Die Anzahl der Inlandsflüge bleibt auf hohem Niveau. Auch wenn bedingt durch den Einsatz größerer Maschinen zuletzt weniger Flugzeuge gestartet und gelandet sind, flogen 2018 noch immer 23,5 Millionen Passagiere innerhalb Deutschlands. Rund ein Drittel der Flüge lag dabei in einem Entfernungsbereich von weniger als 400 Kilometern – angesichts der vereinbarten Klimaschutzziele, der Emissionswerte und der sonstigen klimarelevanten Effekte von Flugreisen eine Fehlentwicklung.
Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sieht bis 2030 eine Verringerung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor um 40 bis 42 Prozent gegenüber 1990 vor. Das geht nur, wenn auch die Emissionen durch den Flugverkehr reduziert werden.
E-Fuels statt Verbote
Ein Verbot von Inlandsflügen, wie es derzeit von einigen Grünen-Politikern vorgeschlagen wird, ist keine Lösung. Selbst wenn ein Verbot kurzfristig die Zahl der Inlandsflüge deutlich reduzieren würde, wären Ausweichbewegungen ins Ausland zu erwarten. Viele Menschen würden zudem auf das Auto umsteigen. Es wäre für das Klima nicht viel gewonnen – Emissionen würden nur verlagert und inländische Fluggesellschaften gerieten gegenüber ausländischen Wettbewerbern ins Hintertreffen. Was also tun?
Gerade im Flugverkehr, wo der Einsatz batteriebetriebener Elektroantriebe auf absehbare Zeit nicht möglich ist, kann der Einsatz regenerativer Kraftstoffe beziehungsweise E-Fuels einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, da deren Herstellung auf Strom und nicht auf Öl basiert.
Die Erzeugung von regenerativen Kraftstoffen mithilfe von Wasserstoff ist jedoch bei allen Vorteilen sehr energieintensiv. Daher sollten wir über den Tellerrand schauen: In vielen geeigneten – und entwicklungspolitisch interessanten – Regionen lassen sich regenerative Kraftstoffe günstig herstellen und gut transportieren. An diesen Standorten könnte deutsche Technologie zum Einsatz kommen und strombasierte Kraftstoffe von dort importiert werden. Um regenerative Kraftstoffe zu fördern, sollte die Produktion von Wasserstoff aus Ökostrom von der EEG-Umlage ausgenommen und die Energiesteuer für E-Fuels auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.
Denn entscheidend für den Ersatz fossilen Kerosins im Flugverkehr wird sein, dass schnellstmöglich die erforderlichen Mengen an regenerativem Kerosin zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden. Zusätzlich können wir durch die Förderung des Baus und den Einsatz von verbrauchsärmeren modernen Flugzeugen einen Beitrag zur Emissionsreduzierung leisten. Letztlich kann die gesamte Luftfahrtbranche von einer Umstellung auf regeneratives Kerosin profitieren, würde sie doch so ihren Ruf als Klimakiller los.
Ausbau der Schieneninfrastruktur beschleunigen
Das geht jedoch nicht von heute auf morgen. Die Entwicklung von Flugzeugen beansprucht viele Jahre. Einmal in Betrieb genommen, bleiben Flugzeuge im Durchschnitt 30 Jahre im Einsatz. Auch aus diesem Grund ist es wichtig, Alternativen zu Inlandsflügen zu schaffen – durch den Ausbau der Schieneninfrastruktur, einen besser aufeinander abgestimmten Nah- und Fernverkehr, die Digitalisierung der Stellwerkstechnik und eine generelle Verkürzung von Reisezeiten.
Um die Schieneninfrastruktur in Deutschland schneller auszubauen und Flughäfen besser mit dem Schienenverkehr zu vernetzen, müssen wir unser Planungsrecht reformieren. Das bedeutet: Das Verbandsklagerecht einschränken und nach skandinavischem Vorbild die Entscheidung über Infrastrukturprojekte von nationaler Bedeutung in die Hände von demokratisch gewählten Parlamenten geben. Es kann nicht sein, dass in Deutschland wichtige Schienenprojekte von der Planung bis zur Fertigstellung Jahrzehnte dauern.
Durch den Bau von Schnellfahrstrecken – wie zwischen Berlin und München, Hamburg und Berlin oder Köln und Frankfurt am Main bereits geschehen – kann die Schiene in Hinblick auf Reisezeit und Komfort (Stadtzentrum zu Stadtzentrum) eine echte Alternative zu Inlandsflügen sein. Weitere Strecken sollten folgen, etwa zur schnelleren Anbindung von Köln und Düsseldorf an Berlin.
Der Ausbau der Schieneninfrastruktur sollte nach Maßgabe des „Deutschland-Taktes“ bis 2030 vollständig umgesetzt werden. Mit dem „Deutschland-Takt“ werden der Nah- und der Fernverkehr aufeinander abgestimmt. Auf den Hauptverkehrsachsen soll alle 30 Minuten ein Zug fahren, Anschlüsse werden optimiert, die zum Teil überfüllten Hauptbahnhöfe in Deutschlands Metropolen entlastet, ein flächendeckendes Fernverkehrsnetz und zusätzliche Linien verbinden Städte und Regionen. Die Vorteile für Bahnreisende liegen auf der Hand: optimale Verbindungen und kürzere Fahrzeiten.
Schon heute bietet die Bahn vielfach eine Alternative
Noch sind wir nicht am Ziel, aber auch heute schon ließen sich zahlreiche Inlandsflüge vermeiden. Mit Ausnahme von Dresden, Rostock und Lindau (Friedrichshafen) sind sämtliche innerdeutsche Zielbahnhöfe in Städten mit angeschlossenem Hauptverkehrsflughafen in höchstens vier Stunden von Frankfurt am Main aus erreichbar. Im Jahr 2017 gab es gleichwohl 60.259 Passagierflüge vom und zum dortigen Flughafen beziehungsweise von Orten, die mit der Bahn ab dem dortigen Hauptbahnhof in höchstens vier Stunden erreichbar sind. Wir könnten viele solcher Flüge durch Bahnfahrten ersetzen.
Zum Vergleich: Abhängig von Fluggerät und Distanz beträgt die CO2-Emission auf Inlandsflügen zwischen einer und zwei Tonnen je 100 Kilometer, pro Passagier sind das etwa zwischen zehn und 20 Kilogramm. Bei einer Fahrt über 100 Kilometer mit dem ICE sind es pro Passagier durchschnittlich weniger als drei Kilogramm. Fährt der Zug mit 100 Prozent Ökostrom, sind es 0,013 Kilogramm pro Reisendem.
Zusammengefasst sind also zwei Lösungswege geboten, um klimaschädliche Inlandsflüge ab dem Jahr 2030 zu vermeiden: Zum einen sind regenerative Kraftstoffe für Flugzeuge anstatt des fossilen Kerosins einzusetzen; zum anderen müssen wir, statt Verbote auszusprechen, Alternativen für Inlandsreisen schaffen, insbesondere auf der Schiene.