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Energie & Klima

Standpunkte Die Förderung der Erneuerbaren ist eine „Never Ending Story“ ohne „Happy End“

Sven Höppner, Vorsitzender der Kommission Energiepolitik, Die Familienunternehmer
Sven Höppner, Vorsitzender der Kommission Energiepolitik, Die Familienunternehmer Foto: Die Familienunternehmer/Marc Schultz-Coulon

Sven Höppner drängt zu einem raschen Ende der Förderung erneuerbarer Energien. Erst wenn man die Erneuerbaren in den Markt entlasse, könnten sie zu einem echten Erfolgsmodell werden, argumentiert der Vorsitzende der Kommission Energiepolitik der Organisation Die Familienunternehmer.

von Sven Höpppner

veröffentlicht am 21.08.2024

aktualisiert am 22.08.2024

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Die Reform des Strommarktdesigns auf europäischer Ebene, das sogenannte Strommarktpaket, ist Mitte Juli in Kraft getreten. Zwangläufig muss damit auch die Förderung der Erneuerbaren umgestellt werden. Auch auf deutscher Ebene wird mit dem sogenannten Wachstumspaket eine Änderung der Erneuerbaren-Förderung angestrebt – hin zu einem Investitionskostenzuschuss.

Ich frage mich: Warum eigentlich immer noch weiter fördern? Seit Jahren bekommen wir von eher grünen politischen Akteuren vorgebetet, die Erneuerbaren seien „konkurrenzlos günstig“. Nun fragt sich der Beobachter, der Ökonom und auch der Kaufmann: Wenn dem so ist, warum muss man sie dann staatlich immer noch üppig fördern und privilegieren?

Es ist eigentlich unglaublich. Das EEG schafft für jeden Betreiber von erneuerbaren Energien ein Paradies: Produziert wird dann, wenn es geht, die Nachfrage spielt überhaupt keine Rolle. Zur Versorgungssicherheit ist der Betreiber nicht verpflichtet – externe Kosten dafür werden auf Dritte abgewälzt. Wird produziert, so gewährleistet der Staat den EE-Betreibern eine Abnahmegarantie und steht im Zweifel für die Kosten gerade, die am Markt nicht erwirtschaftet werden. Wird zu viel produziert – also ohne jeglichen Nutzen – zahlt der Staat trotzdem. Welcher Unternehmer würde sich nicht danach sehnen?

Vollkaskoversicherung, Festpreise, Abnahmegarantie und sogar die Vergütung nicht benötigter Produktion – das alles für ein Produkt, das „konkurrenzlos günstig“ ist?

Teuer erkauft

„Konkurrenzlos günstig“ sind die Erneuerbaren nur dann, wenn man die reinen Erzeugungskosten betrachtet, aber die damit induzierten Systemkosten völlig außer Acht lässt. Trotz unzähliger Anregungen wurde sowohl die Speicherproblematik als auch die notwendige Infrastruktur als auch die Versorgungssicherheit komplett vom Gesetzgeber ausgeklammert, so dass wir meilenweit hinter den Notwendigkeiten zurückhängen und dies nun mit massivsten Anstrengungen aufholen müssen. Das darf man keinesfalls nur der jetzigen Regierung anlasten – es wurde in den vergangenen zwanzig Jahren versäumt.

Der gestiegene Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung ist schön und gut, aber diese Erfolgsmeldung wurde teuer erkauft. Auf Basis von Studien (Haucap 2016, danach zusätzlich angefallene Kosten) liegen die Kosten für Steuerzahler und Verbraucher seit Bestehen des EEG bei mindestens 700 Milliarden Euro. Die Kosten der diversen Ausstiege aus anderen Technologien, zum Beispiel der staatlich festgelegte Kohleausstieg, die wir uns „gönnen“, sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt.

Zudem ist der Anteil der Erneuerbaren am Primärenergieverbrauch bestenfalls mau. Laut Zahlen des BDEW betrug dieser im Jahr 2023 nur knapp 20 Prozent. Gut die Hälfte davon dürfte Biomasse sein, deren Potenzial weitgehend erschöpft sein dürfte.

Die Befürworter der Energiewende haben diese immer nur als Stromwende vorangetrieben. Das Endziel war die All Electric Society. Spätestens jetzt zeigt sich die Schwachstelle dieser Utopie. Wer nur auf Erneuerbare auch für den Primärenergieverbrauch setzt, steht vor der rechnerischen Unmöglichkeit, den Ausbau der bisher errichteten Kapazitäten zu vervielfachen. Beim Status quo des Energieverbrauchs wäre eine Verfünffachung nötig, bei steigendem Energieverbrauch zum Beispiel durch mehr Rechenzentren im Zuge der Digitalisierung entsprechend mehr. Das wird zuerst ein Flächenproblem in Deutschland und dann ein Akzeptanzproblem bei den Bürgern.

