Der Entwurf eines neuen Energieeffizienzgesetzes konzentriert sich darauf, knappe Energieressourcen in deutschen Rechenzentren besser zu nutzen. Doch nicht nur der Gesetzgeber versucht derzeit, den Energieverbrauch zu senken. Auch die Chipindustrie investiert in neue Technologien, mit denen sich Daten effizienter verarbeiten lassen.
Der technische Fortschritt seit der Geburt des modernen Mikroprozessors folgt im Wesentlichen dem „Mooreschen Gesetz“. Die Zahl der Transistoren auf einem Chip verdoppelt sich demnach alle zwei Jahre. Neue Technologien machen es möglich, immer kleinere Transistoren herzustellen. Das Ergebnis: Immer leistungsfähigere Produkte und Lösungen, von denen wir heute profitieren, immer höher auflösende Videostreams, weniger Verzögerungen bei Onlinespielen und bessere, flüssigere Bilder bei Videochats mit Freunden oder im Job. All diese Anwendungen laufen in großen Rechenzentren ab, die wiederum jede Menge Mikro- (CPU) und Grafikprozessoren (GPU) für die nötige Rechenleistung benötigen. Und die wiederum benötigen viel Energie.
Was weniger bekannt ist: Mit dem exponentiellen Anstieg der Rechenleistung gibt es zeitgleich deutliche Verbesserungen bei der Energieeffizienz. Obwohl die Gesetze der Physik in den vergangenen 15 bis 20 Jahren die Dynamik etwas gebremst haben, verbrauchen die kleineren Transistoren immer weniger Energie. Das bedeutet: Ein vollgepackter Chip mit kleineren Transistoren kann mehr Rechenoperationen pro Sekunde und pro Energieeinheit ausführen. Somit stellt der Chip mehr Leistung für all die Anwendungen zur Verfügung, die wir jeden Tag benutzen und das bei geringerem Energieverbrauch.
Dennoch ist das Energieeinsparpotenzial in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Transistoren wurden zwar weiterhin immer kleiner. Sie saßen auf dem Chip aber so eng zusammen, dass elektrischer Strom floss, selbst wenn sie ausgeschaltet waren. Das wiederum erzeugte Hitze, was letztlich die Energieeffizienzvorteile der modernen Transistoren deutlich reduzierte. Die Designparameter von zukünftigen Prozessoren müssen das berücksichtigen.
Neue Möglichkeiten für ein modernes Chipdesign
Angesichts der physikalischen Grenzen von immer kleineren Transistoren müssen Chipdesigner mehr Kreativität an den Tag legen, um Leistung und Energieeffizienz gleichermaßen zu verbessern. Wie gut die Industrie auf diese Herausforderungen reagiert, hat entscheidenden Einfluss auf die globale Wirtschaft und die Umwelt, weil unsere Gesellschaft heute von digitalen Technologien abhängt.
Da der Hunger nach immer mehr Computer-Power stetig wächst, sind zukünftige Chipdesigns umso wichtiger. Fortschritte bei Künstlicher Intelligenz funktionieren nur mit noch leistungsfähigeren Prozessoren. Nur so lassen sich die riesigen Datenmengen analysieren, Muster in ihnen erkennen und Voraussagen treffen, die fundamental verändern, wie wir neue Technologien nutzen werden – von personalisierter ärztlicher Behandlung über „Predictive Analytics“, also der Vorhersage künftiger Ereignisse auf Basis bisheriger Muster, bis hin zu Smart Cities.
Letztlich sind es nicht nur die Technologie an sich und die großen generativen KI-Sprachmodelle wie GPT 4 von OpenAI, die die Nachfrage ankurbeln. Weil immer mehr Geräte zu Smart Devices mit eigenem Prozessor mutieren, müssen stetig mehr Daten verarbeitet werden. Smartphones, Tablets, und Spielekonsolen werden für immer rechenintensivere Anwendungen genutzt. All das führt zu noch mehr Daten und wir benötigen daher noch mehr Rechenleistung in traditionellen Rechenzentren oder der Cloud. Das Ergebnis: Der Energiefußabdruck des Internets wächst stetig.
