Investitionen in Wind- und Solarkraftwerke waren noch vor wenigen Jahren ohne Subventionen kaum denkbar. Förderinstrumente wie die EEG-Einspeisevergütung halfen den jungen Technologien zum Durchbruch, indem sie sichere und attraktive Renditen ermöglichten und durch Lerneffekte die Kosten international senkten. Dadurch hat Deutschland einen großen Beitrag zu Innovation und dem Gelingen von Klimaschutz weltweit geleistet.
Mittlerweile hat die Bundesrepublik ihre Förderung auf ein Auktionssystem umgestellt, um die Kosten für zusätzliche Kapazitäten durch mehr Wettbewerb weiter zu senken und die Erneuerbaren näher zum Markt zu bringen. Wie es scheint mit Erfolg, denn die erzielten Zuschläge sind auf konstant niedrigem Niveau. Allerdings fordern beziehungsweise implizieren Akteure wie der Deutsche Bundestag (im aktuellen EEG), liberale Parteien (zum Beispiel als Teil vom Wahlprogramm der FDP) oder die Europäische Kommission (imBeihilferecht), dass auch Ausschreibungen mittelfristig einzustellen seien. Werde der Ausbau der erneuerbaren Energien dem Strommarkt überlassen, würde dies die Kosten der Energiewende weiter senken – so die marktliberale Logik. Unsere Investorenbefragungen und Simulationen zeigen jedoch, dass ein Ende der Förderung den Ausbau verlangsamt, Investitionen in andere Länder verschiebt und den Strommarkt in Nachbarländern beeinflusst.
Weniger Ausbau und Investitionen in Deutschland
Wir haben Investitionsentscheidungen von Stromproduzenten auf einem vernetzten Strommarkt simuliert. Die Ergebnisse zeigen zum einen, dass sich Investitionen durch das Auslaufen der Förderung in den nächsten Jahren verringern würden. So könnte sich der Ausbau der Wind- und Solarenergie (an Land) zwischenzeitlich um bis zu 60 Prozent verlangsamen. Da diese Technologien wichtige Stützpfeiler der Energiewende sind, kann ein rein marktgetriebener Ausbau die nationalen Ausbauziele bis 2030 und 2050 nicht erfüllen.
Unsere Befragungen zeigten, dass ein Ende der Förderung viele Investoren dazu bewegen würde, in ein risikoärmeres Umfeld abzuwandern oder in rentablere Optionen zu investieren. Dies insbesondere in jene EU-Länder, welche die Erneuerbaren weiter fördern, oder in jene Projekte, die zwar teurer sind, aber weiterhin gefördert würden. So eine Investitions-Verschiebung könnte nicht nur die Energiewende europaweit verteuern, da sie zum beschleunigten Ausbau teurerer Technologien führt, sondern ist auch aus Sicht der nationalen Zielsetzung oder der Netzplanung suboptimal.
Zur Klarstellung: Die Förderung von jungen und momentan teuren Zukunftstechnologien soll nicht vernachlässigt werden (zum Beispiel von solarthermischen Kraftwerken); diese Technologien könnten künftig, ähnlich der heutigen Photovoltaik, unabdingbar werden. Da jedoch der Ausbau von Wind- und Solarkapazität hohe Priorität genießen sollte, sollten sich Investitionen aufgrund von Netz- statt Renditevorteilen über den Kontinent verteilen.
Schließlich zeigen unsere Simulationen, dass Änderung an den Fördersystemen das Investitionsumfeld in kleinen Nachbarländern spürbar beeinflussen, zum Beispiel in den Niederlanden im Verhältnis zu Deutschland. Positive wie negative Auswirkungen auf Strommarktpreise können bei einem vorzeitigen Ende der deutschen Förderung unerwartet eintreten, was die nationale Ziel- und Politikplanung kleinerer Länder erschwert.
Förderinstrumente schaffen VertrauenUnsere Forschungsergebnisse können mit Renditeanforderungen, Risikobereitschaft und nicht-ökonomischen Präferenzen von Investoren erklärt werden. Erstens führt das Ende der Förderung bei vielen Investoren zu geringeren Renditeerwartungen. Dies vor allem aufgrund Zeiten hoher erneuerbarer Stromerzeugung und wenn der Markt zu wenig Flexibilität bietet. Dann schmälern Erneuerbare ihre eigene Rendite.
Zweitens sind Fördermittel relevant für risikoaverse Investoren. Insbesondere sind Preisrisiken von Bedeutung, da zukünftige Gas- und Strompreise (siehe die aktuelle Strompreiskrise) sowie Zinssätze ungewiss sind. Je höher die Unsicherheit ist, desto höher fallen aber die veranschlagten Risikoprämien aus. Ist ein stabiles Fördersystem vorhanden, sind Einkünfte besser planbar, Risiken und Kapitalkosten kleiner und damit auch die Energiewende günstiger.
Schließlich erklären wir die potenzielle Abwanderung von Investoren in andere Länder durch ökonomische und nicht-ökonomische Präferenzen. Einerseits kann das Auslaufen der inländischen Förderung die weiterhin geförderten Projekte im Ausland dank höherer Renditen und kleinerer Risiken attraktiver machen. Andererseits wird die Abwanderung durch nicht-ökonomische Präferenzen begünstigt, insbesondere durch Präferenzen für bestimmte Standorte. Dasselbe gilt für eine potenzielle Investitions-Verschiebung zwischen konkurrierenden Technologien.
Empfehlungen für die kommende KoalitionUm den Kohleausstieg, wie im Sondierungspapier der Ampelkoalition erläutert, auf 2030 vorzuziehen, muss der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland stark beschleunigt werden. Dies wird bei einem baldigen Auslaufen von neuen Ausschreibungen deutlich schwieriger. Auktionen für Wind- und Solarkraftwerke sind ein bewährtes Instrument und sollten bis auf Weiteres beibehalten werden. Damit wird die Investitionssicherheit erhöht und der stockende Ausbau vorangebracht. Aufgrund der positiven Effekte für Kapitalkosten und den Wettbewerb ist ein stabiles und nachhaltiges Fördersystem nicht zwingend mit höheren Kosten verbunden.
Unabhängig von der Finanzierungsfrage, darf die nächste Koalition das EEG-Fördersystem nicht abschaffen, sondern sollte es eher aufstocken. Die deutsche Regierung muss nun auch im europäischen Verbund denken, weil Förderänderungen in so einem großen und geographisch zentralen Land Auswirkungen in anderen Ländern haben. Deutschland kann also durch ein funktionierendes Fördersystem wieder zum Vorbild für eine gelungene Energiewende werden.
Wissenschaftliche Artikel, die den Inhalt des Standpunkts unterlegen und weiter ausarbeiten, sind hier und hier abrufbar, Blog-Artikel des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) dazu hier und hier.