Auch die CO2-Bilanz des Strommixes in Deutschland ist im Vergleich zu anderen europäischen Staaten eher hoch. Die eigentliche Begründung für das EEG, das Klima zu schützen, wurde also auch verfehlt. Das hängt damit zusammen, dass das eigentliche Ziel – die CO2-Einsparung – schlicht keine Kopplung zum EEG hat.

Nicht die gleichen Fehler wieder begehen

Ein Kardinalfehler der bisherigen Konzeption: Sowohl die Energiepolitik als auch vor allem das EEG, waren fast rein national ausgerichtet. Von Europa keine Spur. Dabei lägen die vielfältigen Vorteile auf der Hand, sowohl mit Blick auf die Nutzung von Erneuerbaren als auch auf die Preise und die Versorgungssicherheit. Es ist schon auffällig, dass diejenigen, die Europa besonders groß schreiben, mit dem EEG massiv deutschen Protektionismus gegen EU-Mitgliedsländer betrieben haben und immer noch betreiben.

Ein weiterer fataler Fehler: Die Technologieoffenheit – ein Grundprinzip der Marktwirtschaft und gleichzeitig Innovationstreiber – wurde in der Vergangenheit immer wieder durch massive politische Planung und die ministeriale „Anmaßung von Wissen“ ersetzt. Nun ist das alles vergossene Milch, aber gleichwohl sollte man aus den Fehlern der Vergangenheit lernen.

Mit dem Strommarktpaket ist das EEG meines Erachtens demnächst Geschichte. Denn eigentlich lässt diese Reform nur noch Contracts for Difference (CfDs) oder Power Purchase Agreements (PPAs) zu.

Während die PPAs ein marktwirtschaftliches Instrument darstellen, das für Erzeuger wie für Verbraucher und produzierende Familienunternehmer interessant sein kann, ignorieren CfDs wiederum die Prinzipien der Marktwirtschaft. Wieder wird ein Preis festgelegt. Steigt der Marktpreis für eingespeisten Strom über diesen im CfD festgelegten Preis, werden Gewinne abgeschöpft, womit wiederholt ökonomische Grundprinzipien außer Kraft gesetzt werden. Denn Preise signalisieren Knappheiten. Produzenten, die diese Knappheit bedienen, machen Gewinne. Diese abzuschöpfen, wird nur die Investitionen minimieren. CfDs sind also keine Lösung!

Was wäre stattdessen eine Lösung? Die „konkurrenzlos günstigen“ Erneuerbaren gehören endlich in den Markt entlassen. Dass diese Erzeuger an der Börse zu Null bieten, ist ein Problem, das umgangen werden kann, wenn der Gesetzgeber von diesen Erzeugern auch Versorgungssicherheit verlangt – über Akkumulatoren, die aus Erneuerbaren und grundlastfähigen Kraftwerken das entsprechende Produkt zusammenbauen. Das wäre ein Modell, das Wettbewerb entfacht, die Systemkosten internalisiert und somit Versorgungssicherheit zu den günstigsten Preisen initiiert.

Außerdem müssen alle Technologien, die zur angestrebten Klimaneutralität beitragen, ermöglicht werden. Aber nicht subventioniert! Energiepolitisch ist Technologieoffenheit die Lösung, nicht das Problem. Der Emissionshandel sorgt automatisch für die Einhaltung der Klimaziele. So geht „sicher, sauber und bezahlbar“. Es wird – auch im Energiesektor – Zeit für echte Erfolgsmodelle, wie die Soziale Marktwirtschaft.

Sven Höppner leitet die Kommission Energiepolitik der Organisation Die Familienunternehmer und ist einer von zwei Geschäftsführern des Elektroindustrieunternehmens Werner Wirth in Hamburg.

Wie weiter mit der Erneuerbaren-Förderung? Die Debatte bei Tagesspiegel Background. Lesen Sie weitere Standpunkte zum Thema:

Hans-Josef Fell: Ein Ende des EEG wäre zum Schaden von Marktwirtschaft, Industrieführerschaft und Klima

Sarah Müller: Ab 2025 wird die Förderung für erneuerbare Energien schrittweise abgeschafft. Höchste Zeit!

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