Es wird viel
geredet über Milliardenfonds, Stärkung des Start-up-Standorts Deutschland und
die Verringerung der Bürokratie. Häufig wird aber einer der wichtigsten Punkte
vergessen, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. Dabei geht es darum, die
Mitarbeiter am Erfolg einer Unternehmung zu beteiligen, welche essentiell sind
im weltweiten „War for Talents“, also
dem globalen Buhlen um Top-Arbeitskräfte. Bei dem Ranking der Attraktivität der
Mitarbeiterbeteiligungen landet Deutschland im europäischen Vergleich zusammen mit Belgien auf dem letzten Platz. Das
darf nicht der Anspruch Deutschlands als führende Volkswirtschaft sein.
Deswegen hat Christian Miele mit dem Bundesverband Deutsche Start-ups die
Initiative #ESOPasap ins Leben gerufen.
Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen ist kein neuer Trend, sondern ein
absolutes Muss, um auf internationalem Parkett mitzuhalten. Die Beteiligung der
Mitarbeitenden an jungen Unternehmen hat sehr viele positive Elemente.
Mitarbeiterbeteiligungen sind essentiell, um die besten Mitarbeiter zu
gewinnen, langfristig zu motivieren und an die Firma zu binden. Das gilt zu
Beginn einer Unternehmung, aber auch in den späteren Phasen. Es muss immer ein
ausgeglichenes Verhältnis zwischen Risiko und Return geben. Deswegen muss man
auch über das Gehalt hinaus Anreize schaffen und das Team am Erfolg der
Unternehmung beteiligen.
Bei Wefox haben wir beispielsweise zur Gründungsphase 2014 so viele Mitarbeiter wie möglich beteiligt. Zwischenzeitlich waren es 92 Prozent der Mitarbeiter mit Beteiligungen. Heute, nachdem sich unser Unternehmen viele Jahre weiterentwickelt hat, liegen wir nur noch bei circa 50 Prozent beteiligter Mitarbeiter. Die Gründe liegen auf der Hand: Viele der Kolleginnen und Kollegen betrachten unsere „Virtual Stock Option Plans“ (VSOPs) aufgrund der hohen Besteuerung in Deutschland, gelinde gesagt, als unattraktiv. Und damit kommen wir zum Kern des Problems.
Der Stein
rollt in die falsche Richtung
Im November vergangenen Jahres wurde ein Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums aufgesetzt, um die Missstände in Sachen Mitarbeiterbeteiligungen etwas gerade zu rücken. Die Vorschläge im Referentenentwurf gehen jedoch an den Bedürfnissen aller Beteiligten vorbei. Die neuen Regelungen beschränken sich ausschließlich auf echte Unternehmensanteile, die in der Praxis kaum Anwendung finden. Trotz der heftigen Kritik aus der Start-up-Szene, hat sich leider nicht wirklich etwas getan und der rudimentäre Referentenentwurf zu Mitarbeiterbeteiligungen wird seit Anfang Februar dieses Jahres zu einem Gesetzesentwurf ausgearbeitet.
Selbst
innerhalb des engen Anwendungsbereichs sehen die Vorschläge Restriktionen vor,
deren Sinn wir nicht nachvollziehen können. Laut aktuellem Gesetzesentwurf
würde es bei Angestellten während eines Arbeitgeberwechsels oder nach zehn
Jahren Anstellung weiterhin zur Dry-Income-Besteuerung kommen. Angestellte
bezahlen bei Erhalt der Mitarbeiterbeteiligung Steuern auf den Vorteil eines „Employee Stock Ownership Plans“ (ESOP), obwohl Ihnen noch
keine Gewinne, also tatsächliche Geldmittel, durch die Beteiligung zugeflossen
sind. Die im Zweifelsfall nicht sehr vermögenden jungen Mitarbeiter treffen
diese Steuern hart, da die hohe Steuerschuld entweder aus dem Lohneinkommen
beglichen oder die Beteiligung sofort nach Ausübung vollständig veräußert
werden muss.
Deutschland sieht nur die negativen Aspekte
Die Gegenargumente reichen vom „Verdacht auf Steuerschlupflöcher“ bis hin „zu viele komplexe Gestaltungsmöglichkeiten“. Das beschreibt die in Deutschland herrschende Denke ganz gut. Wir ziehen es vor, über negative Effekte zu debattieren, als die positiven Elemente einer Änderung zu forcieren. Das hat uns bereits in der Vergangenheit in vielen politischen Entscheidungen handlungsunfähig gemacht. So darf man Zukunft nicht gestalten. Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit von deutschen Start-ups und Digitalunternehmen auf dem globalen Parkett stärken, sonst werden unsere Talente in andere europäische Länder abwandern. Beispielsweise nach Lettland, dass den ersten Platz im kürzlich durchgeführten ESOP-Ranking „Not Optional“ belegt.
In Ländern wie Großbritannien, Israel, Frankreich, Kanada, Schweden oder Italien ist die finanzpolitische Betrachtung gegenüber ESOPs bereits sehr positiv. Die Initiative #ESOPasap weist zum Beispiel darauf hin, dass in diesen Ländern mit besseren steuerrechtlichen Rahmenbedingungen die geldwerten Vorteile aus ESOPs ohnehin als Kapitalertrag besteuert werden oder einer speziellen vorteilhaften Besteuerung auf vergleichbarem oder sogar besserem Niveau unterliegen.
Besteuerung erst, wenn Liquidität da ist
Unsere
Forderung ist klar: Mitarbeiterbeteiligungen müssen genauso mit
Kapitalertragsteuer besteuert werden, wie rechtliche Anteile an Firmen auch.
Mitarbeiter investieren zwar kein Geld, dafür aber ihre Zeit. Bei jungen Start-ups
einzusteigen ist zusätzlich mit einem klaren Risiko behaftet. Zeit ist am Ende
des Tages das größtmögliche Investment, dass man Tätigen kann. Zudem darf die
Besteuerung von ESOPs erst dann geschehen, wenn Liquidität auch wirklich
zufließt und nicht vorher.Wenn wir
Deutschland wirklich zum digitalen Gründerland machen wollen, dann könnte man
hier auch über eine noch geringere Besteuerung nachdenken.
Deshalb lautet abschließend mein Appell: Die Politik muss agiler vorgehen, wenn es darum geht, Deutschland als zukunftsträchtigen Standort zu stärken. Fiskalisches Klein-Klein führt zu Frustration in der Wirtschaft. Wenn das so weitergeht, werden wir bereits mittelfristig den Anschluss an die USA, China und andere ambitionierte Nationen verlieren. Darauf gebe ich Brief und Siegel. Es liegt jetzt an Olaf Scholz, mit Mut vorauszugehen und die Zukunft aktiv zu gestalten. Komm Olaf, du schaffst das.
Fabian Wesemann ist ein ehemaliger Investmentbanker und Mentor von Start-ups. Als Co-Founder und CFO beaufsichtigt Wesemann nun die Finanzstrategie der Wefox Group.