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Energie & Klima

Standpunkte Nichts muss, alles geht beim Eigenverbrauch

Holger Schneidewindt, Referent für Energierecht der Verbraucherzentrale NRW
Holger Schneidewindt, Referent für Energierecht der Verbraucherzentrale NRW Foto: Verbraucherzentrale NRW

Deutschland hat bei der neuen EU-Erneuerbaren-Richtlinie (EE-RL) gemauert, insbesondere bei der Regelung zum „Erneuerbaren Eigenverbrauch“ (Art. 21). Dadurch wurde ein möglicher Befreiungsschlag für deutsche Prosumer verhindert. Dennoch erhöht sich der Druck auf Deutschland, schreibt Holger Schneidewindt von der Verbraucherzentrale NRW in seinem Standpunkt.

von Holger Schneidewindt

veröffentlicht am 09.11.2018

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Ende 2018, spätestens Anfang 2019 soll das EU Clean Energy Package (CEP) politisch und rechtlich verabschiedet werden. Die acht Gesetzesvorhaben (vier Richtlinien, vier Verordnungen) dienen allgemein der Schaffung der sogenannten „EU-Energieunion“ und konkret der Umsetzung des Paris-Abkommens. Im Ergebnis ist das CEP ein viertes Binnenmarktpaket – diese Begrifflichkeit wird jedoch tunlichst vermieden, auch deswegen, weil das dritte Binnenmarktpaket noch nicht mal vollständig umgesetzt ist.

Verbraucher stehen „offiziell“ im Zentrum der Energieunion und des CEPs. Sie sind für die Europäische Kommission der Hoffnungsträger. Dementsprechend enthalten die neue Erneuerbare-Richtlinie und insbesondere die neue Strommarkt-Richtlinie eine Vielzahl von Verbraucher-Bestimmungen. Während die Binnenmarkt-Richtlinie zurzeit noch politisch in sogenannten Trilogen verhandelt wird, ist die EE-RL politisch bereits durch. Eine deutsche Version liegt noch nicht vor.

Knackpunkt „Belastung des Eigenverbrauchs“

Die Regelung des Eigenverbrauchs (Art. 21 EE-RL: „Renewable Self-Consumers“) war im Trilogverfahren einer der größten Streitpunkte der gesamten Richtlinie. Im Kern geht es um die Fragen: Was ist (nicht) Eigenverbrauch und darf die selbstverbrauchte selbsterzeugte Kilowattstunde (kWh) finanziell belastet werden? Aus Sicht der Bundesregierung bedrohten die zwischenzeitlich sehr weitreichenden Vorschläge im Sinne der Verbraucher insbesondere des Europäischen Parlaments eine Vielzahl zentraler Aspekte des aktuellen Prosumer-Rechtsrahmens:

  • Ist die Belastung des Eigenverbrauchs mit EEG-Umlage noch zulässig?
  • Muss die Leistungsschwelle von 10 kW, ab der die Belastung greift, auf 30 kW angehoben werden?
  • Ist die Ungleichbehandlung von Mieterstrom und Eigenverbrauch noch zulässig?
  • Sind die Bedingungen „Personenidentität“ und „Zeitgleichheit“ für das Eigenverbrauchsprivileg noch zulässig?
  • Sind die bürokratischen Anforderungen beim Eigenverbrauch und Mieterstrom noch zulässig?
  • Ist der Smart Meter-Zwang für Prosumer ab noch zulässig?

Ziel der deutschen Verhandlungsführer war daher, keinen Handlungszwang durch Brüssel zuzulassen. Das ist weitestgehend gelungen. So erlaubt die Richtlinie die Belastung des Eigenverbrauchs unter bestimmten Bedingungen auch unter 30 Kilowatt Leistung (= ab zehn Kilowatt, in § 61 EEG) sowie die unterschiedliche Behandlung von Mieterstrom und Eigenverbrauch.

Fragwürdiges Politikinstrument „Unbestimmte Rechtsbegriffe“

Die zentralen Passagen enthalten dabei eine Vielzahl von Aufweichungen und unbestimmten Rechtsbegriffen, unter die sich die aktuelle Rechtslage und wohl auch künftige Verschärfungen zulasten von Prosumern „irgendwie subsummieren“ ließen.

Ganz ungeschoren kommt Deutschland aber doch nicht davon: Zeitnah muss eine Potential- und Hindernisanalyse zum „erneuerbaren Eigenverbrauch“ durchgeführt und auf Basis des Ergebnisses ein „enabling framework“ geschaffen werden. Darüber hinaus formuliert Art. 21 noch weitere politische Pflichten wie zum Beispiel den Zugang zu EE-Eigenverbrauch für alle Verbraucher, insbesondere auch einkommensschwache und verletzliche Verbraucher sowie Mieter. Das sind zwar vergleichsweise softe Pflichten, an denen sich die Bundesregierung aber dennoch messen lassen muss.

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