Nach der Einspeisevergütung für alle Anlagen in der Anfangszeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und der Einführung der Direktvermarktung für größere Anlagen vor zehn Jahren hat die Ampelkoalition jetzt den nächsten Schritt bei der Finanzierung erneuerbarer Energien angekündigt: Im Rahmen eines Reallabors soll die Förderung über eine Investitionsprämie erprobt werden. Auch das Optionenpapier des BMWK von Anfang August hat dies als eine Finanzierungsmöglichkeit aufgegriffen. Wie sinnvoll ist das aus Sicht der DIHK?
Hier lohnt es sich zunächst, einen Blick auf den Status quo des deutschen Strommarkts zu richten: Erneuerbare Energien haben im ersten Halbjahr 2024 einen Anteil von rund 57 Prozent an der Bruttostromerzeugung erreicht. Das ist ein beachtlicher Erfolg, der allerdings mit einem Schönheitsfehler daherkommt. Schließlich sinkt der Stromverbrauch in Deutschland wider aller Erwartungen.
Das ist nicht das Ergebnis verbesserter Energieeffizienz, sondern es kommt daher, dass Unternehmen ihre Produktion einstellen beziehungsweise verlagern (siehe IHK-Energiewende-Barometer 2024). Es rührt auch daher, dass die Elektrifizierung im Verkehrs- und Gebäudesektor bestenfalls auf der Stelle tritt und die notwendige Infrastruktur vielerorts schlicht fehlt. Von den 750 Terawattstunden Stromverbrauch, die das EEG für 2030 vorsieht, war Deutschland mit 517 TWh im vergangenen Jahr jedenfalls meilenweit entfernt. Wenig spricht derzeit dafür, dass sich der Strombedarf in sechs Jahren auch nur in die Nähe der politischen Planungen bewegt.
Immer mehr Anlagen des gleichen Typs
Damit kommen wir zur nächsten Frage: Warum ist das ein Problem, und was hat das mit der Förderung erneuerbarer Energien zu tun? Der Ausbau von Photovoltaik (PV)-Anlagen oder Windrädern ist im EEG jahresscharf festgelegt. Da die Nachfrage derzeit sinkt, gibt es immer mehr Stunden an der Strombörse mit negativen oder sehr niedrigen Preisen. Der Markt signalisiert Investoren: Noch mehr Stromerzeugung in diesen Stunden hat keinen (Mehr-)Wert. Dennoch werden jeden Tag neue Anlagen des gleichen Typus errichtet, weil das EEG durch Ausschreibungen für entsprechenden Zubau sorgt.
Durch die staatliche Förderung spielen Marktsignale außerdem kaum noch eine Rolle. Der Vergütungsausfall bei sechs Stunden negativen Preisen in Folge wird durch eine entsprechend verlängerte Förderdauer kompensiert. Das EEG ist also nach wie vor ein weiches Kissen. Das EEG garantiert die Rendite und nicht der Markt. Das schafft immer mehr Probleme im Energiesystem.
Dies zeigt einmal mehr: Staatliche Planung kann das Erkundungsverfahren des Marktes nicht effizient ersetzen. Der Staat schießt sich ein Eigentor, seit er die EEG-Förderung aus dem Bundeshaushalt bestreitet. Schließlich senkt jede staatlich über das EEG gewollte neue Anlage die Markterlöse aller anderen. Damit steigt der Förderbedarf kontinuierlich. Ausgleichen dürfen das die Wirtschaft und die privaten Haushalte als Steuerzahler. Um es einfach auszudrücken: Das Verhältnis von Kosten und Nutzen der derzeitigen EEG-Förderung ist inzwischen aus dem Ruder gelaufen.
Insofern ist die Idee der Bundesregierung, künftig mit Investitionsprämien bei der Förderung erneuerbarer Energien zu arbeiten, gut. Schließlich würden Betreiber erneuerbarer Energieanlagen direkt nach Inbetriebnahme einen Teil der Investitionssumme aus einem öffentlichen Topf erhalten und diese danach im Markt optimieren. So könnten etwa Speichertechnologien oder eine Ost-West Ausrichtung von PV-Anlagen die Rendite steigern, weil der Zeitpunkt der Einspeisung verschoben werden kann. Das reduziert teure Abschaltungen, weitet das Zeitfenster der Versorgung mit erneuerbaren Energien in Deutschland aus und entlastet die Stromnetze. Marktsignale entscheiden über Anlagenkonfiguration und -einsatz und nicht länger staatliche Vorgaben via EEG.
Anreize für PPAs geben
Die DIHK hatte bereits im vergangenen Jahr vorgeschlagen, Strompartnerschaften zwischen Anlagenbetreibern und Abnehmern (sogenannte Power Purchase Agreements, PPA) über eine Investitionsprämie sowie eine Entlastung bei den Netzentgelten einen finanziellen Anreiz zu geben. Mit einer solchen Prämie arbeitet übrigens auch der Inflation Reduction Act in den USA.
Die Bundesregierung hatte einen Teil der Strompartnerschaft im Referentenentwurf des Wachstumschancengesetzes bereits aufgegriffen. Eine Investitionsprämie sollten allerdings nur Projekte erhalten, die der Abnehmer selbst finanziert. Damit wäre zusätzliches Kapital in den nachfragegetriebenen Ausbau erneuerbarer Energien geflossen. Leider ist die Strompartnerschaft den Verhandlungen mit den Ländern zum Opfer gefallen, weil die Administrierung niemand übernehmen wollte. Es ist Zeit für einen neuen Anlauf, dann eben im Reallaborgesetz.
Bei einer Investitionsprämie von bis zu 15 Prozent bedarf es auch keiner spezifischen beihilferechtlichen Genehmigung. Jedenfalls sollte die Investitionsprämie nur ein Übergangsschritt sein und die Förderung erneuerbarer Energien so schnell wie möglich ganz auslaufen. Die Nachfrage nach grünem Strom, getrieben durch Taxonomie, Nachhaltigkeitsvorgaben und steigende CO2-Preise, ist stark genug, um für einen weiteren Ausbau zu sorgen. Es geht nicht darum, möglichst viele PV-Anlagen auf Dächer zu bringen oder Windräder aufzustellen. Es geht darum, ein effizientes klimaneutrales Stromsystem zu erreichen. Das ermöglicht die Flexibilität des Marktes, das ermöglichen nicht politische oder administrative Wunschvorstellungen, die sich im EEG ausdrücken.
Sebastian Bolay ist seit 2022 Bereichsleiter Energie, Umwelt, Industrie bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer.
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