In Brandenburg haben es zuletzt nur noch SPD, AfD, BSW und die CDU in den Landtag geschafft. Die Grünen scheiden gleich aus drei Landesregierungen aus und verpassen zwei Mal den Wiedereinzug ins Parlament. In allen drei Ländern dominierten die Farben der sogenannten Brombeer-Koalition. Es stehen in Thüringen und Sachsen anspruchsvolle Regierungsbildungen aus CDU, SPD und BSW an. In Brandenburg läuft es auf Verhandlungen von SPD und BSW hinaus.
Was bedeutet das für die Energiewende?
Zunächst muss man festhalten: Die Energiewende war nicht wahlentscheidend. Während die Bundestagswahlen 2021 auch als „Klimawahlen“ tituliert wurden, spielten bei diesen Landtagswahlen weder Klimaschutz noch Energiethemen eine entscheidende Rolle. Nur vier bis neun Prozent der Wählenden bezeichneten Klimaschutz als zentral für ihre Wahlentscheidung. Im Gegensatz dazu haben die multiplen Krisen der letzten Jahre das Bedürfnis nach Themen wie Sicherheit und Stabilität untermauert. Die Umfragen verschiedener Meinungsforschungsinstitute legen zudem nahe, dass bundespolitische Themen wie Migration und Verteidigung auch auf Landesebene Vorrang hatten. Energiethemen haben die Wahlen allenfalls bei der Forderung nach erschwinglichen Energiepreisen bestimmt.
Die Wahlprogramme werfen ihre Schatten voraus
Zugleich gehen jene Parteien aus der Wahl gestärkt hervor, deren Energiewende-Agenda entweder wenig ambitioniert ist oder die sich in Anbetracht von Transformationsmüdigkeit in der Bevölkerung und anderer drängender Themen gegen große Veränderungen aussprechen. Das zeigt der Blick in die Wahlprogramme, die nun die Grundlage für die Erarbeitung der möglichen Regierungsprogramme bilden. Als EnergieSystemWende-Kolleg der Reiner Lemoine Stiftung haben wir im Vorfeld der Landtagswahlen einen Wahlprogramm-Check anhand von elf Bewertungskriterien durchgeführt und uns gefragt, welche Wahlprogramme die Energiewende voranbringen würden.
Allein der Blick auf Brandenburg illustriert, dass der neue Landtag dahingehend ein trübes Bild abgibt. Es könnte auf eine Regierung hinauslaufen, bei der sich die SPD trotz des Bekenntnisses zu erneuerbaren Energien als Standortvorteil mit allenfalls befriedigenden Ansätzen für die teilweise Fortsetzung der Energiewende einsetzt. Dies gilt es dann zugleich mit einer Programmatik des BSW zu vereinen, deren Vorschläge eine Stagnation der Energiewende befürchten lassen. So heißt es im BSW-Programm, die Menschen in Brandenburg würden „unter dem massiven Ausbau der PV- und Windkraftanlagen in ihrem Umfeld leiden“. Und anstelle eines Vorziehens des Braunkohleausstiegs brauche es eher das Gegenteil, ebenso wie die Abkehr von Verbrenner-Verboten.
Zugleich sitzen möglicherweise zukünftig mit der CDU und der AfD zwei Parteien in der Opposition, deren Wahlprogramme teilweise konträr zu den Anforderungen der Energiewende liegen. So verfolgt die CDU dezidiert keinen ambitionierten energiepolitischen Plan und die AfD will sich sogar dafür einsetzen, den Ausbau von erneuerbaren Energien stellenweise zu verhindern. Den Linken und den Grünen, die mit Programmen in die Wahl gegangen sind, welche die Energiewende bestärken sollten, bleibt nur die außerparlamentarische Opposition. Unterm Strich ist das also keine einfache Ausgangslage.
Hoffnungsschimmer für die Energiewende
Aber es gibt auch Grund zur Hoffnung. Während die Energiewende nicht zu den Top-Themen dieser Landtagswahlen gehörte, so ist es positiv zu bewerten, dass fast alle Parteien ausführliche Positionen zur Energiewende in ihre Wahlprogramme aufgenommen haben. Die CDU und SPD, die in allen drei Ländern die Ministerpräsidenten stellen könnten, stellen die Energiewende auch nicht grundsätzlich in Frage. In jedem Land finden sich – von der Stärkung des ÖPNV über die klimaneutrale Industrie bis zum Wasserstoffhochlauf – programmatische Ziele zur Energiewende, die in der nächsten Legislaturperiode produktiv angegangen werden können.
Ob diese Projekte in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit jedoch auch als Anker für Stabilität und Sicherheit wahrgenommen werden, wird auch daran liegen, welche Erzählung die neuen Landesregierungen mit der Energiewende verknüpfen. Umso mehr gilt es aus Sicht der Befürworterinnen und Befürworter der Energiewende, weiter für den Umbau des Energiesystems zu werben und ihn gut zu erklären. Dabei sollten die Vorteile einer unabhängigen und klimafreundlichen Energieversorgung für die Menschen vor Ort in den Vordergrund gestellt werden, positive Narrative geschaffen und Optionen zur Teilhabe ausgeweitet werden, damit alle auch wirtschaftlich von den Investitionen profitieren können.
Energiewende geht trotz aller Dämpfer weiter
Die Menschen wollen verstehen, welchen Nutzen sie von der Energiewende haben. Klimaschutz müsse sich für die Bürger rechnen, fordert so auch das BSW in Brandenburg in seinem Programm. Und auch die SPD setzt sich für eine Ausweitung von Beteiligungsmodellen ein, bei denen Kommunen und Anwohnende finanziell mehr von der Energiewende profitieren. Nach wie vor spielt die lokale Ebene für die Umsetzung der Energiewende eine zentrale Rolle. Die neuen Landesregierungen täten gut daran, die bereits in Gang gesetzten Entwicklungen nicht zu untergraben. Stattdessen sollten sie sich dafür einsetzen, die Vorgaben der EU- und Bundespolitik so umzusetzen, dass ihre Bürger:innen am besten davon profitieren.
Dass die Energiewende auch weiter umgesetzt werden wird, zeigt zum Beispiel der jüngst von der Bundesnetzagentur verkündete Rekord bei den Gebotsverfahren für den Ausbau von Windenergie an Land, bei denen viele Projekte in Sachsen, Thüringen und allen voran in Brandenburg Zuschläge erhielten. Und laut einer Umfrage der Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND) planen neun von zehn Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in ostdeutschen Bundesländern in den nächsten fünf Jahren Projekte, mit denen sie die Energiewende vorantreiben wollen. Trotz aller Dämpfer – die Energiewende wird weitergehen, wenn es gelingt, die Chancen für die Menschen vor Ort klarer aufzuzeigen.