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Energie & Klima

Standpunkte Es drohen schwierige Zeiten für Klimabeziehungen

Laura von Daniels und Sonja Thielges, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
Laura von Daniels und Sonja Thielges, Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) Foto: Stiftung Wissenschaft und Politik/Viviane Wild

Die US-Wahl steht vor der Tür – das Ergebnis wird die transatlantischen Klimabeziehungen entscheidend prägen. Was von den beiden Kandidaten Donald Trump und Kamala Harris bei der Klimaaußenpolitik zu erwarten ist, analysieren Sonja Thielges und Laura von Daniels von der Stiftung Wissenschaft und Politik.

von Laura von Daniels und Sonja Thielges

veröffentlicht am 29.10.2024

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Die US-Wahl am 5. November wird zu einer Richtungsentscheidung nicht nur für die US-amerikanischen, sondern auch für die globalen Klimaschutzbemühungen. Denn Kamala Harris und Donald Trump könnten in ihren Positionen zum Klimaschutz kaum weiter auseinanderliegen. Je nach Wahlergebnis könnte sich der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasen erneut aus den internationalen Klimaschutzbemühungen zurückziehen – oder diese ankurbeln.

Die neue Präsidentin oder der neue Präsident folgt auf eine Phase der progressiven Klimapolitik in den USA. Joe Biden könnte als Klima-Präsident der USA in die Geschichte eingehen. Er verkündete das Ziel, die Emissionen des Landes bis 2030 zu halbieren und führte die USA in das Pariser Klimaabkommen zurück. Biden gelang es mit einer Reihe von Gesetzen, allen voran dem Inflation Reduction Act (IRA), die Förderung grüner Technologien wie erneuerbaren Energien, E-Fahrzeugen und Wasserstoff zu verankern. Mit strenger Regulierung von Kraftwerken soll der Stromsektor bis 2035 dekarbonisiert werden. Den Abschied vom Verbrennungsmotor leitete er mit strengen Emissionsstandards für Fahrzeuge ein.

Eine Klimaaußenpolitik der offenen Arme

Biden führte die USA außerdem in eine Vielzahl bi- und plurilateraler Kooperationsformate, um den Klimaschutz und den Ausbau von grünen Technologien voranzutreiben. Dazu gehört auch eine bilaterale Klima- und Energiepartnerschaft mit Deutschland. Auch setzten sich die USA und die EU das Ziel, im gemeinsamen Trade and Technology Council über einen Abbau von Handelshemmnissen im Bereich der grünen Technologien zu verhandeln.

Um die Klimaaußenpolitik zu koordinieren, machte Biden den ehemaligen Außenminister John Kerry zum Sonderbeauftragten für internationale Kooperationen. Nur durch dessen Erfahrung und Verhandlungsgeschick gelang es, dass die USA mit ihrem strategischen Rivalen China trotz aller sonstiger Differenzen im Dialog zu klimapolitischen Herausforderungen blieben.

Das Trump-Szenario

Donald Trump möchte all dies am liebsten rückgängig machen. Gesetze wie den IRA, der obendrein noch mehrheitlich Republikanischen US-Staaten zugutekommt, wird er nicht ohne eine breite Mehrheit im US-Senat loswerden können. Auch dürften seine Wahlkampf-Unterstützer aus den Teilen der US-Wirtschaft, die bereits vom Ausbau der Elektromobilität und anderen Klimamaßnahmen profitieren, politischen Druck auf ihn ausüben, die Subventionen weiter fließen zu lassen.

Wohl aber könnte Trump Regulierung verändern oder streichen, Ministerien umorganisieren, Gelder für Klimaforschung oder Kredite für erneuerbare Energien einfrieren oder den Zugang zu Steueranreizen begrenzen. Dabei spielt ihm auch die konservative Mehrheit im Supreme Court in die Karten. Die Richterinnen und Richter haben in den letzten Jahren die Regulierungsmacht der US-Regierung erheblich geschwächt. Bestehende Regulierung aus der Biden Zeit könnte von Gerichten gekippt werden.

Vollbremsung für das internationale klimapolitische Engagement

Die internationale Zusammenarbeit für den Klimaschutz lehnt Trump grundsätzlich ab. Mit einer einfachen Exekutivverordnung könnte Trump aus den meisten Kooperationsformaten austreten. Dies würde auch einen Totalausfall der USA bei internationalen Initiativen für die Klimafinanzierung in Schwellen- und Entwicklungsländern bedeuten.

