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Digitalisierung & KI

Standpunkte 350.000 Haushalte können ein Gaskraftwerk ersetzen

Merlin Lauenburg (Tibber) und Bastian Gierull (Octopus Energy)
Merlin Lauenburg (Tibber) und Bastian Gierull (Octopus Energy) Foto: Tibber, Octopus Energy

Trotz des Gesetzes zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende hinkt Deutschland bei Smart Metern immer noch hinterher. Stellvertretend für die „Smart-Meter-Initiative“ fordern Bastian Gierull (Octopus Energy) und Merlin Lauenburg (Tibber) zusätzliche Vereinfachungen der Regulierung. Sonst, fürchten sie und ihre Kollegen bei Rabot Charge und Ostrom, kommt der Rollout zu spät.

von Merlin Lauenburg und Bastian Gierull

veröffentlicht am 11.04.2024

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Strom aus Wind und Sonne ist pro Kilowattstunde konkurrenzlos günstig und angesichts der Klimakatastrophe dringend notwendig. Auf dem Weg zu einer Welt mit 100 Prozent erneuerbaren Energien gibt es aber eine große Herausforderung: Wind und Sonne liefern zwar günstige Energie, dafür schwankt das Angebot aber deutlich stärker als die Erzeugung aus fossil betriebenen Kraftwerken.

Das führt zu einer paradoxen Situation: Mehr Strom aus Sonne und Wind macht unseren Strom günstiger – aber die Systemkosten für die Übertragungs- und Verteilnetze steigen. Länder wie Norwegen, Schweden, die Niederlande oder das Vereinigte Königreich zeigen, wie es gehen kann: Der flächendeckende Rollout von Smart Metern kombiniert mit dynamischen Stromtarifen für Verbraucher:innen senkt die Kosten für alle und macht den Strom ohne zusätzliche Investitionen grüner. Dank der Flexibilisierung des Verbrauchs kann der Strom durch die intelligenten Stromzähler nämlich insgesamt effizienter genutzt werden.

So profitieren in unseren europäischen Nachbarländern bereits große Teile der Bevölkerung von dem günstigen Strom aus Wind und Sonne und können darüber hinaus durch ihr Verhalten dafür sorgen, dass der Strom für alle grüner und günstiger wird – eine Energiewende von unten.

Mit dem Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende von Wirtschaftsminister Robert Habeck ist nach einem Jahrzehnt des völligen Stillstands endlich Bewegung in den Smart-Meter-Rollout in Deutschland gekommen. Wir, die Mitglieder der Smart-Meter-Initiative (SMI), begrüßen das Gesetz – sehen aber gleichzeitig noch Nachbesserungsbedarf, damit der Rollout auch in der Praxis gelingt. Wir setzen uns für einen möglichst schnellen und flächendeckenden Rollout mit klaren, unbürokratischen und einfachen Regeln für alle ein.

Smart Meter für alle

Wir wünschen uns von der Politik den vollständigen und breitflächigen Smart-Meter-Rollout für alle Haushalte, denn erst dann entfalten sie ihr volles Potenzial, die Kosten der Energiewende signifikant zu senken. Denn alle Menschen können von zeitvariablen Stromtarifen und Smart Metern profitieren – nicht nur solche mit einem hohen Stromverbrauch oder einer Wärmepumpe. Das zeigen etwa die Ergebnisse der „Saving Sessions“ von Octopus Energy im Vereinigten Königreich, bei denen rund 350.000 ganz normale Haushalte durch die Verschiebung ihres Verbrauchs die Leistung eines Gaskraftwerks ersetzen können. Über die Hälfte von 1216 Befragten einer norwegischen Umfrage von Tibber haben außerdem bereits die Nutzung von Wasch- und Geschirrspülmaschinen in günstigere Zeiten verschoben.

Weniger bürokratische Hürden für smarte Zähler 

Die technischen Anforderungen an ein Smart Meter – im offiziellen Sprachgebrauch intelligentes Messsystem (iMSys) – sind im internationalen Vergleich sehr hoch. Gerade Smart Meter für Haushalte mit kleineren Verbräuchen benötigen nur einen Bruchteil des Funktionsumfangs, den das deutsche Recht derzeit fordert. Es wäre sinnvoll, wenn die technischen Anforderungen an Smart Meter sinken würden, um die für den Smart-Meter-Rollout zuständigen Messstellenbetreiber – häufig in der Hand der lokalen Stadtwerke – zu entlasten. Außerdem würde eine Absenkung der technischen Vorgaben die Kosten für Anschaffung und Betrieb senken und für mehr Wettbewerb sorgen, indem beispielsweise international tätige Hersteller nicht länger vom deutschen Markt ausgeschlossen werden. 

Einheitlicher Smart-Meter-Bestellprozess für alle 

Wer heute ein Smart Meter bestellen möchte, muss sich an seinen grundzuständigen Messstellenbetreiber (gMSB) wenden. Eine große Hürde, denn davon existieren in Deutschland 770 Stück, die den Einbau oft unterschiedlich handhaben und eigene Anforderungen aufstellen. Viele haben mit dem Einbau von Smart Metern noch nicht einmal begonnen. Die allermeisten Verbraucher:innen dürften nicht einmal wissen, dass ihr Messstellenbetreiber existiert oder wer zuständig ist. Wir schlagen einen einheitlichen Prozess vor, beispielsweise über eine zentrale Website, über die nach Postleitzahlgebieten der Wunsch nach einem Smart Meter dem grundzuständigen gMSB zugeordnet werden kann.

Datenaustausch in Echtzeit 

Aktuell erhalten Stromanbieter die Verbrauchsdaten von Haushalten mit Smart Meter in der Regel erst einen Tag, nachdem der Strom verbraucht wurde. Um den Energieverbrauch zu visualisieren und so einen bewussten Umgang mit Energie zu ermöglichen, könnten Stromanbieter ihren Kund:innen die Daten hingegen nahezu in Echtzeit zur Verfügung stellen und diese ihren Verbrauch noch besser steuern. Um zu einem möglichst netzdienlichen Verhalten aller Beteiligten beizutragen, sollten Stromanbieter gegen Bezahlung die Möglichkeit bekommen, die viertelstündlichen Verbrauchsdaten unmittelbar vom Messstellenbetreiber zu erhalten, anstatt erst am Folgetag.

Bastian Gierull ist CEO von Octopus Energy Deutschland, Merlin Lauenburg ist Deutschlandchef von Tibber. Die beiden Anbieter grüner Energie haben gemeinsam mit den Ökostromanbietern Ostrom und Rabot Charge die Smart-Meter-Initiative (SMI) gegründet, um dynamische Stromtarife und den Rollout intelligenter Messsysteme in Deutschland voranzubringen. 

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