenpreise dem Ziel der Stärkung der Schiene widerspricht und es keine EU-rechtliche Obergrenze gibt, bestand der Mangel daher in einer unzureichenden Finanzierung aus dem Bundeshaushalt. Da nicht einmal bestehende Möglichkeiten der Schuldenbremse ausgenutzt wurden, entstanden durch die schwarze Null von Schäuble und Scholz ansteigende Schulden – Infrastrukturschulden aufgrund unzureichender Gelder für die Sanierung.
Auf diese bereits schwierige Situation kommen seit 2021 starke Preissteigerungen, die den Sanierungsstau gemäß aktuellem Kostenniveau auf über 90 Milliarden Euro anhebt. Aus dieser Preisentwicklung gab es zwei Auswege: konstante Mittel, die ohne Preissteigerung bereits nicht auskömmlich waren und jetzt eine Reduzierung des Instandhaltungsvolumens bedeuten. Oder alternativ eine Erhöhung der Finanzmittel, um das Instandhaltungsvolumen aufrechterhalten und wenn möglich erhöhen zu können.
Dazu kommen die versprochenen Effekte aus einer Bündelung von Sanierungsmaßnahmen, deren Potenziale vor allem in einer Effizienzerhöhung von Personal- und Maschineneinsatz sowie der Reduzierung bürokratischer Abrechnungen liegen. Da die Schiene eine entscheidende Bedeutung für eine klimaschonende sowie energieeffiziente Mobilität hat, ist der zweite Weg geboten.
Eigenkapitalerhöhung kein Königsweg
Der geplante Finanzmittelaufwuchs bestand ursprünglich aus einer Kombination von Gebühreneinnahmen – in diesem Fall insbesondere der Lkw-Maut – sowie Zuschüssen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Durch den Wegfall des KTF wurde stattdessen für einen Teil der Mittel der Weg der Eigenkapitalerhöhung gewählt. Dieser Weg an der Schuldenbremse vorbei ist nicht der Königsweg der Bahnfinanzierung.
Die Alternative ist aber, notwendige Gelder für Instandhaltung, Neu- und Ausbau sowie Digitalisierung gar nicht bereitzustellen. Dieser Umweg bedeutet faktisch eine Kapitalaufnahme des Bundes – er ist nur der gesichtswahrende Weg, um das Mantra der Schuldenbremse in der aktuellen Form noch hochhalten zu können. Sie ist mit dem Nachteil verbunden, dass eine Rendite erwirtschaftet werden muss.
Auch ohne die Effekte der Eigenkapitalerhöhung wäre der Anstieg der Trassenpreise 2025 spürbar, denn auch für die Betriebskosten der Infrastruktur steigen die Kosten, Rohstoffe werden teurer, Beschäftigte bekommen – aufgrund der allgemeinen Preissteigerungen mehr als gerechtfertigt – höhere Löhne.
Dauerhafte starke Trassenpreisanstiege drohen
Dazu betrifft diese Entwicklung ausschließlich den Fern- und Güterverkehr, da der Nahverkehr bei der Entwicklung der Trassenpreise gedeckelt ist. Auch dieser Effekt ist im Rahmen des deutlich stärkeren Preisanstiegs zu hinterfragen. Denn 70 Prozent der Fahrleistung im deutschen Schienenverkehr entfällt auf den Regionalverkehr. Alle Kosten, die über die im Regionalverkehr gedeckelten Trassenpreise hinausgehen, belasten die Fern- und Güterverkehre überproportional.
Massiv verschärft wird die Entwicklung durch die Wirkeffekte des Eigenkapitals. Für das Jahr 2026 und die folgenden Jahre drohen dauerhafte starke Trassenpreisanstiege, die massiv in die Angebote von Fern- und Güterverkehr eingreifen könnten. Ein Passus im Eisenbahnregulierungsgesetz von 2016 schreibt eine „kapitalmarktübliche Verzinsung“ fest. Diese kalkulatorische Verzinsung für die Preisbildung liegt aktuell bei 5,9 Prozent und führt allein im Jahr 2026 zu einem Aufwand für die DB InfraGO von 992 Millionen Euro.
Diese Entwicklung kann jedoch gedämpft werden. Für 2025 haben Verkehrsminister Wissing und Staatssekretär Theurer angekündigt, dass die Steigerungen der Trassenpreise durch finanzielle Mittel – also eine Trassenpreisförderung – abgefangen werden. Diesen Weg unterstützen wir Grüne. Trassenpreisförderungen sind jedoch kein dauerhafter Weg. Sie sind für die Unternehmen schlecht planbar, da sie frühestens im Dezember fürs Folgejahr feststehen. Da das Schienenjahr Anfang Dezember beginnt, ist das zu spät für jede solide Kostenkalkulation. Deswegen muss das Trassenpreissystem schrittweise wieder so aufgestellt werden, dass es ohne Förderungen auskommt.
Zinssatz sollte zeitnah reduziert werden
Der erste Baustein muss dabei eine Berücksichtigung des Finanzierungswegs Eigenkapital sein. Zwar muss eine Rendite erwirtschaftet werden, damit dieser Weg konform mit der Schuldenbremse ist. Fraglich ist jedoch, ob diese Rendite mit 5,9 Prozent mit dem Grundsatz eines gemeinwohlorientierten, staatlichen Unternehmens vereinbar ist, dazu verbleibt dieses Geld in der DB InfraGO.
Es mag Überlegungen geben, das über die Trassenpreise erwirtschaftete Geld wieder als Trassenpreisförderung bereitzustellen und damit die Effekte abzufangen. Dieser Umweg kann jedoch in Teilen erspart werden, wenn schlicht der Zinssatz reduziert wird. Dafür ist eine zeitnahe gesetzliche Korrektur geboten, um den Trassenpreisspirale 2026 zu stoppen.
In einem zweiten Baustein muss über weitere Schritte nachgedacht werden. Dabei ist der Zusammenhang aus Trassenpreiseinnahmen und auskömmlicher Finanzierung der Infrastruktur zu beachten. Auch wenn einige Politiker in den vergangenen Wochen den Eindruck erwecken, die Trassenpreise würden von Bahn-Chef Richard Lutz willkürlich festgelegt, damit er sich davon einen neuen Porsche kaufen kann, dient dieses Geld der Schieneninfrastrukturfinanzierung. Daher kann die Frage einer dauerhaften stabilen und möglichst auch geringeren Trassengebühr nur im Zusammenhang mit der neuen Finanzierungsarchitektur Schiene betrachtet werden.
Österreich als Vorbild
Mit dem Finanzierungsmodell aus Österreich würde der Staat im Bereich Neu- und Ausbau, Elektrifizierung sowie Digitalisierung deutlich entlastet und würde gleichzeitig mehr investieren, da er die Kosten gerecht über die Generationen verteilt, die von den positiven Effekten dieser Infrastruktur auch profitieren. Dadurch würden Haushaltsmittel frei, die wiederum in die Bestandsinfrastruktur fließen können. Durch eine so erhöhte Bezuschussung des Bundes ergibt sich ein Spielraum für die Trassenpreise – insbesondere für den Schienengüterverkehr.
Ein grundlegend neues Trassenpreissystem muss zudem Anreize ermöglichen, um Angebotslücken beim Fernverkehr im Sinne des integralen Taktfahrplans (Deutschlandtakt) zu schließen und wieder mehr Großstädte an den Fernverkehr anzubinden. Die dauerhafte Stabilität und Reduzierung bei den Trassenpreisen wird also dann möglich, wenn auch eine Lösung bei der Finanzierung der Schieneninfrastruktur gefunden wird.