Fünf Jahre. So lange dauert die Debatte um die Zukunft digitaler Infrastrukturen des Mobilfunks in Deutschland bereits. Im Kern geht es dabei lediglich um den kurzen Zeitraum der nächsten fünf Jahre. Man könnte meinen, die Zeit dränge. Doch statt Planungssicherheit und Klarheit zu liefern, ziehen sich die Gespräche und Analysen.
Der Berg erstellter Unterlagen wächst. Was dabei in den Hintergrund gerät, ist die Notwendigkeit der weiteren Digitalisierung Deutschlands. Wenn das Land weltweit auch in Zukunft vorne mitspielen möchte, ist die Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung eine wesentliche Grundlage. Menschen und Wirtschaft erwarten starke, weiter wachsende Telekommunikationsnetze als Voraussetzung für die weitere Digitalisierung. Digitale Dienste werden nach Analysen der Weltbank schon in wenigen Jahren 70 Prozent der globalen Wertschöpfung beeinflussen.
Der Rohstoff für diese Netze im Mobilfunk sind Funkfrequenzen, für deren Zuteilung die Bundesnetzagentur zuständig ist. Wie in vielen anderen Ländern Europas will auch die Behörde aktuell auslaufende Nutzungsrechte für die bundesweit aktiven Mobilfunkanbieter verlängern. Dazu herrscht nach jahrelangen Abstimmungsprozessen Konsens.
Fünf Jahre und keine neuen Argumente
Doch jetzt verzögert sich das Verfahren seit Monaten erneut – zulasten der Menschen und Unternehmen in Deutschland. Der Grund: Forderungen netzunabhängiger Diensteanbieter im Mobilfunk, die eine weitere Verschärfung der bereits bestehenden Diensteanbieterregelung verlangen. Dabei weisen diese Anbieter in Deutschland bereits den höchsten Marktanteil im europäischen Vergleich für diese Services auf. Sie fordern dennoch einen noch einfacheren Zugang zu den Mobilfunknetzen, was aber gerade mit Blick auf die Interessen der Bevölkerung und Unternehmen hierzulande nicht zu begründen ist. Diesen käme eine rasche Verlängerung der bestehenden Frequenzen deutlich mehr entgegen.
Doch statt einer Entscheidung zur Verlängerung der Frequenzen und damit schneller Flächenabdeckung für alle mit 5G in Deutschland ist nun gerade erst eine neuerliche Kommentierungsfrist für die Marktteilnehmer abgeschlossen worden – ohne, dass es nach fünf Jahren intensivem Austausch wesentliche neue Argumente oder Erkenntnisse gäbe.
Faktisch haben bereits alle vorhandenen Marktdaten und relevanten Studien untermauert, dass es einen lebendigen Wettbewerb unter allen Anbietern in Deutschland gibt. Zu dem Schluss kommt nicht nur die viel zitierte Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) im Auftrag der Bundesnetzagentur.
Zeit, die Debatte zu beenden
Sinkende Preise laut Analysen von Statista, steigende Investitionen, wachsende, vielfach ausgezeichnete Netze von Fachzeitschriften wie „Connect“ bis zur „Computer Bild“ und eine Vielzahl auf kommerzieller Basis abgeschlossener Kooperationsverträge: alles vorhanden – und das zum Wohle der Verbraucherinnen und Verbraucher. Der Markt funktioniert also. Die Behörde dürfte eigentlich nur bei Marktversagen intervenieren. Deshalb wäre eine Verschärfung der bestehenden Diensteanbieterregelung rechtlich unbegründet. In keinem anderen EU-Land gibt es vergleichbare Regelungen und Diskussionen zu Lasten von Unternehmen ohne marktbeherrschende Stellung. Das unabhängige Analyseinstituts Cullen International sieht in keiner größeren Volkswirtschaft Europas strengere Zugangsregelungen als sie Deutschland bereits vorschreibt.
Auch einen Verbraucherwunsch bedient eine solche Debatte nicht. Eine repräsentative Befragung des Marktforschungsinstituts Skopos bei privaten und geschäftlichen Nutzern von Mobilfunkservices aus dem vergangenen Jahr etwa war eindeutig: Jeweils mehr als 90 Prozent der Konsumenten und der Unternehmensvertreter betonen die besondere Bedeutung des Netzausbau als wichtigste Aufgabe der Telekommunikationsindustrie. Acht von zehn Unternehmern und sechs von zehn Verbrauchern geben dieser Aufgabe den Vorzug vor zusätzlichen Impulsen zu einer noch weitergehenden Förderung der Angebotsvielfalt.
Auch ordnungspolitisch führt eine solche Forderung in die Irre. Zusätzliche Regularien behindern die notwendigen Investitionen in die Netze und optimieren lediglich die Bilanzen einzelner Anbieter, die selbst keinen direkten Beitrag zum Ausbau der Mobilfunknetze leisten.
Kurzum: Diese Debatte sollte dringend zu einem Ende gelangen. Die Bundesnetzagentur hat in den vergangenen 25 Jahren immer wieder durch fundierte und marktkundige Entscheidungen den Wettbewerb gestärkt. Sie kann mit Stolz auf die höchste Wettbewerbsdichte im Mobilfunk in Europa blicken. Eine weitere Verschärfung von Zugangsverpflichtungen über die bewährte Verhandlungspflicht hinaus würde das Pendel zwischen Anreizen für dringend notwendige Investitionen im Sinne einer kompletten Flächenabdeckung auf der einen Seite und regulatorischen Auflagen auf der anderen Seite in eine deutliche Schieflage bringen. Es muss jetzt schnell der Weg für eine Verlängerung der auslaufenden Frequenzen im Sinne einer vollen Flächenabdeckung freigemacht werden.
Markus Haas ist seit 2017 Vorstandsvorsitzender des Telekommunikationsunternehmens O2 Telefónica.