Busse gehören heute schon zu den klimafreundlichsten motorisierten Verkehrsmitteln. Im Fern- und Reiseverkehr sind sie Spitzenreiter, und im Nahverkehr spielen sie vorne mit. Trotzdem (oder vielleicht auch gerade deswegen) hat sich die Politik das Ziel gesetzt, den Stadtbusbereich als ersten Verkehrssektor vollständig zu dekarbonisieren. Ab 2035 dürfen nur noch emissionsfreie Busse neu zugelassen werden. Und schon jetzt gelten im ÖPNV harte Beschaffungsquoten.
Für die Antriebswende werden aber erhebliche zusätzliche Mittel benötigt. Elektrobusse kosten im Schnitt doppelt so viel wie ihre Dieselpendants. Wenn man das grob überschlägt und mit 250.000 Euro Mehrkosten pro Bus rechnet, kommen bei etwa 50.000 Stadtbussen 12,5 Milliarden Euro zusammen, die in den Austausch der Bestandsflotte gesteckt werden müssen. Ohne dass die kapitalintensive Ladeinfrastruktur berücksichtigt wird, ohne dass wir über die zu elektrifizierenden Überlandbusse reden und ohne dass ein einziger Cent in den Ausbau des Angebots geflossen ist. Die Diskussion, ob es für das Klima nicht sinnvoller wäre, mehr in die Verkehrswende als in die Antriebswende zu investieren, wurde nie wirklich geführt.
Jedenfalls ist die Mammutaufgabe Antriebswende im Busverkehr im vollen Gange. Bislang wurde sie insbesondere von Förderprogrammen der öffentlichen Hand vorangetrieben oder von Kommunen, die es sich leisten konnten. Denn Elektrobusse sind für die Unternehmen aus wirtschaftlicher Perspektive komplett uninteressant. Zwar sind die Betriebskosten – und hier speziell die „Kraftstoffkosten“ – niedriger als bei Dieselbussen, aber nicht so niedrig, dass die hohen Anschaffungskosten über die Lebensdauer des Fahrzeugs kompensiert werden.
Bisherige Förderpraxis führt in eine Sackgasse
Eine Studie des Landkreises München kommt zu dem Ergebnis, dass bei einem Elektrobus über den gesamten Lebenszyklus bis zu 65 Prozent höhere Kosten als bei einem Dieselbus anfallen können (im besten Fall noch 18 Prozent höhere Kosten und im Regelfall über 30 Prozent). Und eine Untersuchung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zeigt, dass die Gesamtkostenbetrachtung bei Elektrobussen nur in bestimmten Fällen und nur mit einer Fahrzeugförderung in die Nähe von Dieselbussen kommt.
Das Urteil des Verfassungsgerichts zum Bundeshaushalt und die immer klammer werdenden Kassen der Kommunen haben das bisherige System der Beschaffung von Elektrobussen schwer zerrüttet. Immer weniger Städte und Gemeinden können es sich leisten, bei ihren Ausschreibungen die Kosten für Elektrobusse aufzubringen. Das BMDV hat darüber hinaus jüngst klargestellt, dass es absehbar keine weiteren Förderaufrufe für Elektrobusse mehr geben wird.
Und das, obwohl noch ein sehr weiter Weg vor uns allen liegt. Zwar wurden vom Bund in den vergangenen Jahren mehr als 2300 Elektrobusse gefördert, aber mit Blick auf den zu elektrifizierenden Gesamtbestand sind das nur „Peanuts“. Außerdem gingen die allermeisten Förderbescheide an Großunternehmen wie die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die Hamburger Hochbahn AG, Transdev oder verschiedene Bustöchter der Deutschen Bahn. Der Busmittelstand sowie der Großteil der kommunalen Verkehrsunternehmen hat nur wenig von der Bundesförderung profitiert.
Jetzt, da die Kassen leer sind, fällt die Förderung weg, und die allermeisten Busunternehmen stehen ohne Unterstützung da. In einzelnen Bundesländern gibt es zwar auch Förderprogramme für Elektrobusse, doch die können nicht mit der jetzt eingestellten Bundesförderung mithalten.
Jetzt zeigt sich, dass der bislang eingeschlagene Weg zur Finanzierung der Antriebswende – mit einer starken Förderung der Elektrobusbeschaffung – in eine Sackgasse führt. Gleichzeitig ist es weiterhin zwingend erforderlich, dass die Aufgabenträger und Unternehmen bei der Antriebswende unterstützt werden müssen. Denn es ist unrealistisch, dass sich die Preise für Elektrobusse kurz oder mittelfristig denen von Dieselbussen angleichen. Selbst bei erheblichen Fortschritten bei der Batterietechnik ist anzunehmen, dass die Anschaffungskosten von Elektrobussen auch künftig weit über denen von Dieselbussen liegen werden.