Chiplets: Die Zukunft des Halbleiterdesigns
Als Industrie haben wir jetzt die einmalige Möglichkeit, neue Wege für das Chipdesign von morgen zu finden. Mit neuem Energiemanagement können wir Lösungen für noch mehr Rechenpower und Energieeffizienz anbieten. Wir brauchen hier einen ganzheitlichen Ansatz, um den Energieverbrauch im gesamten Chipdesign von grundlegender Bauweise über Packaging, Vernetzung und Software zu steuern. Das verlangt aber nach einem gemeinschaftlichen Ansatz von Halbleiterdesign über die Systemarchitektur bis hin zur Softwareanwendung.
Ein Erfolgsbeispiel: Bei der Einführung einer auf Chiplet basierten Architektur hat die Industrie mit neuem Blick auf das Thema Chipdesign geschaut. Das neue Design teilt die einzelnen Halbleiterbausteine in kleinere, individuelle Einheiten – Chiplets – auf. Jedes Chiplet wird für seine spezielle Aufgabe gesondert entwickelt, verbessert und hergestellt sowie im Anschluss mit anderen zum Endprodukt kombiniert. Dieser Ansatz ist effizient in Sachen Kosten und Energieverbrauch sowie flexibel anpassbar.
Dank des Chiplet-Ansatzes können wir Mikroprozessoren mit mehr Prozessorkernen leichter und deutlich optimiert herstellen – gerade im Vergleich zu herkömmlichen Chipdesigns. Innovationen wie diese erhöhen die Performance deutlich pro Euro und pro Watt. Letztlich braucht es mit solchen High Performance Chips deutlich weniger Server in einem Rechenzentrum. Der Einfluss auf den Energieverbrauch kann gewaltig sein.
Der richtige Zeitpunkt, das Thema Energieeffizienz anzupacken
Wenn wir moderne Ansätze von Chipdesign zusammenbringen, können wir große Fortschritte bei der Energieeffizienz machen. Natürlich gehört zum Thema Energieeffizienz in Rechenzentren mehr als nur die Prozessoren. Dennoch zählen sie heute zu den Komponenten, die im täglichen Betrieb die meiste Energie verbrauchen. Wenn wir es schaffen, ihre Energieeffizienz zu verbessern, hat das großen Einfluss auf das gesamte System und auf den Energieverbrauch von Rechenzentren insgesamt. Wenn das Thema entlang des gesamten Chipdesignprozesses einfließt, können wir den Energiebedarf moderner Anwendungen deutlich reduzieren und unseren Teil dazu beitragen, Ressourcen, die für uns alle wichtig sind, zu schonen.
Ich möchte alle Unternehmen, Forschungsinstitute und jeden einzelnen in der High-Tech-Branche ermutigen, Energieeffizienz ganz oben auf die eigene Agenda zu setzen. Wenn es uns nicht gelingt, weiter Fortschritte zu machen und unsere Denkweise zu ändern, bewegen wir uns auf eine Zukunft zu, bei der unser digitales Leben die Energieressourcen unseres Planeten überfordert. Wenn wir uns aktiv engagieren und zusammenarbeiten, können wir mit der nötigen Verantwortung die Grenzen moderner Computertechnik weiter verschieben und an einer Zukunft arbeiten, die nicht nur leistungsstark ist, sondern auch Verantwortung übernimmt. Mein Appell an unsere gesamte Industrie: Lasst uns das Thema Energieeffizienz zu einem Teil unserer gemeinsamen Mission machen.
Matthew Foley leitet bei AMD ein Expertenteam, das Kunden in der EMEA Region berät. Er hat einen Masterabschluss in Business Administration beim Bauer College of Business der University of Houston und einen Bachelorabschluss in Electrical Engineering und Geschichte an der University of Notre Dame abgeschlossen.