Darüber hinaus könnte Trump auch auf die Idee kommen, die Klimapolitik der EU zu torpedieren. Besonders der CO2 Grenzausgleichsmechanismus CBAM dürfte Trump ein Dorn im Auge sein. Mit der Einführung ab 2026 könnten auch US-Importe von der EU mit Gebühren belegt werden. Trump könnte der EU mit Zöllen als Strafe für den CBAM drohen.

Zudem könnte er die EU auch damit unter Druck setzen, erneut einen Rückzug aus der NATO oder den Entzug von Sicherheitsgarantien anzukündigen, sollten die Europäer ihm in Wirtschaftsfragen nicht entgegenkommen. Auch könnte er von der EU verlangen, für US-Produkte Ausnahmen zuzulassen, gegenüber China aber den CBAM als wirtschaftliche Sanktion einzusetzen.

Das Harris-Szenario

Mit Harris als Präsidentin kann die EU mit einer weiteren Umsetzung des IRA rechnen und auch weiterem Engagement in internationalen Klimaschutzforen. Ein Herzensanliegen ist Harris nach eigener Aussage die Klimagerechtigkeit – in den USA aber auch darüber hinaus. Das birgt Hoffnung für die Entwicklungszusammenarbeit, für die internationale Klimafinanzierung und auch für eine Steigerung des bisher mageren Beitrags der USA zum Loss and Damage Fonds. Harris wird aber, um hier Fortschritte zu erzielen, sich auf heftige Auseinandersetzungen mit dem Kongress einlassen müssen – Ausgang ungewiss.

Auch unter Kamala Harris wäre die EU vor Herausforderungen gestellt, vor allem was die eigenen Importe von Klimatechnologie aus China betrifft. So sehen auch Mitglieder der Demokratischen Partei beispielsweise den Ausbau der Solaranlagen in der EU mithilfe günstiger chinesischer Solar-Panele äußerst kritisch. Auch im Bereich Rohstoffe und Komponenten für andere erneuerbare Energietechnologien bemängelt man in den USA über Parteigrenzen hinweg, dass die EU – nach der Gasabhängigkeit von Russland – sehenden Auges in die nächste Abhängigkeit schlittert.

Hohe Abhängigkeit von China als Herausforderung

Die USA sind aktuell ebenfalls noch in hohem Maße abhängig von China. Die nationale Sicherheitsstrategie sieht dementsprechend vor, diese Abhängigkeit so schnell wie möglich zu reduzieren und teilweise ganz abzubauen. Harris wird dies unter anderem mit der weiteren Umsetzung des IRA vorantreiben. Dieser enthält strenge Regeln zum Anteil lokaler US-Produktion – auch zum Nachteil der EU: Um von den IRA-Zuschüssen zu profitieren, müssen Rohstoffe und Komponenten für die Herstellung grüner Technologien spätestens bis 2029 hauptsächlich aus den USA stammen. Weil die US-Regierung hohe Kosten in Kauf nimmt, um den Aufbau von grünen Industrien zu unterstützen, wäre auch unter Harris mit Importzöllen zu rechnen. Das gilt in erster Linie für Importe aus China.

Zugleich weiß auch Harris, dass an China für den Erfolg internationaler Klimaschutzmaßnahmen kein Weg vorbeiführt. Wie Biden dürfte sie daher versuchen, mit China im Rahmen einzelner Vereinbarungen zu kooperieren. Darin liegt zumindest aus Demokratischer Sicht ein Vorteil für das komplexe Gesamtverhältnis mit China, das man – im Gegensatz zu Trump – nicht in allen Bereichen konflikthaft gestalten möchte.

Keine Absage an Fracking und fossile Energie

Enttäuschung könnte sich aus europäischer Sicht schließlich auch unter Harris beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern einstellen: Die USA sind der weltweit größte Öl- und Gasproduzent. Harris hat im Wahlkampf zunehmend klargemacht, dass sie sich nicht mehr – wie in der Vergangenheit – gegen Fracking stelle. Auch sieht sie fossile Energien durchaus als Zukunftsenergien für die USA und als Garant für Energiesicherheit – wenn auch in „geminderter“ Form in Kombination mit Technologien wie der CO2 Abscheidung und -Speicherung (CCS).

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