Entsprechend ergibt sich eine Reihe von Optionen, wie die Antriebswende trotzdem gelingen kann:
- Die höheren Kosten für die Elektrobusse werden an die Fahrgäste weitergegeben und auf die Ticketpreise aufgeschlagen.
- Die Kommunen sparen an anderer Stelle ein.
- Die Kommunen kürzen das ÖPNV-Angebot, um die Mehrkosten pro Bus aufzubringen.
- Die Länder springen ein und ersetzen die Bundesförderung in gleicher Höhe.
- Der Bund findet im Haushalt doch noch Geld für Elektrobusse und bringt neue Förderaufrufe auf den Weg.
Alle Optionen sind entweder schädlich für die Verkehrswende oder unrealistisch, weil politisch nicht umsetzbar. Aber es gibt noch einen weiteren sinnvolleren Weg, der die Antriebswende deutlich beschleunigen und vereinfachen würde: Man erreicht, dass Elektrobusse zu einem wirtschaftlich sinnvollen Investment werden und die Unternehmen freiwillig dem Dieselmotor den Rücken kehren.
Wie kann das gelingen? Die öffentliche Hand sorgt durch die Einführung eines gedeckelten „Fahrstrompreises“ dafür, dass Elektrobusse durch erheblich niedrigere Betriebskosten über ihre gesamte Lebensdauer einen Kostenvorteil gegenüber Dieselbussen haben und von den Unternehmen auch ohne eine Fahrzeugförderung wirtschaftlich betrieben werden können.
Natürlich wäre ein Fahrstrompreis auch eine Förderung. Die Kosten wären allerdings überschaubar. Nach ersten Schätzungen könnten mit geringerem Mitteleinsatz mehr Busse als bei der klassischen Fahrzeugförderung auf die Straße gebracht werden. Grundsätzlich wäre denkbar, den Fahrstrompreis über die Einnahmen des CO2-Preises zu finanzieren und später wieder abzuschmelzen – und zwar in dem Maße, wie der Kostenvorteil von Dieselbussen schrumpft.
Warum die Förderung des Fahrstrompreises sinnvoll ist
Der Fahrstrompreis hätte jedoch mehrere Vorteile gegenüber der aktuell sehr eingeschränkten Fahrzeugförderung. Das jetzige System bietet wenige Anreize für Hersteller, die Kosten für ihre Fahrzeuge zu senken. Hohe Fördersätze garantieren, dass auch relativ hohe Preise von den Kunden gezahlt werden.
Durch den Fahrstrompreis würde erheblicher bürokratischer Aufwand reduziert – sowohl aufseiten der Unternehmen als auch für die Verwaltung. Aufwendige Förderanträge und deren Beantragung wären obsolet. Busunternehmen würden am Ende des Monats einfach eine niedrigere Stromrechnung erhalten und sie bei ihrem Versorger begleichen.
Es gäbe keine Reibungsverluste oder Fehlallokationen. Der Fahrstrompreis käme direkt beim Unternehmen an und würde dafür sorgen, dass mit den gleichen Mitteln ein Mehr an Angebot gefahren werden kann – im Sinne der Kund:innen und der Verkehrswende. Egal welches Bundesland oder welcher Aufgabenträger, ein Fahrstrompreis würde alle Unternehmen gleichermaßen, diskriminierungsfrei erreichen.
Verlässlichkeit für Investitionen
Der Fahrstrompreis würde Verlässlichkeit bieten, die Unternehmen für Investitionen benötigen. Anders als bei Förderprogrammen wäre keine regelmäßige Verankerung in öffentlichen Haushalten erforderlich. Bei schlechter Kassenlage würden keine Kürzungen drohen.
Der Fahrstrompreis hat also das Potenzial, die Antriebswende im ÖPNV zu beschleunigen und im großen Stil Emissionen einzusparen. Heute beschaffen Unternehmen nur so viele Elektrobusse, wie vom Aufgabenträger vorgegeben werden. Wenn es hingegen wirtschaftlich sinnvoll wäre, einen Elektrobus zu beschaffen, wäre dies ein starker Anreiz für Unternehmen, beim Gewinn einer Ausschreibung vollständig auf Elektrobusse zu setzen.
Darüber hinaus würde eine Strompreissenkung Anreize schaffen, bereits beschaffte Elektrobusse maximal möglich einzusetzen und auf Dieselbusse weitestgehend zu verzichten. Es gibt also viele gute Gründe, von der direkten Fahrzeugförderung auf den „Fahrstrompreis“ umzusteigen. Gehen wir es an.