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Energie & Klima

Standpunkte Der Geothermie zum Durchbruch verhelfen

Karin Thelen, Geschäftsführerin Regionale Energiewende der Stadtwerke München und Präsidentin des Bundesverbandes Geothermie
Karin Thelen, Geschäftsführerin Regionale Energiewende der Stadtwerke München und Präsidentin des Bundesverbandes Geothermie Foto: Stadtwerke München/Stefanie Aumiller

Die aktuelle Anhörung zum Geothermiebeschleunigungsgesetz (GeoWG) im Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie rückt einen „schlafenden Riesen“ ins Rampenlicht: Die Geothermie birgt das Potenzial, die Wärmeversorgung in Deutschland nachhaltig zu transformieren – wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen es zulassen, schreibt Karin Thelen von den Stadtwerken München.

von Karin Thelen

veröffentlicht am 04.11.2024

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In München nutzen wir Geothermie bereits seit zwei Jahrzehnten und wollen bis 2040 die Fernwärmeversorgung der Stadt weitgehend mit ihr dekarbonisieren. Doch der Weg dorthin ist von Herausforderungen geprägt: von hohen Anfangsinvestitionen, noch fehlender gesellschaftlicher Akzeptanz bis hin zu einem langwierigen Genehmigungsprozess – rechtliche Hürden bremsen den Fortschritt erheblich. Der aktuelle Entwurf des Geothermiebeschleunigungsgesetz (GeoWG) setzt erste wichtige Impulse zur Beschleunigung, bleibt in entscheidenden Punkten noch hinter den Möglichkeiten zurück.

Gesetzliche Anpassungen für einen echten Durchbruch in der Geothermie

Um die Geothermie als Grundpfeiler der Wärmewende in Deutschland zu etablieren, sind umfassende gesetzliche Anpassungen notwendig:

  • Privilegierung von Geothermieprojekten: Die Geothermie sollte, wie bereits andere erneuerbare Energien, in allen Genehmigungsbereichen privilegiert behandelt werden. Dies schließt Großwärmepumpen sowie alle zugehörigen Anlagen für Fernwärme und Strom ein.
  • Flächenbereitstellung: Die Einführung sogenannter Go-to-Gebiete für Geothermieprojekte ist überfällig. Dies sollte nach dem Vorbild von Wind- und Solarenergie und nach Maßgabe der europäischen Erneuerbaren Energie-Richtlinie (RED III) geschehen. Diese Beschleunigungsgebiete könnten gezielt Flächen für Geothermieprojekte reservieren und somit die Realisierung großer Projekte erheblich vereinfachen. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, diese Vorgabe aus der RED III bereits jetzt in die derzeitige Gesetzesnovelle aufzunehmen.
  • Einheitliche Genehmigungsverfahren: Ein Verfahren mit umfassender Konzentrationswirkung für Geothermieprojekte würde die Genehmigungszeit erheblich verkürzen. Anstatt sich mit mehreren Behörden abstimmen zu müssen, könnte eine zentrale Zulassung alle erforderlichen Genehmigungen umfassen. Dies würde nicht nur Zeit sparen, sondern auch Verwaltungskosten reduzieren und damit Bürokratie abbauen.
  • Anpassung des Baugesetzbuchs: Alle obertägigen Anlagen, wie etwa Wärmestationen und Netzanschlüsse, sollten ebenfalls als privilegierte Vorhaben behandelt werden. Dies würde die Genehmigungsverfahren vereinfachen und beschleunigen.

Die Bedeutung stabiler Förderrahmen für die Fernwärmewende

Mit dem bloßen Ausbau der Geothermie ist es allerdings nicht getan: Die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung erfordert neben den Erzeugungsanlagen auch den Ausbau der Fernwärmenetze. Das Bundesförderprogramm effiziente Wärmenetze (BEW) bietet genau hier das Fundament, um die Integration erneuerbarer Energien in Wärmenetzen zu fördern. Hierfür ist sein gesicherter Finanzierungsrahmen bis 2045 unverzichtbar. Genauso muss das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) über 2029 hinaus verlängert werden, um den notwendigen Netzausbau zu sichern.

Die bisherige Wärmelieferverordnung, die den Anschluss von Bestandsgebäuden an Fernwärmenetze regelt, ist ebenfalls überarbeitungsbedürftig. Hier liegt die Verantwortung klar beim Bundesjustizministerium.

Bürokratische Hürden im Bergrecht und Wasserrecht abbauen

Aktuell regelt ein duales Genehmigungsverfahren die Geothermieverfahren: Während die Thermalwasserkreisläufe dem Bergrecht unterliegen, fallen obertägige Anlagen unter das Baurecht. Diese Doppelregulierung erschwert den Verwaltungsprozess und verlängert die Planungsdauer. Eine Novellierung des Bundesberggesetzes könnte diesen Aufwand deutlich reduzieren und die Genehmigung beschleunigen.

Darüber hinaus sollten wasserrechtliche Genehmigungspflichten für Großwärmepumpen aufgehoben und durch eine einfache Anzeigepflicht ersetzt werden, wie es im ersten Entwurf des GeoWG vorgesehen war. Die Möglichkeit, Grundwasser sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen zu nutzen, würde nicht nur den thermischen Einfluss auf den Untergrund regenerieren, sondern auch das wirtschaftliche Potenzial der Anlagen steigern.

Die Akzeptanz der Geothermie stärken – Information und Aufklärung

Die Geothermie kann nur dann eine tragende Säule der deutschen Wärmeversorgung werden, wenn wir die Bevölkerung von den Vorteilen überzeugen. Denn noch ist diese Technologie für viele Bürgerinnen und Bürger Neuland. Die Stadtwerke München haben bereits umfassende Erfahrungen mit Geothermie gesammelt und bisher sechs Anlagen erfolgreich in Betrieb genommen.

Eine umfassende Informationskampagne auf Bundesebene wäre ein wichtiger Schritt, das Vertrauen in diese Technologie zu stärken und mögliche Bedenken abzubauen. Geothermie bietet nicht nur saubere Energie, sondern auch Versorgungssicherheit und langfristige Preisstabilität – Werte, die sowohl für Verbraucher als auch für die Energiewende von entscheidender Bedeutung sind. Auch im späteren Betrieb gehen von den Anlagen keine Beeinträchtigungen der Anrainer aus, wodurch diese Technologie sehr gut für den Einsatz im urbanen Raum geeignet ist.

Geothermie als Schlüssel zur klimaneutralen Wärmeversorgung

Die Geothermie hat gewaltiges Potenzial, die deutsche Wärmeversorgung nachhaltig zu transformieren. Sie kann es allerdings nur voll entfalten, wenn der Gesetzgeber dies aktiv unterstützt und die rechtlichen Rahmenbedingungen anpasst. Die kommenden Monate sind entscheidend, um die Weichen für eine flächendeckende Nutzung dieser „grünen Wärmequelle“ zu stellen. Dies kann den schlafenden Riesen Geothermie wecken und die Wärmewende vorantreiben.

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