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Energie & Klima

Standpunkte Warum ein kombiniertes Energieinfrastrukturnetz die beste Lösung ist

Jorgo Chatzimarkakis, CEO von Hydrogen Europe
Jorgo Chatzimarkakis, CEO von Hydrogen Europe Foto: Hydrogen Europe

Die Energiewende setzt in erster Linie auf Strom, doch auch Wasserstoff wird Teil des zukünftigen Energiesystems sein. Das erfordert Leitungen von den Produktions- oder Import-Terminals zu den Verbrauchsstellen. Dabei muss ein „Tunnelblick“ allein auf Strom oder auf Wasserstoff überwunden werden, warnt Jorgo Chatzimarkakis, CEO des Wasserstoffverbands Hydrogen Europe.

von Jorgo Chatzimarkakis

veröffentlicht am 25.06.2024

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Diskussionen über die Zukunft der Energieversorgung drehen sich oft um Elektrifizierung und Wasserstoff, wobei die Debatte stark polarisiert ist. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass ein kombiniertes Netzwerk, das sowohl Elektrizität als auch Wasserstoff umfasst, die beste Lösung darstellt.

Dafür sprechen zahlreiche Gründe. Zum einen bietet eine auf Wasserstoff und Strom basierende Infrastruktur mehr Resilienz bei Systemausfällen: Im Falle von technischen Problemen in einem Teil des Systems bedeutet die Existenz eines zweiten, unabhängigen Energieträgers eine Rückfalloption.

Diese Flexibilität ist entscheidend, um den Herausforderungen der modernen Energieversorgung gerecht zu werden, insbesondere bei Naturkatastrophen. Wasserstoff kann so zum Beispiel in vorhandenen Erdgasnetzen transportiert werden, während elektrische Infrastrukturen oft neue Leitungen und Umspannwerke erfordern, was teurer und zeitaufwändiger ist.

Ein kombiniertes Energiesystem ermöglicht zudem eine größere Vielfalt an Energiequellen. Elektrizität wird weltweit noch überwiegend aus fossilen Brennstoffen und Kernenergie erzeugt, während der Anteil erneuerbarer Energien kontinuierlich steigt. Wasserstoff wird hauptsächlich durch Dampfreformierung hergestellt, kann jedoch auch durch Elektrolyse sowie aus Müll und landwirtschaftlichen Abfällen gewonnen werden.

Dies reduziert die Abhängigkeit von einzelnen Energiequellen und erhöht die Versorgungssicherheit, wobei es zugleich unverminderte Emissionen aus der Abfall- und Landwirtschaft neutralisiert.

Ergänzung für batteriebasierte Systeme

Auch für das Lastmanagement und die Netzstabilität ist Wasserstoff entscheidend. Denn das Gas speichert überschüssige elektrische Energie, insbesondere in den Mittagsstunden, wenn die Produktion aus erneuerbaren Energien hoch und die Nachfrage niedrig ist. Diese gespeicherte Energie kann bei Bedarf wieder in Strom umgewandelt werden und trägt so zur Stabilisierung des Netzes bei.

Auf diese Weise können batteriebasierte Systeme, die eher für die kurzfristige Speicherung geeignet sind, ergänzt werden. Zahlreiche Studien zeigen, dass der Ausbau von Solar- und Windenergie umfangreiche Speicher- und Backup-Systeme erfordert, um die Schwankungen auszugleichen, was die Gesamtkosten für Strom erhöht.

Bei einem Anstieg der Solarenergie von 35 Prozent auf 40 Prozent steigen die Abregelungsraten auf 56 Prozent während bei der Windenergie die Abregelungsraten von 8 Prozent bei 50 Prozent auf 60 Prozent bei 70 Prozent steigen, was die wirtschaftliche Rentabilität erheblich beeinträchtigt und die Kosten in die Höhe treibt.

Darüber hinaus werden durch die Abregelung teure erneuerbare Energien und Investitionen vergeudet, was die betriebliche Ineffizienz und die Umweltauswirkungen erhöht. Die Integration von Wasserstoff maximiert die Effizienz der Energiespeicherung und stabilisiert dadurch die Stromnetze. Wasserstoff eignet sich auch für die langfristige Energiespeicherung, was besonders für die saisonale Speicherung von Nutzen ist. So kann Energie von Zeiten hoher Produktion auf Zeiten hoher Nachfrage verlagert werden.

Schließlich lässt sich durch den Einsatz von Wasserstoff auch verhindern, dass es zu Energieverlusten kommt. Denn ohne Speichermöglichkeiten geht überschüssiger Strom aus erneuerbaren Quellen verloren, da er keine Abnahme findet. Power-to-Gas-Technologien ermöglichen die Umwandlung dieser Energie in speicherbaren Wasserstoff, was Verluste minimiert.

Zum Argument der Energieverluste, das oft von Partikularinteressen vorgebracht wird, ist zu sagen: 1 ist größer als 0, das heißt jede Speicherung von Elektronen in Form von Molekülen ist besser als der Verlust durch Abschalten. Dazu kommt, dass Wasserstoffsysteme die Frequenzregelung und Bereitstellung von Reserven übernehmen können, was die Netzstabilität verbessert und die Integration erneuerbarer Energien erleichtert. Sie haben also netzdienliche Eigenschaften.

Weniger Energieverluste

Der Betrieb von Dualsystemen bietet auch wirtschaftliche Vorteile. Wasserstoffpipelines haben im Allgemeinen geringere Kapital- und Betriebskosten als elektrische Übertragungsleitungen. Die Kapitalkosten für Wasserstoffpipelines betragen etwa 789.000 Euro pro Kilometer, während Hochspannungs-Gleichstromübertragungsleitungen (HVDC) etwa 2,2 Millionen Euro pro km kosten.

Die Amortisierung über ihre Lebensdauer macht Wasserstoffpipelines zu einer wirtschaftlich attraktiveren Option, insbesondere für den Import großer Energiemengen über weite Entfernungen – auch, weil elektrische Übertragungsleitungen höhere Energieverluste von knapp 13 Prozent durch Leitungswiderstand und Wärmeverlusten haben.

Dazu kommt, dass Wasserstoff eine höhere Energiedichte als elektrische Energie hat, was bedeutet, dass mehr Energie in einem kleineren Volumen transportiert werden kann, wobei nur knapp zwei Prozent Verluste durch Kompression entstehen. Hinzu kommt, dass der Ausbau der weltweiten Übertragungsinfrastruktur von 7 auf 35 Millionen Kilometer und die Verdreifachung der Verteilungsinfrastruktur den weltweiten Bedarf an Aluminium um 20 Prozent und an Kupfer um 15 Prozent erhöhen wird.

Mehr Stabilität und Sicherheit des Energiesystems

Die Nutzung von Wasserstoff- und Stromsystemen ist also ein strategischer Ansatz für modernes Energiemanagement. Der duale Ansatz erleichtert ökologische Nachhaltigkeit und stärkt die Widerstandsfähigkeit der Infrastruktur. Alle Stakeholder sollten mehr als in der Vergangenheit an einem Strang ziehen und die Potenziale der jeweiligen erneuerbaren Energiequellen anerkennen. Letztlich haben beide das Ziel der Dekarbonisierung. Ein Ziel, das es wert sein sollte, den Tunnelblick zu überwinden.

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